Könnt ihr jeder Krankheit etwas Positives abgewinnen?
Ich bin leider eher pessimistisch veranlagt, so dass ich aus Krankheiten bisher auch nie wirklich etwas Gutes ziehen konnte. Eine Bekannte von mir ist da ganz anders. Ich habe sie schon immer wegen ihrer positiven Ausstrahlung bewundert und finde es wirklich faszinierend, wie positiv sie immer denkt. Ich wünschte, ich wäre in dieser Hinsicht wenigstens etwas mehr wie sie.
Lag sie mit Magen-Darm-Grippe im Bett, freute sie sich, dass sie dadurch wenigstens etwas abnehmen konnte, ohne sich groß anstrengen zu müssen. Wurde sie krankgeschrieben, freute sie sich immer, dass sie Zeit zum Lesen fand und nicht zur Arbeit musste. Nun hatte sie vor einiger Zeit Brustkrebs, wobei sie dennoch absolut positiv durchs Leben geht.
Sie meinte, dass sie sich durch die Krankheit nicht unterkriegen lassen möchte. Sie würde sich nun stattdessen auf die Reha freuen. Außerdem hätte ihr die Krankheit nur gezeigt, wie wichtig es ist, das Leben zu genießen, so dass sie ihr Leben nun grundlegend ändern möchte, wenn sie von der Reha nach Hause kommt.
Könnt ihr auch aus jeder Krankheit etwas Positives ziehen? Seht ihr in Krankheiten auch immer einen positiven Effekt oder seid ihr dafür auch viel zu pessimistisch?
Ich sehe immer die positiven Seiten meiner Erkrankungen. Da es sich hier nicht nur um banale Infekte handelt, sondern um schwerwiegende Erkrankungen, kann man so deutlich besser mit umgehen. Ändern bzw. die Krankheiten abbestellen geht ja nicht. Ergo muss ich mich damit arrangieren und das beste daraus machen.
Ich kann da nichts Positives daraus sehen. Gerade, wenn man Magen Darm hat, kann ich mir nicht vorstellen wie man lächelnd über der Schüssel hängt und sich seines Lebens freut. Natürlich kann man sich freuen, wenn man so etwas wie Krebs überlebt hat und danach macht man sich auch positive Gedanken zum Leben, aber bei einer normalen Erkrankung verspüre ich das nicht. Es ist eben so und ich muss kurze Zeit damit leben, aber ich sehe daran nun auch nichts besonders Positives.
Zwischen Brustkrebs und "Magen/Darm" besteht aber schon ein gewisser Unterschied, nicht wahr? Wenn man sich nichts Schlimmeres als Magen/Darm vorstellen kann, erscheint es natürlich relativ absurd, die positiven Aspekte einer inneren Durchspülung an beiden Enden in den Vordergrund rücken zu wollen. Obwohl das bestimmt entschlackt, und wenn man drei Tage lang nichts isst, hat man auch schon wieder ein Kilo runter! Das ist doch positiv, oder nicht?
Aber Ironie beiseite: Bei Licht besehen ist es ja schon ein positiver Gedanke, wenn man weiß, dass die Grippe nach einer Woche spätestens ausgestanden ist. Ich selber habe natürlich auch schon mehr gelacht als zu den Zeiten, als ich mit Tee und Aspirin im Bett gelegen bin, aber ich war beispielsweise froh, dass mein Arbeitgeber großzügig mit Krankmeldungen ist und ich mich richtig auskurieren kann und nicht halb krank wieder in den Zug steigen muss.
Und wenn man langwierige, chronische oder gar so unberechenbare Krankheiten wie Krebs hat, die nicht nach einer Woche ausgestanden sind (So was gibt es wirklich!), würde man ja langfristig durchdrehen und sich am Dachbalken aufhängen, wenn man sich nur auf die schlimmen Seiten konzentriert, die so eine Krankheit leider mit sich bringt. Es heißt ja immer, gerade bei Krankheiten solle man "positiv denken". Deswegen finde ich es nachvollziehbar und logisch, wenn sich jemand beispielsweise darüber freut, trotz Chemo einen guten Tag zu haben und diesen nicht mit Jammern und Lamentieren zubringt. Aber dies ist natürlich eine Haltung, die man sich erarbeiten muss, und die einem nicht von selber zufliegt.
Wenn ich mit Magen Darm den ganzen Tag im Badezimmer vor meiner Toilette sitze und nicht weiß ob es nun oben oder unten als nächstes kommt, dann habe ich sicherlich andere Gedanken als mich zu freuen, dass ich damit einige Kilogramm abspecken kann. Positives ist daran eigentlich eher, dass es irgendwann wieder vorbei geht und man seine Ruhe hat und nicht im Badezimmer nächtigt, weil der Weg auf die Toilette zu weit wäre vom Bett aus.
Brustkrebs ist da schon eine ganz andere Hausnummer und was willst du da positives abgewinnen von Anfang an? Will man sich da sagen, "ach ich krieg neue Brüste gemacht wenn die abgenommen werden" oder wie soll man sich daran erfreuen können wenn die Diagnose gestellt wird? Als mir das gesagt wurde, hatte ich auch anderes im Kopf als mich darüber zu "freuen" oder mich auf chirurgisch neu geformte Brüste zu freuen.
Unter der Chemo und Bestrahlung gibt es auch beschissene Tage und auch ansonsten ist nicht alles toll, dass man gar nicht alles positiv sehen will und kann. Liegst du mit stärksten Schmerzen im Bett, es fühlt sich an wie tausend Nadeln in deinem Körper und kein Schmerzmittel schlägt an, dann wirst du dich auch nicht darüber "freuen" sondern nur hoffen, dass du bald den Löffel abgibst damit das ein Ende nimmt oder das ganze vorbei geht. Lachen konnte ich darüber jedenfalls nicht.
Selbst die Freude über neu gemachte Brüste hat sich doch sehr im Zaum gehalten. Sicherlich sehen diese nun toller aus als das Original, man konnte machen lassen was man sich vorgestellt hat aber es sind halt nicht die eigenen. Mehr Schein wie sein und dennoch fehlt etwas, auch wenn optisch alles wieder vorhanden ist und es der Männerwelt auch zu gefallen scheint.
Etwas anderes ist es wenn man wegen einem kleinen Furz direkt zwei Wochen Zuhause bleiben darf, es einem nicht wirklich schlecht geht und man das als Freizeit bezeichnen kann anstatt arbeiten zu müssen. Dann kann ich dem auch einfacher etwas positives abgewinnen, als wenn ich kotzend über der Schüssel hänge oder eine Chemo mitmachen darf. Man zeigt seinem Umfeld nicht immer wie schlecht es einem wirklich geht und so ein flapsiger Spruch kann auch dazu beitragen, damit man seine Ruhe vor anderen hat als wenn man nur jammert wie schlecht es einem geht.
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