Lehrer & Lehramtsstudium - schlechter Ruf und Vorturteile?
Eine sehr gute Freundin von mir ist Lehramtsstudentin für Gymnasiallehramt in den Hauptfächern Englisch, Geschichte, Altgriechisch und Philosophie/Ethik als Erweiterungshauptfach. Sie liebt ihre Studienfächer und die Gelegenheit, die ihr durch das Studium geboten wird, selbst ihr Wissen in der Materie zu vertiefen und zu festigen, genauso, wie sie es liebt, zu unterrichten und ihr Wissen an Schüler und die nachfolgende Generation weiterzugeben.
Sollte sie sich mal nicht in Vorlesungen und Seminaren befinden, unterrichtet sie deshalb in ihrer Freizeit auch die Jungmusiker ihres Musikvereines in Musiktheorie für die Level Junior, Bronze und Silber des Jungmusikerleistungsabzeichens, sie selbst spielt auf Gold-Level Trompete und hat die nötigen Qualifikationen zur Jungmusikerausbildung durch stetige und selbstständige Weiterbildung erhalten.
Vor kurzem hat sie mir allerdings erzählt, dass sie eine Identitäts- und Sinnkrise durch ihr Studium und dessen Außenwirkung auf die Gesellschaft und ihr Umfeld durchlebt. Ich finde das, vor allem hinsichtlich ihrer Leistungen sowohl im Studium als auch in der Freizeit, doch erschreckend! Der Aufwand, den sie für eine gewissenhafte Vorbereitung und auch für die Anwesenheit in der Universität in den Lehrveranstaltungen hat, und so zu einer 70+ Stunden-Woche führt, sollte doch bestimmt auch gewürdigt werden, findet ihr nicht? Vor allem, da sie kurz vor dem Staatsexamen steht, und dadurch unter Dauerstrom.
Doch sie ist leider kein Einzelfall, wie sie mir oft erzählt. Das Bild vom Lehrer, welches in der Öffentlichkeit vorherrsche, sei fast durchwegs negativ besetzt, und das sagt nicht nur sie, sondern auch diverse Kommilitonen von ihr haben das berichtet. Selbst ihre Mutter habe gesagt, dass der Lehrberuf ideal sei, wenn man keine Lust habe, zu arbeiten, da Lehrer ja sowieso 6 Wochen Urlaub am Stück bekämen und natürlich auch alle Ferien frei hätten und nur vormittags zu arbeiten hätten. Klar, das klingt auf den ersten Blick super entspannt. Nun ist es aber in der Realität so, dass sie im Schulpraxissemester schnell festgestellt hat, dass pro gehaltener Unterrichtsstunde etwa 3-4 Stunden Vorbereitung stehen, anfangs sogar noch mehr, da noch eine Menge Erfahrung gesammelt werden muss.
Zusätzlich ist das vorherrschende Bild des Lehrers das einer Spaßbremse, die besserwisserisch ist und nicht mit sich diskutieren lässt. Ich kenne persönlich meine Lehrer aus der Schule damals anders, und auch meine Freundin ist eben ein "ganz normaler Mensch". Doch wer kennt sie nicht, die Lehrerwitze? Meine Freundin wird inzwischen oft stumm, weil sie sie sehr treffen und mich macht das traurig.
Auch ihr Studiengang sei oft Grund für Witze. Nicht nur, dass viele mit ihren Fächern, die sie wirklich liebt, und für die sie alles gibt, nichts anfangen können, sondern auch, weil viele denken, dass Lehrämtler nur Unsinn und "pädagogisch hochwertiges" wie z.B. Basteln und Brettspiele lernen würden und fast nur Freizeit hätten. Sie selbst hatte schon einen Burnout bei fünf 12-Stunden Tagen in einem Semester, und ich denke das kann jeder nachvollziehen. Was zu viel ist, ist zu viel. Leider fehlt hier die gesellschaftliche Anerkennung und das Verständnis, das z.B. jedem Bänker oder Mediziner bei dieser Arbeitsbelastung entgegengebracht werden würde.
Außerdem sei das Ansehen auch gemindert, dadurch, dass jeder Bachelor-Absolvent inzwischen nach drei Jahren, also sechs Semestern einen Titel hat, während das abgeschlossene Lehramtsstudium nach erfolgreichem Bestehen des Staatsexamens nach 12-14 Semestern inklusive einer Zulassungsarbeit im Umfang von 60-80 Seiten keinen Titel beinhaltet.
Hinzu kommt, dass sie nach abgeschlossenem Studium und sehr gutem Staatsexamen trotz bester Beurteilung durch ihre Mentoren an der Schule während des Praxissemesters für ihre dortigen Leistungen wahrscheinlich dank Mangel an ausgeschriebenen Stellen für ihre Fächer und fraglicher Verbeamtung wegen einer Sehschwäche von -4,5dpt. vor dem beruflichen Aus stehen wird - und dass, bevor sie ihre Karriere überhaupt beginnen durfte. Das ist aber nicht nur mit ihrer Fächerkombination so, die als "Orchideenfächer" verschrien sein mag, sondern auch Lehramtsstudenten der Biologie und Chemie berichten ähnliches. Deutsch sollte man in dem Kontext besser nicht erwähnen!
Sie sieht einfach keinen Sinn mehr in dem vielen Stress, nur um dann doch als Witz abgetan zu werden in ihrer Berufswahl. Was denkt ihr? Ich persönlich habe immer sehr viel von meinen Lehrern gehalten, waren sie es doch, die mir geholfen haben, meinen Horizont zu erweitern und mich als Menschen zu formen. Dafür bin ich meinen Lehrern bis heute dankbar. Kann es sein, dass das Bild sich so schnell so stark gewandelt hat, oder ist der Lehrerberuf schon seit Jahren so schlecht angesehen?
Lily hat geschrieben:Eine sehr gute Freundin von mir ist Lehramtsstudentin für Gymnasiallehramt in den Hauptfächern Englisch, Geschichte, Altgriechisch und Philosophie/Ethik als Erweiterungshauptfach. [...]Vor kurzem hat sie mir allerdings erzählt, dass sie eine Identitäts- und Sinnkrise durch ihr Studium und dessen Außenwirkung auf die Gesellschaft und ihr Umfeld durchlebt. [...]Vor allem, da sie kurz vor dem Staatsexamen steht, und dadurch unter Dauerstrom.
Mir kommt die ganze Geschichte ziemlich konstruiert und komplett frei erfunden vor. Wenn sie wirklich deine Freundin ist und dir vor kurzem (!) erzählt hat, welchen Stress sie wegen dem Studium hat, dann müsstest du wissen, dass es gar kein Staatsexamen mehr für Lehramt gibt. Das System wurde meines Wissens nach zumindest in Deutschland komplett abgeschafft. Ich habe das gerade eben noch einmal vorsichtshalber recherchiert und dabei kam dann heraus, dass das Staatsexamen für Lehramt 2010 ausgelaufen ist und seitdem gibt es nur noch das Bachelor-Master-System, wenn man Lehrer werden möchte. Anschließend kommt das Referendariat. Durch das Studium ist man ca. 10 Semester beschäftigt, wie du auf 12-14 Semester kommst als eine Form der Regelstudienzeit ist mir ein absolutes Rätsel. Meines Wissens nach gibt es Staatsexamen nur noch für sehr wenige Studiengänge und das sind die medizinischen Fächer sowie Jura und kann noch sein Pharmazie. Beim letzten bin ich mir nicht sicher.
Ich habe eine Freundin, die Germanistik und Anglistik auf Lehramt studiert hat und die arbeitet seit August fest eingestellt als Lehrerin. Die musste auch erst den Bachelor und dann den Master machen. Wie kommst du übrigens darauf, dass man nicht verbeamtet wird bei einer Sehschwäche von 4,5 Dioptrien im Minus? Das ist doch an den Haaren herbeigezogen. Sogar das habe ich vorsichtshalber nachrecherchiert und meines Wissens nach wird man nur dann aus gesundheitlichen Gründen nicht verbeamtet, wenn Grund zur Annahme besteht, dass man durch dieses Defizit seinen Lehrberuf nicht bis zum regulären Renteneintrittsalter wird ausüben können, weil man sonst arbeitsunfähig ist. Das schließt Übergewicht mit ein und Probleme mit den Knochen und der Wirbelsäule. Wenn deine Freundin also "nur" eine Sehschwäche hat, wäre das doch kein Problem, zumal ich einen Bekannten habe, der mit Minus 12 Dioptrien verbeamtet worden ist und das absolut problemlos.
Dass Anglistik hart ist und nicht unterschätzt werden sollte ist mir bewusst, aber gerade bei Geschichte ist das doch gar kein Aufwand. Es gibt kaum Klausuren und selbst wenn, muss man diese nur bestehen und die Note ist total egal. Man muss nicht mal anwesend sein und wichtig ist nur, dass man am Ende des Semesters eine Hausarbeit schreibt. Also würde allein das schon Entlastung bringen. Wie das bei Philosophie oder Altgriechisch aussieht weiß ich nicht. Man sagt aber, dass das Bachelor-Master-System das Studium stark vereinfacht hat und dass es eben viel stressfreier wäre als das frühere System.
Auch wenn aktuell vermutlich kein Lehramtsstudent mehr um das Bachelor Master System herum kommt, kann es sein, dass die Bekannte aus dem Fall im letzten Semester vor der Umstellung an ihrer Uni mit der alten Studienordnung angefangen hat und jetzt vielleicht nicht ganz in der Regelstudienzeit geblieben ist und eben trotzdem noch nach dem alten System fertig studieren kann. Selbst wenn man aber jetzt Lehramt nach dem Bachelor und Master System studiert, hat man dann zum Beispiel einen Bachelor of Art oder Bachelor of Education wenn man sich nach dem Bachelor entscheidet aufzuhören und umzusatteln. Das sind auch keine umwerfend guten Aussichten, wenn man im Studium merkt, dass Lehrer sein in der heutigen Zeit doch nicht zu einem passt.
Dass hier in unserem Breiten die Lehrer bei vielen Eltern der letzte Depp in der Vorstellung sind, ist nichts neues. Aber das war schon zu meiner Schulzeit so. Einer meiner Lehrer ist damals, als er vor dem Burnout stand an eine internationale Schule irgendwo in Asien gegangen. Da eines seiner Fächer Englisch war, war das problemlos möglich. Er erzählte danach, dass er in der Zeit dort so glücklich war wie nie in seinem Leben zuvor, weil man sowohl von Eltern als auch von Schülern mit sehr viel Respekt als Lehrer behandelt wurde. Einfach weil man dort sehr viel Wert darauf legte, dass Lehrer für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unverzichtbar sind und immens wichtige Aufgaben übernehmen. Ein kleines Stück dieser Kultur würde unserer Gesellschaft hier auch sehr gut tun. Als der besagte Lehrer damals aus Asien wieder nach Deutschland kam, fiel er sofort wieder in das alte Stimmungsloch zurück, vielleicht sogar heftiger als je zuvor, weil durch den Kontrast noch viel stärker auffiel, wie viel undankbarer der Job hier doch ist.
Lehrerstellen gibt es je nach Bundesland unterschiedlich viele. Wenig Probleme hat man zum Beispiel, eine Anstellung irgendwo auf dem platten Land im tiefsten Brandenburg zu finden, wo kaum jemand hinziehen will. Aber das muss man erst mal können. Wenn man schon einen Partner hat, muss der dort auch Arbeit in erreichbarer Entfernung finden. Wenn man an Freundeskreis und Familie hängt, muss man die vielleicht für so einen Job verlassen. Wenn man gelegentlich gerne mal ausgeht, muss man sich darauf einstellen, dass in der Gegend nicht viel im Angebot ist.
Mit der Verbeamtung würde ich mir jetzt erst mal noch nicht so einen Kopf machen. Wenn man erst mal eine nicht verbeamtete Stelle als Lehrer hat, kann man sich ja überlegen, ob man sich die Augen operieren lässt, das könnte die Sehschwäche entscheidend verbessern, wenn das im jeweiligen Bundeslang ein Problem darstellt und ich kann mir schon vorstellen, dass es Bundesländer gibt, die das als Hinderungsgrund ansehen, während andere da kulanter sind. Wenn man keine Operation möchte, könnte man alternativ auch in ein anderes Bundesland gehen.
Allerdings würde ich erst das Bundeslang wechseln, wenn ich das zweite Staatsexamen nach dem Referendariat erfolgreich bestanden hätte. Denn selbst wenn man nach dem ersten Staatsexamen woanders das Referendariat machen möchte, kann man Probleme bekommen, dass einem das Studium nicht anerkannt wird und man dann noch mal an die Uni muss. Das ist total absurd, kommt aber dadurch, das Bildung eben Ländersache ist.
Das mit dem Arbeitsaufwand wundert mich nicht. Selbst wenn man kein zusätzliches Fach studiert, ist der Arbeitsaufwand enorm im Lehramtsstudium. Bei allem Spaß, Fächer zu vertiefen, die man gerne mag, lernt man von den Wissenschaften im Unterrichtsfach viel zu viel und ist eigentlich als Lehrer überqualifiziert. In den meisten Unis sitzt man als angehender Mathematiklehrer in den gleichen Kursen wie angehende Vollblut Mathematiker, als Englisch Lehrer in den Kursen für Anglisten und so weiter.
Es ist zwar gut, wenn man weit mehr weiß, als man seinen Schülern je beibringen muss, aber der Druck ist doch enorm hoch, wenn man so ein Niveau erreichen muss. Mit der Umstellung auch Bachelor und Master ist es nur noch schlimmer geworden und die Arbeit mehr, weil viel mehr Prüfungen zu absolvieren sind, für die natürlich auch reichlich gelernt werden muss. Das mit der 70 Stunden Woche halte ich nicht für übertrieben, sondern für normal. Wenn man dann ganz nebenbei noch Kinder hat oder jobben muss, ist das nur mit sehr viel Kraft und Disziplin zu schaffen.
Wenn man dann von Bekannten aus höheren Semestern hört, wie es dann im Referendariat zugeht, wird einem gleich schlecht. Man steht dann zwischen drei Stühlen. Die Schüler haben Erwartungen an einen jungen Lehrer, denen man gerne mit viel Engagement entgegen kommen will. Die Mentoren an den Schulen, die schon Jahre lang unterrichten versuchen einem gut gemeint zu führen und zu erklären, wie man ihrer Meinung nach richtig unterrichtet, weil sie es seit Jahren schon so praktizieren. Die Betreuer an dem Seminar das die jungen Referendare begleitet, versuchen hingegen ganz andere Ziele zu verwirklichen und den Referendaren einen innovativen Unterrichtsstil nahe zu bringen.
Im Normalfall muss man sich dann die ganze Zeit lang verbiegen, um es irgend jemandem Recht zu machen und gute Zensuren in den Prüfungen zu bekommen und mindestens einer der drei Parteien wird was zu meckern haben. Das hat schon manchen meiner Bekannten in die Verzweiflung getrieben, die während des theoretischen Studiums noch tapfer durch gehalten haben.
Noch absurder wird es, wenn man zu den angehenden Grundschullehrern schaut. Die ziehen nahezu das identische Studium durch wie ein Gymnasiallehrer. In vielen Bundesländern (wenn nicht sogar in allen) ist es nach wie vor so, dass man als Lehrkraft in der Grundschule in eine niedrigere Besoldungsgruppe eingeteilt wird, als ein Gymnasiallehrer. Und das obwohl das Unterrichten von kleineren Schülern zwar anders aber keinesfalls leichter ist. Auch hier spiegelt sich wieder das Bild des Lehrers in der Öffentlichkeit.
Es wird ganz schnell komplett unterschätzt, wie anspruchsvoll das wirklich ist, kleinen Kindern die ganzen Grundfertigkeiten wie Verhalten, Lesen, Rechnen und sonstige Allgemeinbildung zu vermitteln. Am ehesten werden noch Gymnasiallehrer von ihren Schülern Wert geschätzt, weil Gymnasiasten eher noch sich bewusst sind, wie wichtig gute Bildung ist. Aber besonders hart haben es diejenigen Lehrer, die mit viel Herzblut und Idealismus zum Beispiel Hauptschüler unterrichten und viel mehr damit konfrontiert werden, dass ein großer Teil der Schüler besser motiviert sein könnte und aus den Elternhäusern wenig Rückendeckung kommt. Wie man das Bild aber ändern könnte, weiß ich auch nicht. Wer soll denn große Werbeagenturen für die Imagepflege von Lehrern bezahlen? Und machen sich nicht total bekloppte Lehrer in Witzen und Komödien viel besser, als die, die ihren Alltag mit viel Engagement meistern?
Mit Verlaub, ich habe hier mein Anliegen geschildert, da es meine Freundin wirklich psychisch und körperlich belastet, vor allem, da eben solche Reaktionen, wie die deinige, die Regel sind. Dass du es für angebracht hältst, mir vorzuwerfen, ich hätte die Geschichte erfunden, beleidigt mich zutiefst. Wieso du es zudem für als notwendig erachtest, mich ad hominem zu attackieren und mich der Lüge zu bezichtigen, würde ich wirklich gerne erklärt bekommen.
Ich würde dich bitten, das nächste Mal eine umfassendere Recherche zu betreiben, bevor du dich mit kaum haltbaren Aussagen so sehr gegen einen Beitrag, der eine persönliche Situation schildert, einschießt. Die Sache ist wie folgt: Das Staatsexamen für Lehramt wurde zwar abgeschafft, allerdings ist es selbst bei 10 Semestern Regelstudienzeit, also 5 Jahren Studium, abzusehen, dass es einige Jahre dauern wird, bis das System ausgeglichen wird. Außerdem hast du vergessen, zu beachten, dass es in den verschiedenen Bundesländern auch verschiedene Fristen gibt.
Ich habe mir mal die Arbeit gemacht, dir verlässliche Quellen herauszusuchen, in denen du einsehen kannst, dass ich keine Lügnerin bin. Infos zur Lehramtsreform und Umstellung des Lehramtsstudiums. Die Umstellung kam in meinem Bundesland im Jahre 2015, was auch erklärt, wieso meine Freundin nicht darunter fällt, da sie ja deutlich weiter ist.
Ich finde es auch sehr anmaßend, mir erklären zu wollen, dass die Semesterzahl gelogen ist. Sie ist selbstverständlich nicht im Bachelor-Master-System, das hatte ich ja bereits erwähnt, sonst könnte sie ja auch gar keine 4 Fächer parallel studieren. Es ist natürlich eindeutig und logisch, dass eine Regelstudienzeit von 10 Semestern bei 4 Fächern niemals eingehalten werden kann, bzw. man redet auch gar nicht mehr von einer Regelstudienzeit von 10 Semestern, sondern ab drei Fächern hat man automatisch eine Regelstudienzeit von 12 Semestern. Da ein weiteres Fach eine erhebliche Belastung darstellt, ist es in meinen Augen rechnerisch nachvollziehbar, wie ich auf die genannten 12-14 Semester komme.
Jura, Medizin und Zahnmedizin, sowie sicher Pharmazie, da man für Pharmazie das gleiche Zulassungsverfahren wie bei Zahn-/Medizin durchlaufen muss, sind, nach Ausschleichen der noch vorhandenen Lehramtsstudenten die einzigen Fächer, die mit Staatsexamen abschließen. Da hast du Recht. Aber eben nicht bedacht, dass man ein System nicht von Heute auf Morgen umändern kann. Es gibt ja noch genug Studenten, die davon betroffen sind. In Baden-Württemberg nämlich die absolute Mehrheit.
Ich werde mich zurückhalten, deine Bekannte und ihre Situation zu kommentieren, da mir nicht klar ist, von welchem Bundesland hier die Rede ist. Ich freue mich aber tatsächlich für sie, sollte sie eine Anstellung gefunden haben, vor allem mit dieser Kombination. Allerdings weiß ich nicht, wie du darauf kommst, von einer Stichzahl von n=1, nämlich deiner Bekannten, auf den gesamten Arbeitsmarkt zu schließen. Es ist nun doch wirklich kein Geheimnis, dass der Arbeitsmarkt für Lehrer im Moment absolut hoffnungslos ist.
Die Verbeamtung wird heutzutage so gut es geht vermieden. Du hast Recht, die Dioptrienzahl allein mag nicht der springende Punkt sein, allerdings hat sie Kommilitonen, die selbst sagten, der Amtsarzt meine bis 3 Dioptrien kein so schwerwiegendes Problem, danach oftmals mit gesonderten Gutachten, solltest du aber auch nur noch ein Problemchen mitbringen, kannst du es vergessen, als geeignet eingestuft zu werden. Da reicht auch, wenn eine Schilddrüsenunter-/überfunktion vorliegt, Bluthochdruck einmalig (und man kennt ja den Weißkittel-Bluthochdruck) gemessen wird, das Gewicht nicht "passt", und so weiter.
Dass Anglistik hart ist und nicht unterschätzt werden sollte ist mir bewusst, aber gerade bei Geschichte ist das doch gar kein Aufwand. Es gibt kaum Klausuren und selbst wenn, muss man diese nur bestehen und die Note ist total egal.
Ich frage mich hier, ob du selbst Geschichte studiert hast. Mein Eindruck ist klar, nein, hast du nicht. Was du hier schilderst, ist genau der Grund, wieso ich diesen Beitrag geschrieben habe. Diese Einstellung, sagen zu können, was einfach oder kein Aufwand ist, ohne, es selbst gemacht zu haben, ist mir zuwider. Diese Herabstufung ist es ja, die eine Krise auslöst bei den Studenten auf Lehramt. Der Effekt ist bekannt, dass jemand, dessen Arbeit kaum gewürdigt wird, ein größeres Risiko hat, psychische Belastungsreaktionen wie z.B. einen Burnout zu entwickeln. Dein Beitrag bestätigt leider genau das, was meine Freundin befürchtet hatte, nämlich, dass es einfach kaum Anerkennung gibt, für die Arbeit, die es ist, Lehrer zu werden und zu sein.
Ich weiß nicht, woher du diese Einschätzung hast, aber Klausuren gibt es sehr wohl, mehr als in Anglistik, und diese sind benotet. Die Notengewichtung nimmt mit der Semesterzahl zu, so dass man nicht sagen kann, dass alle Klausuren nur zu bestehen wären. Natürlich gibt es solche, in denen man sagen könnte "4 gewinnt", aber das trifft, meiner Erfahrung nach, nicht auf die Mehrzahl zu, ganz im Gegenteil, und vor allem nicht in den höheren Semestern. Außerdem, natürlich gibt es in Geschichte noch die Verantwortung, Hausarbeiten anzufertigen, Seminare zu besuchen und natürlich auch dafür zu arbeiten.
Das heißt konkret: Quellenlektüre, teilweise im Originalmanuskript und natürlich oft in der Quellsprache. Ein Historiker muss mindestens das Latinum vorweisen, und aktiv Englisch und mindestens eine weitere romanische Sprache vorweisen können. Es ist aber oft verlangt, dass man Französisch, Italienisch, Griechisch, Latein und diese auch in den sprachgeschichtlichen Vorgängern (Altfranzösisch, Mittelenglisch) verstehen kann. Wie kommst du auf das Fehlen der Anwesenheitspflicht? In ihrer Universität herrscht Anwesenheitspflicht. Mehr als zweimaliges Fehlen ist Ausschlussgrund.
Bachelor-Master-System das Studium stark vereinfacht hat und dass es eben viel stressfreier wäre als das frühere System.
Das stimmt, und wenn du den Link oben von der Universität Heidelberg anschaust, wird das auch bemängelt. Möchte man denn genau hier sparen, gesellschaftlich? Letzten Endes geht es um die Bildung der nachfolgenden Generation, an der hier gespart werden soll. Denn das ist das Ziel des Bachelor-Master-Systems. Kosteneinsparung und eine Verkürzung der Ausbildung, weshalb nie die annähernd gleiche Tiefe an Wissen, weder fachlich noch pädagogisch erreicht werden kann. Ich bin froh, dass das früher anders war.
Lily, lasse dich da doch nicht persönlich beleidigen. Es gibt hier einige Beiträge, wo jemand einen fiktiven Fall konstruiert hat. Zum Beispiel dann, wenn man von solchen Themen ausgeht, die juristische Fragestellungen berühren. Natürlich ist es vorschnell und sachlich falsch darauf zu schließen, dass deswegen andere Beiträge auch automatisch erfunden sind. Nimm dir das nicht persönlich zu Herzen, im Internet fällt es eben vielen recht leicht, solche Einschätzungen zu verkünden, die man im direkten Gespräch nicht ins Gesicht sagen würde um nicht jemanden zu verletzen oder als Besserwisser dazustehen.
Übrigens bin ich kein Befürworter des Bachelor Master Systems im Lehramtsstudium, zumindest wie es in unserem Bundesland praktiziert wird. Mag gut sein, dass es in eurem Bundesland gelungen ist, das System wirklich zu vereinfachen. Ich habe da eine andere Meinung. Die Fachliche Ausbildung hat teilweise schon weniger Tiefe, einfach weil man sich weniger selbsttätig mit dem Stoff auseinander setzt wie früher, und mehr gelehrt bekommt. Danach wird in fast jeder Veranstaltung mindestens am Ende eine Klausur geschrieben und dazwischen im Semester immer wieder auch Teilprüfungen.
Die Zensuren zählen dann bei der Abschlussnote für den Bachelor mit. Es geht also bei keiner Prüfung mehr um vier Gewinnt, sondern jeder versucht krampfhaft so viel wie möglich auswendig zu lernen um möglichst viele Punkte zu bekommen. Und die Fragen sind in den meisten Fällen dann leider eben nur noch Wissensabfrage, weil man kritisches Denken eben schlecht mit objektiven Zensuren bewerten kann. So kommt es dann relativ schnell zu dem, was ich im Studentenslang als Klausurbulimie kennen gelernt habe. Alle pauken für die nächste Prüfung und im nächsten Semester wird der Speicher dann weitgehend neu mit neuem Wissen belegt um gute Zensuren zu bekommen. Mit wissenschaftlichem Arbeiten hat das immer weniger zu tun, man fühlt sich dann wie an der Schule, obwohl man an der Uni ist.
Das, was beim alten System toll war, dass man Lehrmeinungen kritisch hinterfragen sollte und gemeinsam versucht wurde, geistig neue Wege einzuschlagen, das bleibt fast ganz auf der Strecke, weil es dann an der Uni plötzlich heißt, wir haben keine Zeit, wir müssen den Stoff schaffen, damit ihr alles wisst, was in der Prüfung gefragt wird. Da frage ich mich dann schon, ob das das Bildungsideal sein soll, dass die angehenden Lehrer an ihre zukünftigen Schüler weiter geben sollen? Gerade in der heutigen Zeit, wo kritisches Denken und hinterfragen wieder wichtiger ist, als in den letzten Jahrzehnten?
Bei uns sind längst nicht alle Dozenten glücklich mit der Situation, weil sie eben nicht nur als Pauker arbeiten wollen, sondern auch junge Menschen zu intellektuellen Bürgern bilden möchten. Und auch die Dozenten bemerken, dass der Zusammenhalt unter Studenten nicht mehr so gegeben ist, wie beim alten System. Schließlich ist man sich selbst am nächsten, wenn es ständig darum geht, unter den Besten zu sein und es nicht mehr hauptsächlich darum geht, gemeinsam zum einem Bildungsziel zu gelangen und später vielleicht als Kollegen in einem Team zu arbeiten. Und gerade diese Fähigkeit haben Lehrer an heutigen Schulen auch bitter nötig.
Aber vielleicht ist euer Bundesland ja in der glücklichen Lage, dass es aus den Fehlern, die in anderen Bundesländern gemacht wurden gelernt hat und das neue System schon mit weniger Kinderkrankheiten an den Studenten bringt. Das kann ich von hier aus schwer beurteilen.
Lily hat geschrieben:Sie sieht einfach keinen Sinn mehr in dem vielen Stress, nur um dann doch als Witz abgetan zu werden in ihrer Berufswahl. Was denkt ihr? Ich persönlich habe immer sehr viel von meinen Lehrern gehalten, waren sie es doch, die mir geholfen haben, meinen Horizont zu erweitern und mich als Menschen zu formen. Dafür bin ich meinen Lehrern bis heute dankbar. Kann es sein, dass das Bild sich so schnell so stark gewandelt hat, oder ist der Lehrerberuf schon seit Jahren so schlecht angesehen?
Um nicht ausschweifend zu werden, beantworte ich mal konkret deine Fragestellung und beziehe mich da auf Erfahrungswerte aus nächster Nähe bezogen auf NRW. Meine Freundin studiert Germanistik und Sozialpädagogik auf Berufsschullehramt. Aktuell befindet sie sich im 3 Mastersemester und läuft langsam in der Zielgeraden ein.
Ich finde die Ausgangsgeschichte etwas fraglich, weshalb ich mal den bisherigen Werdegang samt "Folgen" schildern werde. Innerhalb des Studiums wird natürlich selektiert. Dies merkt man an ziemlich harten Prüfungen und die dafür nötige intensive Vorarbeit. Das Studium ist grundsätzlich kein Kinderspiel und wer da schon meckert, hat sich definitiv den falschen Beruf für die Zukunft ausgesucht.
Meine Freundin hat zusätzlich zum Studium ein 12 monatiges FSJ im sozialen Bereich ausgeübt, während des Studiums nochmal 12 Monate sozialintegrative Arbeit. Nebenberuflich versteht sich. Die innerhalb des Studiums zu absolvierenden Prüfungen und Hausarbeiten waren oftmals Arbeiten in einem Umfang, der jenseits von gut und böse ist. Die fachliche Aneignung ist auch da absolut kein Kinderspiel. Das weiß man allerdings vor Beginn des Studiums.
Ich sehe die gesellschaftliche Anerkennung genau anders, als du es schilderst. Es werden Lehrer ab gymnasialer Oberstufe gesucht wie Sand am Meer. Am meisten hingegen Berufsschullehrer und der Mangel ist enorm. So enorm, dass jeder Student in seiner Praxisphase mit Kusshand genommen, eingearbeitet und unterstützt wird. Natürlich sind Einzelfälle, die das Gegenteil aufweisen auch vorhanden. Eventuell mag die Anerkennung unter den Schülern selbst nicht unbedingt sonderlich hoch sein.
Ich habe allerdings noch keinen in meinem Umfeld erlebt, der den Lehrerberuf abwertet, egal um welches Fach es sich handelt. Im Gegenteil ist auch bekannt, dass ein Lehrer ab Verbeamtung ein sehr gutes und abgesichertes Leben führen wird. Und in der Regel sind alle Studiengänge für Lehrer Planstellen, so dass niemand nach dem Abschluss des Studiums auf der Straße steht. Denn vor Antritt des Referendariats hat der Studierende eine Auswahl an Orte zu treffen, wo er sich sein Referendariat wünscht. Und das ist die Grundlage des eigenen Posten, wo man später unterrichten wird.
Meiner Freundin ging es im Studium oft sehr schlecht, da die psychische Belastung teilweise enorm war und der Druck einen bekloppt gemacht hat. Das weiß man allerdings auch vor Beginn des Studiums. Man wird schließlich Lehrer und um das zu werden, muss man einiges leisten, erreichen und an sich abprallen lassen. Man darf auch eine Sache nicht vergessen. Lehrer sind grundlegend für die Bildung der eigenen Kinder verantwortlich.
Dass allgemein der Lehrer so schlecht angesehen wird, kann ich überhaupt nicht bestätigen. Es gibt immer schlechte Lehrer, die ihre mangelnde Kompetenz auch nach außen tragen. Einzelfälle aber auf die gesamte Gesellschaft umzulegen und zu sagen, dass grundsätzlich das Ansehen enorm schlecht ist, ist schlicht und einfach falsch. Bundesland abhängige Meinungen schwanken durchaus stark.
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