Künstliche Intelligenz für Ärzte inzwischen notwendig?

vom 07.03.2019, 05:11 Uhr

Laut Medienberichten hat Amazon gerade der Uniklinik der Eliteuni Harvard eine Künstliche Intelligenz geschenkt. Die KI soll den Doktoren bei der Diagnose und bei den Therapien der Patienten unterstützen. Dass so etwas auch in Deutschland eingesetzt wird ist zumindest mir bisher nicht bekannt. Meint ihr, dass Künstliche Intelligenz für Mediziner inzwischen notwendig ist? Oder ist das überflüssiger Luxus? Welche Vorteile und welche Nachteile seht ihr in KI in der Medizin?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Möchte hier eines von vielen denkbaren Szenarien willkürlich herausgreifen: Wenn jemand zum Hausarzt kommt, den dieser noch nicht genau kennt, sollte zunächst eine Krankengeschichte angelegt werden. Da liegt auch ein gewisses Problem. Den eine gründliche Anamnese, so heißt das wohl im Medizinerdeutsch, was man im Verlaufe einer ausführlichen Befragung zu Vorerkrankungen und den ganzen Symptomen, Operationen, Impfungen, Krankenhausaufenthalten, Verläufen, Komplikationen und Risiken, und so weiter herausfinden müsste, um eine halbwegs vorläufig relativ gesicherte Diagnose stellen zu können, dauert einfach zu lang.

Oft kommen daher Patienten von der Hausarztpraxis in die Poliklinik, weil der Hausarzt anhand der Schwere der Symptome eine Überweisung für richtig hält. In der Klinik wird dann oft das nachgeholt, was der Hausarzt durchaus auch selber hätte machen können, aber wegen Kostenpauschalen und so weiter nicht im wünschenswerten Maße machen kann: Es wird eine Anamnese also im Krankenhaus gemacht. Die dauert unter Umständen über eine Stunde und länger. Dabei werden die Fragen immer zielgerichteter und die Diagnose kann sozusagen eingekreist werden.

Zum Beispiel können folgende Dinge passieren: Ein Patient kommt mit Herzproblemen zum Hausarzt, er stellt die Verdachtsdiagnose Herzinfarkt, und die Klinik stellt dann zum Beispiel einen akuten Darmverschluss fest, der unverzüglich operiert werden muss. Insofern hat der Hausarzt schon richtig gehandelt mit seiner Überweisung in die Klinik. Nur die Ärzte im Krankenhaus verlegen dann von der Kardiologie zur Chirurgie, obwohl bei vernünftiger Anamnese auch dieser Zeitverzug hätte vermieden werden können. Manchmal zählt jede Minute.

Wenn jetzt eine künstliche Intelligenz die Arbeit der Anamnese verbessern könnte, könnte ich mir vorstellen, dass das einen Fortschritt bedeutete. Nur, die klinische Erfahrung des Anamneseerhebenden, der immer zielgerichteter fragt, zu ersetzen, das kann meines Erachtens keine KI. Die wird stur und eindimensional einen Fragebogen abhaken und vielleicht hie und da in ein Unterprogramm verzweigen, aber im Endeffekt nicht einen echten Arzt ersetzen können.

» Gorgen_ » Beiträge: 1152 » Talkpoints: 411,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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