Legt ihr als Frau Wert auf die weibliche Endung?
Ich führe des öfteren insbesondere mit jungen Frauen Diskussionen darüber, ob immer das "in" in Berufsbezeichnungen angefügt werden muss, wenn man eine Frau ist. Ich bezeichne mich zum Beispiel als Rentner und nicht als Rentnerin, weil in meinen Augen Rentner neutral ist und in Rentnerin zusätzlich noch die Information steckt, dass ich weiblich bin. Das möchte ich aber gar nicht besonders betonen. Im neuen Postillon ist ein lustiger Beitrag dazu, der aber auf satirische Weise genau das ausdrückt, was ich nicht so gut in Worte fassen kann. Legt ihr Wert, das bei eurer Berufsbezeichnung betont wird, dass ihr eine Frau seid?
Ich finde das überhaupt nicht wichtig. Als Frau möchte ich einfach nicht anders als ein Mann behandelt werden, also dass man mir etwas zutraut und ich dann auch dieselben Aufgaben bekomme, aber ich lege keinen Wert darauf wie man nun den Job bezeichnet, den ich ausführe und ob da dann die passende Endung dran ist oder nicht.
Ich finde es total übertrieben, dass so viele auf diese Endung Wert legen. Nur, weil häufiger die weibliche Endung benutzt wird, heißt das noch lange nicht, dass man den Frauen auch mehr Respekt entgegen bringt und dass diese gleichberechtigt sind. Das ist kompletter Unsinn. Ich hatte auch Professoren, die übertrieben viel Wert auf diese Gender-Endung gelegt haben.
Ich muss sagen, dass ich das alles komplett blödsinnig finde. Wenn von den Mitarbeitern in einem Betrieb geredet wird, dann fühle ich mich auch als Frau dazugehörig, auch wenn die Mitarbeiterinnen nicht explizit erwähnt wurden. Ich finde einfach, dass man alles auch übertreiben kann und der verlinkte Artikel beschreibt es tatsächlich sehr gut, welche Blüten diese Debatte schon treibt. Für mich gibt es auch neutrale Namen, wie eben Kollegen, Professoren und so weiter und damit ist es für mich auch gut.
Ja, ich lege Wert darauf, denn es ist nicht witzig, "mitgemeint" zu sein und manchmal nicht einmal das. Es ist super, wenn bei der Konferenz die Herren begrüßt werden, und man selbst gefragt wird, wessen Referentin man sei. Super, nur weil man weiblich ist, muss man einen männlichen Chef haben, der einen mitnimmt?
Wenn Frauen maximal als Assistentin wahrgenommen werden, muss die weibliche Berufsbezeichnung dringend her, damit es endlich in die Betonköpfe sickert. Und selbst in der vermeintlich toleranten Medienbranche besetze ich ein Angebot, wo mein Geschlecht immer noch manchmal irritiert.
Außerdem bestätigt die Forschung meinen Eindruck. Nimmt man beide Bezeichnungen, trauen sich Mädchen häufiger typische Männerberufe zu. Und auch die Jungs profitieren, denn sobald es eine weibliche Bezeichnung gibt, trauen Sie sich einen Job auch eher zu. Es ist eben doch wichtig, nicht nur mitgemeint zu sein.
Durchaus. In meinen Augen ist es schlicht sachlich falsch, wenn man mich als Mitarbeiter oder Kunde oder Patient bezeichnet, nur weil es um Kollektivbegriffe geht. Die allermeisten Leute würden schließlich auch schön blöd schauen, wenn es etwa beim Arzt heißt: Der Patient Herta Schulze hat Probleme mit dem künstlichen Hüftgelenk, oder: Hier sitzt unser Mitarbeiter Hannelore Meier, der für die IT-Abteilung zuständig ist. Da sagt schließlich auch keiner: Was denn? Die männliche Bezeichnung ist neutral, wieso sollte man für die popligen 50 Prozent Nicht-Männer hier groß Umstände machen, Herr Gerbera? Sie wissen ja, dass Sie damit gemeint sind, oder etwa nicht?
Ich finde zudem, dass Frauen im Allgemeinen schon seit jeher ignoriert, verdrängt, übersehen, überhört und an den Rand gedrängt werden, und wieso sollte ich das auch noch toll finden, dass die berühmten 50 Prozent der Menschheit sogar in der Sprache marginalisiert und unsichtbar gemacht werden? Wieso sollte ich mich "mitgemeint" fühlen und wohl noch froh sein, dass zumindest die Wahrscheinlichkeit mittlerweile anerkannt wird, dass sich unter den "Teilnehmern", den "Referenten" oder den "Richtern des Bundesverfassungsgerichts" auch Nicht-Männer befinden können?
Über die Person oder die freie Stelle oder die Besetzung für die Rolle oder die Eminenz oder die Hoheit müssten sich dann Männer beschweren. Für mich ist Polizist und Maurer eine Berufsbezeichnung. Da steckt von meinem Gefühl her weder weiblich noch männlich drin. Warum soll ich in meiner Berufsbezeichnung betonen, dass ich eine Frau bin. Das finde ich ein bisschen unfair. Männer betonen mit ihrer Berufsbezeichnung ja auch nicht, dass sie ein Mann sind.
Anlupa, doch Männer betonen immer ihre Berufsbezeichnung, weil die Sprache das traditionell tut. Schließlich haben bis vor kurzer Zeit nur Männer anerkannte Arbeit geleistet und Frauen waren Anhängsel, die maximal Hilfstätigkeiten ausgeführt haben. Und das zeigen die Bezeichnungen auch. Es ist schließlich nicht das Polizist, Politiker oder Maurer, sondern es ist der. Und wenn Männer Frauenberufe ausüben, dann gibt es schon immer eine männliche Berufsbezeichnung. Es heißt nicht "Krankenschwester Reiner Müller", "Hebamme Dieter Schmitz" oder "Zimmermädchen Holger Schneider". Da sind dann Krankenpfleger, Enbindungspfleger und Room Boy selbstverständlich. Niemand verlangt, dass Männer mitgemeint sind, da wird ohne Zögern modifiziert.
Und wenn man eben häufig die Erfahrung gemacht hat, dass man allein aufgrund des Geschlechts eben nicht als Teilnehmer einer Konferenz wahrgenommen wird, sondern automatisch zur persönlichen Referentin eines Mannes deklariert wird, gern mit anzüglichem Unterton, weil der Mann sich wohl etwas Entspannung mitgebracht hat , dann wird die weibliche Berufsbezeichnung wichtig. Denn ja, auch Frauen machen solche Jobs.
Und wenn man intersexuell ist, immerhin 0,1 Prozent der Bevölkerung? Ich bezweifle, ob man das unbedingt mit "das Mitarbeiter" bei der Vorstellung in einer Konferenz als besonderes Merkmal herausheben möchte, genauso wenig, wie ich das besondere Merkmal, Frau zu sein, als beruflich relevant betrachte.
Und wie ist es mit akademischen Titeln? Frau Doktorin Meier? Gefühlsmäßig hat Doktorin für mich etwas Verniedlichendes. Vielleicht fehlen mir auch einfach diskriminierende berufliche Erfahrungen oder mein Sprachgefühl ist veraltet. Die junge Generation soll die künftigen Sprachgewohnheiten entscheiden.
anlupa hat geschrieben:Und wenn man intersexuell ist, immerhin 0,1 Prozent der Bevölkerung? Ich bezweifle, ob man das unbedingt mit "das Mitarbeiter" bei der Vorstellung in einer Konferenz als besonderes Merkmal herausheben möchte .. .
Wieso als "besonderes Merkmal"? Wieso hängt in den Köpfen immer noch so fest, dass männlich der Standard ist und alles andere eine Abweichung, die man bestenfalls verschämt ignorieren sollte, weil es sich ja um ein "besonderes Merkmal" handelt?
Wie schon erwähnt, müsste es doch auch dem emanzipationsfreiesten Hirn allmählich komisch vorkommen, wieso eine "weibliche Endung" das Ende der westlichen Zivilisation darstellen soll, während es beispielsweise absolut kein Problem war, für männliche Krankenschwestern eine alternative Bezeichnung zu finden und keiner gejammert hat, dass so über Gebühr Aufmerksamkeit darauf gelenkt werde, dass Schwester Robert einen Penis hat.
Und um die Frage zu beantworten: Ja, ich bin der Meinung, dass man ein Recht darauf hat, auf die Art angesprochen zu werden, die für einen selber die richtige ist. Und wenn es das grammatikalische Neutrum ist, wäre das für mich auch ok. Mir kann es ja egal sein, womit sich jemand anders angesprochen fühlt, und es ist ja auch kein Aufwand, gerade weil nur "0,1 Prozent der Bevölkerung" betroffen sind.
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