Krankenhäuser am Limit - seht Ihr Euch gut versorgt?

vom 10.12.2022, 18:58 Uhr

Vor wenigen Tagen musste ich die schreckliche Erfahrung machen, dass ein Familienmitglied mit Herz-Rhythmus-Störungen und akuter Luftnot per Blaulicht und Notarzt ins Krankenhaus gebracht wurde, aber dort über zwei Stunden auf eine adäquate Behandlung warten musste. Lediglich eine Beatmungsmaschine und etwaige Medikamente wurden vorsorglich eingesetzt. Auch im Entlassungsbrief stand ganz klar, aufgrund von mangelnder Kapazitäten musste die Patientin entlassen werden.

In den Medien wird indes die Überbelastung durch Corona, fehlendes Personal und vermeidbaren Krankenhausgängen durch „Husten/Schnupfen & Co“ erneut diskutiert. Nicht zuletzt auch aufgrund dessen, dass die Kinderkliniken derzeit überfüllt sind, weil sich das RS-Virus stark verbreitet.

Die Sorge vieler ist daher nur allzu verständlich, was denn passiert, wenn es sich bei ihnen ein Notfall ereignet. Viele Menschen haben berechtigt Sorge, dass sie gar abgewiesen werden, nicht richtig behandelt werden oder sogar wie mein Familienmitglied nach Hause geschickt werden, wo dies jedoch dann wiederum fatale Folgen haben könnte.

Daher stelle ich mir generell immer die Frage, ob wir uns alle noch in guten Händen wissen können, wenn es um die Krankenhäuser geht, welche eindeutig überbelastet und unterbesetzt sind? Habt Ihr da noch ein gutes Gefühl Eurer Gesundheit gegenüber oder seid Ihr da auch etwas skeptisch, was wäre, wenn sich bei Euch ein Notfall ereignet?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich finde es sehr schwierig, dir darauf eine gute Antwort zu geben. Grundsätzlich fühle ich mich jedoch gut versorgt. Mein Hausarzt ist für mich immer erreichbar und trotz Personalmangel sehe ich die Akutkrankenhäuser bei uns ganz gut aufgestellt. Es gibt hier auch hochspezialisierte Krankenhäuser, wie zum Beispiel die psychiatrische Klinik, aber dort werden auch teilweise Coronapatienten oder andere Patienten sporadisch und vorübergehend untergebracht, was nichts Schlimmes ist, denn sie kommen mit den psychisch erkrankten Patienten nicht in Kontakt und die Zimmer sind genauso eingerichtet, wie in einer normalen Klinik.

Dass es vielen so wie deinem Familienmitglied ergangen ist, habe ich aber auch in den letzten drei Jahren häufiger mitbekommen. Da wurden Erkrankungen aufgrund der personellen Überlastung oder gar wegen Regelungen der Krankenhäuser gar nicht erkannt. Das ärgert mich manchmal auch sehr, denn oft wurde falsch entschieden. Ich wurde selbst auch teilweise fehlgehandelt und habe auch heute noch Probleme, mit denen ich mittlerweile leben muss.

Trotzdem bin ich der Meinung, dass man keine Angst haben sollte, ein Krankenhaus aufzusuchen, wenn wirklich Not am Mann ist. Für Einige ist die Erkältung schon ganz schrecklich, andere gehen erst zum Arzt, wenn sie den Kopf unter dem Arm tragen. Ich selbst bin im Rettungsdienst unterwegs und arbeite im Gesundheitswesen und bekomme so manches Leid leider hautnah mit. Wir alle tun unser Möglichstes, dabei passieren aber auch mal Fehler und Fehleinschätzungen, aber grundsätzlich ist die Versorgung in Deutschland noch gut. Also bei mir hat selten ein Patient auf dem Flur gewartet und auch der RTW kam sehr schnell an die Reihe, das Maximum war bei uns im Team mal 15 Minuten.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12585 » Talkpoints: 9,82 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Die Unterbesetzung trifft es wohl eher. Denn Betten, auch Intensivbetten sind ausreichend vorhanden. Nur fehlt es seit Jahren an Personal, um alle Betten nutzen zu können. Das liegt einfach an der Vergütung durch die Krankenkassen und dass man Krankenhäuser mittlerweile wie ein Wirtschaftsunternehmen führt.

Bei der Bezahlung soll ja nun endlich eine Reform kommen. Aber ob das wirklich eine Verbesserung bringt, wird man erst in Zukunft sehen. Ich gehe davon aus, dass das Personal, was weg ist, nicht mehr zurück kommt. Die haben sich andere Jobs gesucht, wo sie oftmals nicht nur besser verdienen, sondern auch vernünftige und planbare Arbeitszeiten haben.

Übrigens sind die Probleme nicht erst durch Corona entstanden, sondern wurden dadurch erst mal für die Bevölkerung wirklich sichtbar. Dass manche Menschen, wegen einen kleinen Schnitt in den Finger gleich in die Notfallambulanz fahren oder gar den Rettungsdienst bestellen, ist auch nicht neu. Auch Erkrankungen, welche eher was für den normalen Bereitschaftsarzt sind, landen in der Notfallambulanz, weil die einfach näher liegt, als der zuständige Arzt.

Wenn ich mir bei uns die Notdienste anschaue und sehe, dass ich bei einem Problem mit den Augen bis Chemnitz muss, obwohl wir hier auf dem Krankenhausgelände ein MVZ für die Augenerkrankungen habe, dann kann man nur hoffen, dass man am Wochenende da keinen Notfall hat, wofür man erst mal 80 km fahren muss.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich muss sagen, dass ich mir generell im Alltag diese Sorgen eher weniger mache und Medien in diese Richtung auch meide. Viel eher finde ich es traurig, dass einige Personen, die es selbst nicht betreffen, sich in entsprechende Themen hineinsteigern und teilweise auch Halbwahrheiten im Netz verbreiten. Das trifft natürlich nicht für die Personengruppen zu, die wirklich versuchen etwas zu ändern (abseits von Facebook-Kommentaren oder Aufregern im Verwandtenkreis) oder die selbst betroffen sind, beispielsweise auf Grund von eigenen Erfahrungen oder da sie im Gesundheitssystem arbeiten.

Was meine persönliche Einschätzung angeht, bin ich hier sehr hin- und hergerissen. Einerseits muss ich sagen, dass wir in Deutschland wirklich Glück mit unserem Gesundheitssystem haben. Selbst in vielen anderen Ländern in Europa sieht es anders aus. Die Krankenhäuser sind teilweise noch in hygienisch schlechten Umständen, noch überbelegter, noch unterbezahlter und nicht mit dem "Luxus" bei uns zu vergleichen. Auch bekommt bei uns immerhin jeder eine Behandlung bezahlt, was für viele andere Länder schon absolut wünschenswert wäre.

Zugleich hatte ich selbst seit ich 16 bin diverse Jobs im Gesundheitssystem - in verschiedenen Positionen - und habe unter anderem ehrenamtlich in der Pflege direkt aber auch im Krankenhausmanagement und der Gesundheitswissenschaft mitgearbeitet. Gerade nach meiner Arbeit im Krankhaus, habe ich beschlossen, dass ich nicht weiter damit leben kann, dass man nahezu dazu gezwungen wird Menschen "auszubeuten". In der Pflege sind einfach viel wenige Leute und diese, gerade in Extremsituationen, enorm am Limit. Daran sollte ich definitiv etwas ändern.

Auch habe ich sehr negative Erfahrungen was die ambulante ärztliche Versorgung angeht. Hier muss ich allerdings sagen, dass es sehr von der Region und Stadt abhängig ist. Ich bin aufgrund von Ausbildung und Studium mehrmals umgezogen. In einer größeren Stadt, in der ich gewohnt habe, war es absolut kein Problem, einen Hausarzt zu finden. Hier lief es umso schlimmer als ich in einer akuten Situationen einen Facharzt gebraucht hätte. Ebenso hatte ich kein Problem in der Kleinstadt aus der ich komme. Natürlich gibt es hier immer weniger Ärzte aber ich wurde ohne Probleme zugelassen.

Nach einiger Zeit bin ich dann in einer mittelgroßen Stadt gelandet und hier entpuppte sich die Arztsuche als reine Katastrophe. Nach einem Frauenarzt - einfach nur für regelmäßige Check-ups - habe ich über 2 Jahre gesucht. Dann eröffnete eine neue Praxis und ich habe noch vor der Eröffnung angerufen und daher einen Termin bekommen. Beim Hausarzt lief es ähnlich und nur durch einen glücklichen Umstand habe ich diesen dann überhaupt gefunden. Vorher wurde ich von 8 Ärzten abgewiesen und musste immer, wenn es mir akut schlecht ging darauf hoffen, dass mich irgendein Arzt dran nimmt. Theoretisch ist es ja hier auch so, dass Akutpatienten behandelt werden sollten, in der Praxis habe ich das jedoch häufig anders erlebt.

Auch Horrorgeschichten, ähnlich wie vom Threaderstellenden dargestellt, sind mir durchaus bekannt und machen natürlich gewisse Ängste in der gesamten Gesellschaft. Darüber hinaus denke ich aber, dass man Fälle von einem Krankenhaus oder gar einer Schicht nicht auf die Allgemeinheit übertragen kann. Eine gute Freundin von mir hat durch eine chronische Erkrankung viele Krankenhausbesuche hinter sich - auch einige wirklich akute - und von sofort behandelt bis hin zu 3 Stunden Wartezeit war auch innerhalb von Corona und Krise alles dabei.

» bambi7 » Beiträge: 1248 » Talkpoints: 16,84 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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