Lässt der Barf-Trend die Schlachtzahlen steigen?
Unter dem Begriff Barfen versteht man die Haustierfütterung mit rohem Fleisch. Seit einigen Jahren ernähren immer mehr Hunde- aber auch Katzenhalter ihre Haustiere auf diese Weise, da sie als artgerecht und somit am gesündesten angesehen wird.
Im Gegensatz dazu stehen Trocken- und Dosenfutter, in denen nicht klar definierte Bestandteile sind. Oft steht "Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse" in den Zutatenlisten. Dahinter verbergen sich Schlachtabfälle, bis hin zu Hühnerkrallen, Fell und Federn und sogar Urin. Alles, was nach einer Schlachtung so am Boden rumliegt.
Man kann das Fleisch für die Barf-Ernährung mittlerweile bequem im Internet bestellen. Die Shops werben dann damit, dass das Fleisch sogar für den menschlichen Verzehr freigegeben ist und in einem Shop habe ich gerade die Werbung für etwas ganz Besonderes gesehen: ein ganzes Kaninchen. So wie es sich ein Hund, beziehungweise sein Urahn Wolf, eben in freier Wildbahn selber reißen würde.
Als Mensch habe ich schon vor langer Zeit mit dem Fleischverzehr aufgehört, weil ich nicht beteiligt sein will an den hohen Schlachtzahlen. Daher habe ich auch so meine Probleme damit, fleischfressende Haustiere zu haben. Mir sind meine pflanzenfressenden Haustiere in dem Punkt viel lieber.
Ich finde es daher gar nicht so schlecht, Schlachtabfälle zu verfüttern. So werden wenigstens die ganzen Tiere verwertet. Und für den Hund macht es keinen Unterschied, ob er nun zähes Muskelfleisch oder Filet bekommt. Wahrscheinlich schmeckt ihm das Muskelfleisch sogar besser. Und Innereien sind beim Barfen absolut notwendig, weil vor allem in ihnen die Vitamine und andere Nährstoffe stecken. Innereien werden aber kaum noch zum menschlichen Verzehr verkauft. Also zumindest in Deutschland essen immer weniger Menschen Innereien.
Dennoch verdient die Fleischindustrie natürlich an jeglicher Futtermittelherstellung. Auch wenn sie nur ein Nebenprodukt der Herstellung von Menschennahrung ist. Aber sind die Schlachtzahlen eventuell sogar merklich gestiegen, seit Barf so in ist? Ganze Kaninchen sind jedenfalls definitiv kein Nebenprodukt.
Würde vieles, was nun an Hunde verfüttert wird, eigentlich als Menschennahrung verkauft werden? Werden die Innereien eventuell ins Ausland exportiert? Von Hühnerkrallen weiß ich es. Die sind in Asien sehr beliebt. Müssen nun mehr Tiere geschlachtet werden, um weiterhin alle Märkte zu bedienen? Oder werden tatsächlich nur Schlachtabfälle verkauft, die kein Mensch für sich haben will? Abgesehen vom ganzen Kaninchen.
Weil die europäischen Konsumenten Fleisch nur sehr selektiv essen - vom Huhn etwa am liebsten nur Brust und Keulen - fallen hier ziemlich viele "Abfälle" an. Teile, die schlicht unbeliebt sind. Und auch chicken nuggets (Formfleisch) essen die Menschen letztlich nur in begrenztem Umfang.
Ich gehe also davon aus, dass die Umstellung auf Barf (grausiges Wort) die Schlachtzahlen eher nicht steigen lässt; auch, weil die betreffenden Tiere ja auch schon vorher mit Fleisch ernährt wurden, das nur eben anders verarbeitet wurde. Jetzt eben Barf statt Brekkies. Und Tierfutter wurde noch nie aus filet mignon hergestellt.
Andererseits: Was nicht konsumiert wird, wird mittelfristig auch nicht geschlachtet. Ohne die vielen fleischfressenden Haustiere würde also auch weniger geschlachtet. Sie sind Teil der Verwertungskette der Fleischindustrie.
PS: Dass Innereien pauschal besonders gesund sein sollen, halte ich für einen Mythos. Früher hat man damit Kinder gezwungen, ihre Leber zu essen; heute verbarft man diese lieber an die wehrlosen Viecher.
Das Fleisch für das Fertigfutter kommt aus den gleichen Quellen wie das Frischfleisch für Tiere. Ob man das Zeug nun frisch kauft oder in der Packung, macht keinen Unterschied. Wobei die Werbung mit freigegeben für den menschlichen Verzehr irreführend ist.
Sobald ein Produkt zu einem Tierfuttermittelhändler kommt, wird es zum K3-Produkt und an Menschen kann es nicht mehr verkauft werden. Es kann durchaus sein, dass eine Niere in der Fleischtheke landet und die andere im Tierfutter. Alle Fleischteile im Tierfutter stammen von Tieren für den menschlichen Verzehr.
Wenn man sich das Angebot der Händler ansieht, dann sieht man mehr Fleisch, als es tatsächlich ist. Als Lebensmittel ist der Begriff Fleisch geschützt. Beim Tierfutter gibt es diese Definition nicht. Knochen oder Bindegewebe dürfen als Fleisch verkauft werden.
Daher bekommt man beispielsweise gewolftes Hühnerfleisch nur sehr fein. Das sind gewolfte Karkassen. Am Stück werden die als Knochen verkauft. Gutes Muskelfleisch ist normalerweise abgelaufen oder es handelt sich um Überproduktionen.
Wenn ich den Speiseplan meiner Hunde ansehe, dann stirbt dafür kein Tier. Ich füttere viel Stichfleisch. Das ist für den menschlichen Verzehr verboten, weil dort das Blut austritt. Wenn das Tier stirbt, bricht die Schranke zwischen Blut und Darm zusammen. So können Darmbakterien das Fleisch verunreinigen.
Das landet entweder im Fertigfutter oder eben als Muskelfleisch im Napf. Viel ist hier auch Kronfleisch. Das ist ein schöner Muskel, der in den USA gerne gegrillt wird. Allerdings ist das Zwerchfell bei uns rechtlich noch nicht einmal Fleisch. Es landet sowieso im Futter.
Rinderohren, Speiseröhren, Strossen, Pansen, Hoden, Hühnerhälse, Karkassen, Innereien und ähnliches isst hier niemand. So viel von diesen Nebenprodukten können und sollen wir gar nicht exportieren. In Afrika stirbt man an unserem Hühnermüll, den wir gut selbst essen könnten.
Dass viel zu viele Tiere sterben, liegt nicht am Futter. Es liegt daran, dass wir nur noch einen Bruchteil nutzen. Mit dem Rest machen wir die Welt arm und krank. Wir können unseren Müll nicht in Tierfutter verwandeln, so viele Tiere haben wir nicht.
Meine Hunde fressen übrigens auch verworfene Lämmer. Außerdem nehme ich Tauben und was sonst noch bei Kleintierzüchtern anfällt und nicht in den Topf kommt. Wir haben mittlerweile doch so einen Überfluss, dass Fleisch, das früher auf der Freibank verkauft worden ist, komplett im Müll landet.
Wir hatten früher eine ganze Konservenfabrik, spezielle Metzgereien und Marktstände, wo nur Freibankfleisch verkauft worden ist. Heute nehmen selbst Tierfutterfirmen dieses Fleisch nicht mehr, weil man damit nicht planen kann. Freibankfleisch stammte aus Notschlachtungen und wurde extrem streng kontrolliert.
Früher kauften dort Familien mit wenig Geld und Hundehalter. Heute landet es in der Verwertung. Wie billig Nebenprodukte sind, sieht man an dem Schlachthof, wo ich mein Fleisch hole. Obwohl der Bio Betrieb als Großschlachthof gilt, fallen so wenig Nebenprodukte an, dass sie nicht verkäuflich sind. Da landet Bio im Müll. Dort kann man einmal pro Woche das Fleisch wannenweise kostenlos abholen. Denn ansonsten muss das Unternehmen für die Entsorgung zahlen. Da werden pro Woche Tonnen verschwendet.
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