Krisentagebuch für den Corona-Winter
Die soziale Isolation und Existenzängste sind für viele Menschen gerade schwer zu akzeptieren und verarbeiten. Nun kommt auch noch hinzu, dass die Stimmung bei einigen in der kalten Jahreszeit nochmal ein Stück sinkt, manche sogar in einen sogenannten Winterblues verfallen.
Ein wichtiger Aspekt um nicht komplett in einem Tief stecken zu bleiben oder gar in Depressionen zu rutschen ist deshalb die Selbstfürsorge, klare Strukturen und ein geregelter Tagesablauf. Viele Menschen bekommen das mit Sicherheit ohne große Hilfe hin, andere wiederum können eine Hilfestellung gut gebrauchen. Eine sinnvolle Technik hierzu kann es sein ein Krisentagebuch zu führen.
Es wurde nun im Internet eine kostenlose Version eines Krisentagesbuches zur Verfügung gestellt, die einem zum einen Anregungen und Tipps gibt, wie man schlechten Gedanken und schlechter Laune entgegenwirken kann, und zum anderen auch leere Vorlagen für ein entsprechendes Tagebuch bietet.
Neben der Tageplanung kann man dort soziale Kontakte notieren und seine Erlebnisse niederschreiben. Es gibt dort außerdem die sogenannte "Achtsamkeitsampel", welche folgende Fragen klärt: Hast du gut und lang genug geschlafen?, Wie geht es dir?, Wie gesund hast du dich ernährt?, Hast du genug getrunken?, Hast du dich genug bewegt?, Hast du etwas Schönes für dich gemacht?, Hast du deine sozialen Kontakte gepflegt? und Wie hoch ist dein Stresslevel?.
Wie findet ihr ein solches Krisentagebuch? Was haltet ihr von dieser "Achtsamkeitsampel"? Welche Punkte könnte man zusätzlich bei dieser "Ampel" mit aufnehmen? Wäre das für euch vorstellbar, täglich euren Tag so niederzuschreiben?
Geregelte Tagesstrukturen mag ich gerade nicht und finde es schön, wenn man nicht immer einen festen Ablauf hat und auch mal um fünf schlafen geht und dann bis mittags schlummert. Ob Menschen unbedingt feste Strukturen brauchen, da bin ich mir nicht so sicher. Das wird zwar immer wieder behauptet, aber warum soll es gut sein, immer wieder alles zur gleichen Zeit zu machen und warum soll es schlecht sein, genau das nicht zu tun?
Auch das mit den sozialen Kontakten, manchmal ist es schön, Kontakte zu pflegen, manchmal ist es anstrengend und man will eher Zeit für sich. Aber irgendwie spürt man das doch und muss sich nicht extra motivieren, Kontakte einzurichten. Selbst wenn man nun live nicht mehr so viele Leute sieht, ist es doch auch online oder telefonisch möglich, sich auszutauschen.
Tagebuch-Schreiben finde ich an für sich nicht schlecht. Das kann tatsächlich etwas für ruhige Stunden sein. Da bräuchte ich aber keine Vorlage, da würde auch ein leeres Notizbuch genügen.
Ich glaube schon, dass das helfen kann, wenn man dazu neigt sich in eine Krise zu begeben, weil es Winter wird oder nun auch wegen dem Corona. Immerhin muss man einfach schauen, was einen wirklich gut tut und was nicht. Man darf sich ja nun nicht in ein Loch fallen lassen, nur weil Corona aktuell ist und man weniger machen kann. Dann muss man eben andere Dinge machen und sich auch selber im Blickfeld haben. Das ist nun mal gerade alles anders und man muss Wege finden damit umzugehen und so ein Tagebuch kann daher eine gute Hilfe sein.
Feste Strukturen sind schon wichtig, gerade wenn man zu Depressionen oder depressiven Phasen neigt. Aber genauso wichtig ist es auch, sich einfach mal gehenlassen zu dürfen und meinetwegen den Tag zu verschlafen oder mal Nichts zu tun.
Ich finde so ein Krisentagebuch schon wichtig und zwar nicht nur für den Corona-Winter. Ich bin ja teilweise selbst betroffen und teilweise hat das Aufschreiben bestimmter Ereignisse mir schon sehr geholfen, auch um einen Perspektivwechsel zu erlangen. Man muss ja nicht jeden Tag etwas eintragen, aber Situationen, die einem wichtig sind oder die einen betroffen machen, sollten eingetragen werden. Aber auch schöne Momente, damit man nicht alles negativ betrachtet.
Für mich ist es vor allem eins: ein Werbegeschenk eines Kalenderherstellers, der schon vor Jahren auf den ganzen Achtsamkeits-Kram aufgesprungen ist und seine Produkte absichtlich betulich-alternativ bewirbt und vertreibt. Da kommen eben die üblichen Heilsversprechen, die biederen Zitate und die schlichte Erkenntnis, dass sich viele Leute besser fühlen, wenn zwar die Welt brennt, sie aber brav ihren Wasserkonsum über den Tag hinweg dokumentiert haben und so die Illusion von Kontrolle und Ordnung wahren können.
Ich mag zwar schöne Kalender und Planer auch, aber mein Geschmack ist die ganze Küchenpsychologie nun auch wieder nicht. Außerdem muss man sich das Ding selber ausdrucken, wenn schon Werbegeschenk, dann hätte ich lieber ein schönes, gebundenes Notizbuch. Schön verarbeitet und nachhaltig sind die Produkte dieses Unternehmens nämlich durchaus. Aber ich finde es ehrlich gesagt eher geschmacklos, den Leuten, die sich wegen Corona stressen, die eigenen Lebensweisheiten unterzujubeln, die sich rein zufällig mit den entsprechenden Produkten am besten umsetzen lassen.
Ich finde die Idee hinter diesem Tagebuch gar nicht schlecht. Über die Ausführung, das Design und die Wirksamkeit lässt sich sicher debattieren, aber das Konzept integriert einige etablierte Methoden aus der Psychotherapie von Depressionen: Tagesstrukturierung, Selbstfürsorge, positive Aktivierung und Lenkung des Fokus auf angenehme Dinge.
Noch dazu hat das Format dadurch, dass es wirklich jeden Tag aufs Neue zum Ausfüllen einer Seite aufruft, einen gewissen Verbindlichkeitscharakter, der einen motiviert, das Programm aufrecht zu erhalten. Wer sich also mit etwas Elan und Vertrauen in das Erfolgsversprechen gewissenhaft daran versucht, wird vielleicht auch einen Nutzen daraus ziehen können.
Selber würde ich mir so ein Tagebuch nicht holen, aber ich setze vieles darin enthaltene bereits bewusst oder unbewusst in meinem Alltag um. Ich achte auf einen festen Schlafrhythmus, regelmäßige Bewegung und ausreichende Ernährung, gehe so oft es möglich ist privaten Hobbies nach und interagiere täglich mit Sozialkontakten, sowohl direkt mit meinem Partner als auch indirekt über WhatsApp und Telefon mit Freunden und Familie.
Eine Art „Positivtagebuch“ beziehungsweise Dankbarkeitsübung habe ich täglich in Form meines Journals, das ich nunmehr seit drei Jahren kontinuierlich führe. Daher wäre dieses Tagebuch für mich eher obsolet, aber für jemanden, der mit den Methoden bisher noch nicht vertraut ist, sicherlich eine mögliche Option. Und da es noch dazu gratis ist, macht man damit erstmal nichts falsch.
Klingt nach der guten alten "Bullet Journal" Idee, die vor ein, zwei Jahren mal ein großer Trend im Internet war. Oft sehen diese Seiten wirklich schön aus und sind für die Besitzerinnen wahrscheinlich einfach eine Möglichkeit sich künstlerisch zu betätigen, aber für mich wäre das viel zu aufwendig. Es besteht auch kein Grund warum ich zum Beispiel aufschreiben sollte wie viel ich getrunken habe. Ich habe keinerlei gesundheitliche Probleme in dem Bereich, selbst wenn ich echt viel Stress habe meldet sich mein Körper wenn er Wasser braucht.
Zitronengras hat geschrieben:Ob Menschen unbedingt feste Strukturen brauchen, da bin ich mir nicht so sicher. Das wird zwar immer wieder behauptet, aber warum soll es gut sein, immer wieder alles zur gleichen Zeit zu machen und warum soll es schlecht sein, genau das nicht zu tun?
Die wissenschaftliche Theorie dahinter ist, dass man über Routinen nicht nachdenken muss und keine Entscheidung treffen muss und dadurch mehr Kapazität für die wichtigen Entscheidungen hat. Je mehr Entscheidungen man treffen muss desto schlechter werden die Entscheidungen nämlich, nennt sich "decision fatigue".
Aber ob das in jedem Fall sinnvoll ist, ist halt die Frage. Mir ist zum Beispiel durchaus klar, dass ich meine Kleiderwahl vereinfachen könnte und, dass es prominente Beispiele gibt, die das gleiche T-Shirt 20 mal oder so besitzen damit sie sich nicht entscheiden müssen welche Farbe sie heute tragen. Aber ich wäre damit absolut nicht glücklich.
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