Kuscheltiere gegen Trennungsschmerz als Erwachsener?

vom 17.03.2017, 03:52 Uhr

Ich habe eine Freundin, die gerade ganz schlimm unter ihrer frischen Trennung von ihrem Freund leidet, mit dem sie ganze sechs Jahre lang zusammen war. Er hatte sich in eine neue Arbeitskollegin verliebt und daraufhin die langjährige Beziehung beendet, weshalb meine Freundin jetzt wirklich am Boden zerstört ist, da sie tatsächlich viel eher mit einem Heiratsantrag gerechnet hatte, als mit einem Gespräch darüber, dass sie in Zukunft getrennte Wege gehen würden.

Da sie gebürtige Französin ist und extra der Liebe wegen nach Deutschland gekommen ist, steht sie nun natürlich alleine da. Die beiden hatten sogar bereits angefangen, ein gemeinsames Haus zu bauen. Frei nach dem schwäbischen Motto, dass man erst das Haus baut und dann erst heiratet. Nun lief das ganze Bauprojekt über seine Konten und seinen Namen, da er deutscher Staatsbürger ist und mehr verdiente, so dass sie das beide als einfacher ansahen, dass es so geregelt wird.

Im Moment wohnt sie bei meiner Partnerin und mir, leider nur auf dem Sofa, da sie sich erst einmal sammeln muss und eine Wohnung suchen muss. Er hatte sie zwar nicht in dem Sinne rausgeschmissen, aber mit ihm zu leben, das hielt sie nicht aus.

Tagsüber ist sie sehr stark und tapfer und lässt sich kaum etwas anmerken. Nun ist es so, dass sie jede Nacht, und das hören wir beide eben sehr deutlich durch die Wände, weint und mit einem Kuscheltierwolf spricht, an den sie sich in letzter Zeit richtig klammert. Sie hat den kleinen Wolf seit ihrer Kindheit, weswegen ich davon ausgehe, dass kein anderes Kuscheltier sie so trösten könnte.

Sie hat den Wolf wohl auch noch während ihres Studiums der Mathematik, dass sehr stressig war, zum Schlafen mit ins Bett genommen. Wir kennen es ja alle aus der Kindheit, wie tröstlich so ein plüschiger Begleiter sein kann. Wie ist es aber im Erwachsenenalter? Findet ihr das in Ordnung, dass man sich primär an ein Kuscheltier hält, um psychische Belastungen zu verarbeiten? Findet ihr das kindisch? Habt ihr vielleicht sogar selbst noch einen kuscheligen Tröster der Herzen?

» Lily » Beiträge: 173 » Talkpoints: 43,13 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Lily hat geschrieben:Nun ist es so, dass sie jede Nacht, und das hören wir beide eben sehr deutlich durch die Wände, weint und mit einem Kuscheltierwolf spricht, an den sie sich in letzter Zeit richtig klammert. Sie hat den kleinen Wolf seit ihrer Kindheit, weswegen ich davon ausgehe, dass kein anderes Kuscheltier sie so trösten könnte.

Ich finde so ein Verhalten überhaupt nicht kindisch oder unreif. Ich finde es sogar eher traurig. Ich kenne deine Freundin nicht, aber auf mich persönlich wirkt deine Geschichte im Moment so, als hätte deine Freundin sich schon in ihrer Kindheit oft allein gelassen gefühlt und hängt eben deswegen so sehr an ihrem Plüschwolf. Da frage ich mich ernsthaft, wo die Eltern gewesen sind, dass das Kind sich damals nicht anders zu helfen und zu trösten gewusst hat. Auf mich wirkt das so, als hätte deine Freundin generell schlechte Erfahrungen mit Mitmenschen gemacht, so als könnte man sich nur auf diesen Wolf verlassen und sonst niemandem, nicht mal auf Freunde und das gibt mir wirklich zu denken.

Dieser Wolf gibt ihr Halt und Sicherheit. Er scheint die einzige (loyale) Konstante in ihrem Leben zu sein, sodass sie ihn in solchen Momenten besonders braucht. Das finde ich alles andere als kindisch oder unreif. Es ist vielleicht ungewöhnlich, zumal nicht oft bekannt wird, dass Erwachsene zum Trost eine Plüschtier nutzen, aber schlimm finde ich das jetzt nicht. Manche Erwachsene nutzen ja auch Alkohol zum Trost oder Drogen oder sie stürzen sich in die Arbeit. Jeder hat eben seine eigene Bewältigungsstrategie und solange das bei deiner Freundin eben funktioniert ohne dass sie negative gesundheitliche Konsequenzen fürchten muss, finde ich das in Ordnung. Ich hoffe nur, dass das nicht mehr oder weniger chronisch anhält und sie dadurch depressiv wird. Das wäre nicht so schön. Hast du schon darüber nachgedacht, deine Freundin darauf anzusprechen oder hälst du das für unklug?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Wenn man sonst niemanden hat, was soll man dann machen? In meinen Augen ist es einer der großen Vorzüge des Erwachsenenlebens, dass man nach Herzenslust "kindisch" sein darf. Manche Leute können ihre kindlichen Neigungen dadurch tarnen und rechtfertigen, dass sie selber Kinder haben, und dass es entwicklungspsychologisch wertvoll ist, mit ihnen Lego oder Puppenhaus zu spielen. Andere machen es einfach so.

In diesem Fall finde ich es auch eher traurig, wenn man als Erwachsener wieder derart auf seine kindlichen Bewältigungsstrategien zurück geworfen wird, aber ich bin mir sicher, dass viele Leute jenseits der 18, oder 35, oder 55 noch Spielzeug und Stofftiere aus ihrer Kindheit haben und entsprechend verwenden. Es gibt nur keiner zu, aber allein schon die Existenz von Puppenkliniken und Teddy-Doktoren und ihrer Klientel spricht hier Bände.

Kurz: Manchmal geht es einem derart mies, dass man sich wieder an Kindheitserinnerungen klammert, um das Tief so zu überwinden. Wie schon erwähnt, greifen andere Erwachsene dafür zur Flasche, nehmen Drogen, haben riskanten Sex oder arbeiten bis zum Herzinfarkt. Verglichen damit ist ein Plüschwolf in meinen Augen harmlos, und solange man sich nicht über Monate hinweg vergräbt und irgendwann nur noch mit seinem Spielzeug redet, würde ich mir hier keine Gedanken machen. Und schon gar nicht würde ich einen Menschen belächeln, der an einem Spielzeug hängt wie andere Leute an ihrem Auto oder Handy.

» Gerbera » Beiträge: 11310 » Talkpoints: 47,17 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich muss zugeben, dass ich nicht weiß, wie ich das ganze ansprechen sollte, denn ich mache mir große Sorgen um sie. Ihr wurde aber auch wirklich übel mitgespielt durch ihren Ex-Freund, finde ich. Die Situation is sehr vertrackt. Es ist nun tatsächlich so, dass er auf Facebook Bilder postet, wie er mit seiner neuen Flamme auf dem Neubaugrundstück ist und dort werkelt. Ich finde das einfach unpassend, nach so einer langen Beziehung so schnell weiterzuziehen.

Ich weiß nicht, ob sie als Kind oft alleine gelassen gelassen wurde. Sie hat ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern und diese lieben sie auch wirklich. Der Vater war oft auf Geschäftsreise und die Mutter öfter krank, da kann es sein, dass meine Freundin gelernt hat, sich selbst zu trösten und dazu eben ihren Kuschelwolf gefunden hat.

Ob ich sie darauf ansprechen werde, weiß ich noch nicht, aber meine Partnerin und ich werden auf jeden Fall ein Auge darauf haben. Ich denke aber, dass es recht gesund ist, da sie ja tagsüber versucht, die Starke zu sein und sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr es sie mitnimmt, dass die Beziehung tatsächlich vorbei sein soll. Wenn es jedoch so weiter geht, werde ich ein vertrauliches Gespräch mit ihr führen.

» Lily » Beiträge: 173 » Talkpoints: 43,13 » Auszeichnung für 100 Beiträge



@Täubchen: Wie kommst du denn darauf, dass man an einem Kuscheltier nur hängt wenn die Eltern nie da gewesen sind und man alleine war? Das ist doch an den Haaren herbei gezogen. Was bringt es dir, wenn die Eltern und auch Freunde immer greifbar sind und waren, aber einen selbst nie verstanden haben?

Anwesenheit und Verstehen sind zwei paar Schuhe, und ganz ehrlich, es gibt niemanden der alles versteht da jeder seine Ansichten und auch Erfahrungen gemacht hat, die ein anderer nicht teilt. Dann sucht man sich jemanden der das "versteht", keine blöden Fragen stellt, nicht nachbohrt und das kann dann halt auch mal das treue Kuscheltier sein, welches einen vom Kindesalter an begleitet hat, immer verlässlich war, nie blöde Fragen gestellt hat, keine blöden Antworten und Ratschläge erteilt und einen immer versteht.

Es gibt genug Momente auch als Kind, da will man auch gar nicht von Mutti und Vati getröstet werden, auch nicht von Geschwistern und Freunden. Solche Situationen gibt es die man mit sich alleine ausmachen muss, kann und möchte. Dazu gibt es diese Kuscheltiere und nicht nur, wenn die Eltern mal nicht greifbar sind wenn das Kind traurig ist und sich dann daran klammert, oder auch im späteren Verlauf wenn das Kuscheltier immer noch Bestandteil ist. Warum sollte man das auch aufgeben müssen und sich an reale Menschen halten von hier auf jetzt? Nur weil irgendwann im Ausweis steht, du bist 18 Jahre alt und damit erwachsen und ein Kuscheltier ist nur etwas für Kinder?

Gerbera sagt es ja, viele haben so etwas noch bei sich Zuhause stehen und basteln damit. Manche tarnen es mit ihren Kindern und kaufen dann Spielzeuge, mit denen sie spielen wollen und die Kinder werden als Mittel zum Zweck missbraucht und gar nicht gefragt ob sie wollen. Das Spielchen sehe ich auch in der Familie, denn dort steht eine neue Kugelbahn von Fischer Technik die ab 9 Jahren laut Schachtel ist, das Kind ist 4 und kann damit nichts anfangen aber Papa hat damit richtig Spaß!

Im Gegensatz zu den erwachsenen Dingen die trösten wie wilder Sex, Blind Dates, Medikamente, Drogen, Alkohol ist das doch nun wirklich harmlos und warum sollte man direkt ein Fass aufmachen weil es gerade eine Phase ist in der sie den Wolf gerade braucht? Würde sie zur Flasche greifen von morgens bis abends oder die halbe Nacht sich damit zuschütten, dann ist das eher ein Grund etwas zu sagen als wenn jemand mit einem Kuscheltier spricht und damit sich den Ballast von der Seele redet.

Was du dir von einem vertraulichen Gespräch erhoffst weiß ich auch nicht. Mir scheint es, dir geht es darum, dass sie das Kuscheltier nicht "benutzen" sollte sondern auch Abends entsprechend ein Schauspiel abliefern soll, dass sie damit zurecht kommt. Warum? Es dauert seine Zeit, jeder hat seine eigene Verfahrensweise wie er damit umgeht, der eine schaut nach 1 Tag wieder nach vorne, der andere braucht 1 Jahr dafür.

Aber sich von anderen Leuten reinreden lassen was man zu machen hat, wie man das bewältigen muss weil es deren Methode ist, ist schon sehr anmaßend. Würde ich lassen, einfach nur Hilfe anbieten, da sein auch zum reden und auch mal ehrlich sagen, dass man kein Schauspiel abliefern muss am Tage wenn man damit nicht klar kommt. Aber sicherlich nicht auf dem Kuscheltier herum hacken und das als albern, unpassend oder kindisch betiteln.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich finde man kann das schon machen. Gerade wenn das Kuscheltier schon immer dabei ist, dann ist das ein Sorgenfresser und das finde ich vollkommen legitim und ich finde man muss da auch nichts sagen und ihr irgendwie das Kuscheltier verbieten, sondern sollte als Freundin eher Verständnis zeigen und versuchen sie mit positiven Dinge abzulenken und ihr zuzuhören, wenn sie es braucht. Es ist ja schon komisch, dass sie zwar bei euch wohnt, sie aber offensichtlich nicht mit euch redet darüber, was sie bewegt.

Nach 6 Jahren Beziehung darf man auch traurig sein, gerade wenn man zusammen gebaut hat und sich eine Zukunft vorstellen konnte. Das schmerzt sehr und da ist wohl jedes Mittel recht um wieder in die Spur zu finden und wenn das nun mal ein Kuscheltier ist, dann ist das auch okay.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


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