Kritik an Entwurf für Psychiatriegesetz nachvollziehbar?

vom 17.04.2018, 18:19 Uhr

Die CSU-Regierung in Bayern hat einen Entwurf für ein neues Psychiatriegesetz ins Gespräch gebracht, wobei aber die Parteien und Verbände in Deutschland Sturm laufen. Kritiker sind der Ansicht, dass psychisch Kranke durch dieses Gesetz wie Straftäter behandelt würden, sobald sie für sich und andere eine Gefahr darstellen könnten. Wie denkt ihr über diesen Gesetzesentwurf? Könnt ihr die Kritik nachvollziehen oder findet ihr das maßlos übertrieben?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich kann die Kritik absolut nachvollziehen, denn im Gesetzesentwurf steht ja unter anderem, dass Ärzte einen depressiven Menschen gegen seinen Willen festhalten dürfen. Aktuell ist es so, dass Ärzte dies nur dürfen, wenn vom Patienten eine Gefahr für sich oder andere ausgeht.

Zum Verdeutlichen möchte ich gern mal ein Beispiel bringen. Als ich damals meine starken Depressionen hatte, hätte also meine Ärztin einfach sagen können, sie ist der Meinung ich muss in die geschlossene Psychiatrie. Ich hätte mich dann nicht dagegen wehren können und wäre einfach eingeliefert worden, obwohl ich keine Gefahr für mich oder andere war. Nur weil die Ärztin das so wollte bzw. der Meinung war das es mir hilft.

Stellt man sich das so vor, dann merkt man ja, wie wahnsinnig ungerecht dieses Gesetz ist und was für Grauzonen hier geschaffen werden.

» Bassaufdreher » Beiträge: 393 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Der Entwurf sieht vor, dass all jene der Polizei gemeldet werden, die in einer Behandlung stecken. Habe ich das soweit via Google heute oder so eben richtig gelesen? Es geht laut meinem Bericht und einem weiteren Artikel, den ich vorhin gelesen habe, also nicht darum, bestimmte Erkrankungen wie „Psychosen“ oder Patienten mit „sadistischen Gewaltfantasien“ etc zu melden, sondern wirklich jeden, der behandelt wird? Alter Falter, um es mal im klassischen Pottslang zu sagen, mir platzt da die Hutschnur.

Deutschland ist nicht nur ein krankes Land geworden, sondern komme ich mir frech gesagt langsam vor, als würde der Bürger immer weiter gläsern zu eigenen Gunsten und mit allen lächerlichen Begründungen werden. Hier werden jetzt Datensätze an die Rundfunkgebührenzentrale weitergeleitet, um die Bürger nochmals als gläsern zu machen. Nun möchte das Bundesland Bayern also jeden in psychischer Behandlung der Polizei melden, wo dann fünf Jahre die Daten gespeichert werden? Gehts eigentlich noch?

Wenn man mir jetzt sagen würde, dass dies nur bei Menschen mit „sadistischen Gewaltfantasien“ stattfinden würde, bei krankhaften Sexualsadisten etc. dann würde ich ja noch denken, okay, das ergibt irgendwo Sinn. Doch für mich ergibt es keinen Sinn, wieso jemand mit PTBS dort gespeichert werden sollte. Wieso jemand mit Depressionen dort gespeichert werden sollte. Dann würde ich, wenn ich in Bayern lebe, bald auch dort drin stehen? Ich sage ganz klar, dann beende ich meine Therapie gegen PTBS und lebe so weiter, wie ich es bisher immer getan habe und gehe meinem Job nach, fertig!

Ich finde es auch unglaublich anmaßend, dass man in dem Gesetzesentwurf den Bürger und seinen eigenen Willen bricht, indem man Ärzten das festhalten gegen den Willen nochmals erleichtert, wenn einem was nicht passt. Das kann zu Missbrauch führen, fehlgeleitetem Schutzverfahren und mehr. Denn erst einmal ist das bisher nur dann möglich gewesen, wenn von Patienten eine Gefahr ausgeht für andere und für sich selber. Jetzt wäre es dann viel leichter und das entmündigt einen Patienten noch mehr.

Im ernst, wer geht sich dann bald noch Hilfe holen? Ein Hartz IV Empfänger, das ist auch bewiesen, weist ebenfalls viele unterschiedliche psychische Erkrankungen auf und was wäre dann? Da geht doch keiner mehr da hin, dann ist das ein No-Go Kriterium für eine Jobsuche und mehr. Ein Depressionskranker geht nicht mehr zur Therapie, weil er Angst hat, weggesperrt zu werden und mehr.

Ich kann diesem Entwurf, wenn ich alles komplett richtig verstanden habe, gar nichts abgewinnen und finde das es vollkommen übers Ziel hinausschießt. Ich frage mich wirklich manchmal, wer sich diesen ganzen Mist langsam einfallen lässt? Politiker sollten sich mal da kümmern, wo Not am Mann ist und endlich was ändern, aber stattdessen lässt man sich etwas Neues einfallen, weil bei alten Problemen offenbar resigniert wird oder die zu dumm sind, was zu ändern oder lustlos.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



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