Kleiner Auszug aus meinem Buch Uccellino - der Forensiker

vom 29.11.2015, 16:23 Uhr

Ich möchte Euch eine kleine abgeschlossene Nebengeschichte aus meinem Buch "Uccellino - Der Forensiker" vorstellen und wieder eine kleine Umfrage am Ende durchführen. Viel Spaß mit dem Text.

Balra zog seine alte Vespa aus dem sperrigen Holzverschlag. Den Anhänger koppelte er ab, der würde ihn nur aufhalten. Mühsam schob er den Roller auf die Hauptstraße, um die Nachbarn nicht durch den Anlasser zu stören. Entschlossen drehte er den Zündschlüssel, aber es tat sich nichts. Missmutig bockte er den Roller auf, stellte sich auf die linke Seite und begann die Vespa anzutreten. Spotzend kam sie langsam. Es qualmte aus dem Auspuff. Die Luft anhaltend betrachtete er das Hinterrad.

Langsam begann es, sich zu drehen. Endlich. Er war zufrieden. Licht ging in einer Wohnung an. Unbehaglich ließ er den Gasgriff los und schob die Vespa schnell um die Straßenecke. Erneut bockte er sie auf. Warum war er nicht einfach losgefahren? Wieder trat er auf den Kickstarthebel. Laut aufbrüllend sprang die Maschine an. Schwungvoll stieg er auf und brauste los. Das Visier seines alten Helmes ließ er offen. Er liebte es, den Fahrtwind im Gesicht zu spüren.

Allerdings flogen immer wieder kleine Schwärme von Fliegen in der Luft und so biss er bald die Lippen zusammen, um diese nicht einzuatmen. Bald bog er in die Straße, die zu seinem ehemaligen Heimatdorf, Lucca, führen würde. Er genoss es, die Küstenstraße entlangzufahren. Nach einem Blick in die Runde bog er kurzerhand auf die Autobahn ein. Eilig klappte er sein Visier zu. Mit seiner Vespa schaffte er die Strecke in knapp 2 Stunden und er war um 5 Uhr da. Gleich nach der Autobahn klappte er das Visier wieder hoch und fuhr etwas langsamer.

Als er endlich in die „Piazza dell‘ Angela Custello“ in Lucca einbog, jauchzte er leise vor Freude. Doch nur kurz, denn ein Insekt hatte sich in seine Fahrbahn verirrt. Es klatschte gegen die Unterkante seines Visiers und taumelte direkt in seinen offenen Mund. Balra hatte das Gefühl, dass es ein großer Käfer sein musste, der jetzt an seinem Mundrachen klebte. Er verringerte die Geschwindigkeit auf 30 Kilometer die Stunde und räusperte sich. Es half nichts. Er hatte das Gefühl, dass sich das Insekt hinter seinem Gaumenzäpfchen Schutz vor dem Fahrtwind suchte. Einen Platz zum Anhalten fand er so schnell nicht. Er röchelte angeekelt.

Mit ausladender Bewegung steckte er sich schließlich den Zeigefinger der linken Hand in den Mund. Das war bei dem Helm gar nicht so einfach, sodass er mit abgespreiztem Zeigefinger mehrere Versuche brauchte. Es wirkte, als wedele er in der Luft herum. Die Polizeistreife am Wegesrand übersah er. Durch seine Bemühungen abgelenkt, begann er Schlangenlinien zu fahren. Gerade einmal 15 Stundenkilometer zeigte sein Tacho an, als die Streife ihn anhielt. Balra nahm den Helm ab und spuckte aus. Zu spät wurde ihm bewusst, dass der Beamte dies als Beleidigung auffassen könnte.
„Entschuldigen sie, ich habe eine Fliege verschluckt.“
„Hm.“
Beide schauten auf den Spuckfleck.
„Besser jetzt?“
Balra nickte.
„Papiere bitte und steigen Sie mal ab.“
Balra stieg ab und der Beamte griff zur Bremse seiner Vespa. Er zog daran.
„Die ist herunter, müssen Sie reparieren lassen. Wo kommen sie her?“
Balra antwortete.
„Wenn sie aus dieser Richtung kommen, sind sie über die Autobahn gefahren.“
„Aber nur ein kleines Stück!", begehrte Balra auf.
Der Blick des Beamten sprach Bände.
„Ihre Vespa ist dafür nicht zugelassen!“
Balra schwieg.
„Licht hatten sie während der Fahrt auch nicht an!“
„Hören sie, meine Freundin ist gestorben, ich bin etwas durch den Wind. Verzeihen sie, ich kümmere mich um die Maschine.“
Der Beamte schwieg ernüchtert, überlegte.
„Wegen der Bremse müssen sie umgehend etwas tun!“
Balra nickte und setzte seinen Helm wieder auf.
Glück gehabt.

Über Eure Anregungen und Meinungen würde ich mich wahnsinnig freuen, egal ob in der öffentlichen Diskussion oder per PN.

» Wic » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 30.11.2015, 12:47, insgesamt 2-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Gefällt mir eigentlich ganz gut, löst in mir eine gewisse Spannung aus und ich würde gerne erfahren, was vorher passiert ist und was nachher noch passieren wird, von daher hast du eigentlich alles richtig gemacht. Wenn ich mal wieder etwas Kleingeld auf meiner Kreditkarte habe, werde ich dein Buch kaufen, habe gerade gesehen, dass es als Ebook verfügbar ist.

» Bascolo » Beiträge: 3586 » Talkpoints: 0,29 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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