Kleidung bei anderen ungefragt richten?

Vermutlich kennt jeder das Bild aus alten Filmen, wenn die treusorgende Ehefrau dem Gatten die Krawatte noch mal bindet oder den Kindern der schief sitzende Kragen der Jacke ordentlich gerichtet wird. Jetzt frage ich mich gerade, wie verbreitet so ein Verhalten wirklich ist.

Ein Bekannter hat eine Nachbarin, die das bei ihren Kindern so tatsächlich noch tut, obwohl diese Kinder mittlerweile halbwegs aufgewachsene Teenager sind, und auch beim Ehemann wird ungefragt ordentlich gezupft und gerichtet, bevor das Haus verlassen wird. Ich persönlich gebe zu, dass ich das eher überraschend finde, und mich das auch ziemlich nerven würde, wenn meine Mutter derart an mir bzw. meiner Kleidung zupfen würde.

Allerdings ist das auch wirklich der erste Mensch, bei dem ich das so mitbekommen habe, ich hielt das immer für ein nicht mehr existentes Klischee. Habt ihr so etwas schon mitbekommen oder macht ihr das vielleicht bei eurer Familie auch manchmal so? Würde euch das stören, wenn enge Angehörige das tun? Wie verbreitet ist diese Eigenart?

Mich würde das schon sehr stören, denn ich mag es nicht ungefragt angefasst zu werden auch wenn die Absicht dahinter eine andere ist. Für mich hat das auch nichts mit treuer und sorgender Ehefrau zu tun, die dem Mann die Krawatte richtet oder den Kindern das Hemd in die Hose steckt. Jeder muss selbst sehen wie er durch die Gegend läuft, dafür gibt es einen Spiegel um das selbst zu richten. Teilweise ist es auch so gewollt, dass das Hemd auf einer Seite aus der Hose schaut und da sorgt jemand der daran zieht und zerrt nur für unnötig Ärger und Stress.

Erlebt habe ich das bislang nur einmal auf Arbeit, als eine Kollegin den Kragen von meinem Poloshirt ungefragt nach draußen gezogen hat, da ich gerade beim umziehen war und noch nicht fertig gerichtet. Ich habe sie alleine aus Reflex dermaßen angefahren, dass sie mich seither sogar meidet. Ich bin eine erwachsene Frau und kann meine Kleidung selbst richten, dazu brauche ich niemand anderen der mich ungefragt betatscht. Etwas anderes ist es, wenn ich darum selbst bitten würde oder meinen Gegenüber fragen würde ob das zusammen gut aussieht und wo noch etwas zu verbessern wäre.

Bei meinem neuen Arbeitgeber wird es das ganze nicht geben, denn dort darf man niemanden ungefragt anfassen da es direkt als sexuelle Belästigung gewertet wird. Entsprechend muss vorher immer gefragt werden, ob man den anderen berühren darf. So etwas finde ich eigentlich auch normal und gehört zum Anstand, denn ich kenne niemanden der einfach ungefragt betatscht werden möchte, noch nicht einmal von der eigenen Familie. Dort wird meistens aus reiner Höflichkeit nichts gesagt oder es wird hingenommen, da man es nicht anders kennengelernt hat.

Ich denke es ist in Ordnung wenn man die Kleidung von Familienmitgliedern oder vom Partner richtet. Hier und da lege ich gerne mal Hand an, um die Hose von meinem Freund hochzuziehen damit die Boxershorts nicht für die gesamte Bevölkerung sichtbar ist. Es ist mir durchaus unangenehm wenn mein Partner so rumläuft. Bisher habe ich keine negative Rückmeldung bekommen, wenn ich an der Kleidung etwas gerichtet habe.

Allerdings würde ich es niemals dulden wenn jemand das bei mir macht. Nur sehr ungerne werde ich von anderen Menschen berührt. Dabei ist es egal ob es die eigene Familie, enge Freunde oder Unbekannte Menschen sind.

Ich habe auf meinem Rücken ein Tattoo und wurde einmal im Schwimmbad einfach von einer Unbekannten Person berührt. Es war mir äußerst unangenehm und dies habe ich der Person auch umgehend mitgeteilt. Die Person hat sich daraufhin entschuldigt, doch ich könnte mich heute noch immer darüber aufregen.

Da ich in der Klinik gewesen bin und dort an einer Gruppentherapie teilgenommen habe, durfte ich von verschiedenen Menschen erfahren wie unterschiedlich die Bedürfnisse nach Nähe und Distanz sind. Der Grundstein hierfür wird bereits in der Kindheit gelegt.

Ich habe daraufhin für mich entschieden, dass es okay ist wenn man nicht von anderen Menschen berührt werden möchte.Es spielt keine Rolle, ob jemand mein Tattoo anfasst, durch meine Haare wuschelt oder meine Kleidung richten möchte. Ich möchte einfach nicht von anderen Menschen berührt werden habe aber selber kein Problem damit andere Menschen zu berühren und zum Beispiel deren Kleidung zu richten.

Die Logik ist mir nicht klar, du ziehst deinem Partner die Hose hoch und möchtest aber zeitgleich nicht, dass dich jemand ungefragt betatscht? Also ist es für dich vollkommen in Ordnung, wenn du andere Leute ungefragt betatschst und die Kleidung richtest, aber wenn es jemand anderes bei dir machen würde dann ist es ein Weltuntergang?

Es tut mir Leid, kann ich nicht nachvollziehen diese Argumentation, entweder man findet es in Ordnung und lässt es auch bei sich zu. Oder man sieht komplett davon ab und fummelt auch nicht an anderen Personen ungefragt herum und zieht denen die Hosen hoch wenn man es selbst bei sich schon nicht mag.

Denn im Kindergarten lernt man schon den Spruch "Was du nicht willst, dass man dir was tut, das füge auch keinem anderen zu". Passt hier auch wunderbar, wenn du damit ein Problem hast angefasst zu werden dann gehört es sich auch nicht an jemand anderen ungefragt zu fummeln, egal ob es sich dabei um den eigenen Partner handelt oder nicht.

Ich finde es geradezu übergriffig, einen anderen Menschen unangekündigt anzugrabbeln, um etwa einen Fussel zu entfernen oder was auch immer. In meinen Augen ist das infantilisierendes Verhalten und nur einen Schritt davon entfernt, dass man sich das Taschentuch mit Spucke anfeuchtet und damit dem Gegenüber ins Gesicht fährt.

Die einzige Person, bei der es mir nichts ausmacht, wenn sie unkommentiert etwa lose Haare von meinem Pullover zupft, ist mein Partner, und der darf auch noch ganz andere Dinge mit mir anstellen. Davon abgesehen habe ich zwar nichts dagegen, wenn mir ein nahestehender Mensch verbal mitteilt, dass meine Kapuze schief hängt oder ähnliches, aber ich kann es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man mich einfach angrabscht, um mich wieder präsentabel zu machen. Ich bin kein Kindergartenkind!

Umgekehrt behalte ich meine Patschehändchen auch sauber bei mir und beschränke mich auf mündliche Hinweise, und auch dies nur bei einer Handvoll Menschen, mit denen ich mindestens blutsverwandt bin. Natürlich helfe ich meinem nicht mehr ganz jungen Vater auch gerne beim Zuknöpfen von Hemdmanschetten oder Ähnlichem, aber auch dies nur, wenn man mich darum bittet. Nie würde ich auf die Idee kommen, den Herrn einfach am Arm zu packen und loszufummeln. Er ist ja ebenfalls weder senil noch dement noch ein hilfloses Kind.

Ich würde nie ungefragt die Kleidung von jemandem richten und mag es auch gar nicht, wenn das jemand bei mir macht. Wenn ich mal bei der Arbeit den Kragen nicht ganz über dem Kragen des Kittels habe, dann richtet das meine Kollegin schon mal gerne, aber sie fragt vorher immer. So mache ich das auch, wenn ich bei anderen so etwas bemerke oder vielleicht einen Fussel auf der Kleidung, den ich entfernen würde. Das muss schon sein, finde ich.

Ich mache das höchstens bei meinem Partner und auch nie ohne Vorwarnung. Er kann sich gut alleine anziehen, aber ich habe festgestellt, dass er immer Probleme hat, bei seinem Hemd den Kragen zu richten, wenn er sich zum Beispiel einen dünnen Pullover drüberzieht.

Er scheint auch Probleme damit zu haben, sich den Kragen selbst zu richten oder aber es macht ihm nicht viel aus, wenn er da unordentlich herumläuft. Jedenfalls warne ich ihn dann immer vor und richte ihm den Hemdkragen dann selbst. Das ist aber auch so ziemlich das einzige, was ich da an ihm rumsortiere und rumpatsche. Alles andere kann er alleine, egal ob Fussel, schiefe Kapuze oder was auch immer.