Kitas oft familienersetzend, statt ergänzend?

vom 20.05.2015, 20:00 Uhr

Neulich kam eine neue Folge von ''Hart aber fair'' und dort war auch eine Erzieherin aus einer Kita anwesend, die sich zum Streik äußerte. Sie meinte aber auch außerdem, dass sich in den letzten Jahrzehnten die Rolle der Kita verändert hätte. Früher wäre die Kita familienergänzend gewesen, die Kinder wurden am Nachmittag abgeholt und haben noch viel Zeit mit ihren Eltern verbracht.

Heute sei das eher anders, viele Kitas würden Familien geradezu ersetzen. Die Eltern würden die Kinder sehr spät abholen und hätten dann auch daheim wenig Zeit für das Kind. Außerdem häufen sich die Nachfragen an Kitas, die das Kind ab und an auch über Nacht nehmen können. Sowas bieten zwar viele Tagesmütter an, aber bisher eher wenige Kitas. Und wenn die Eltern Schichtdienst machen müssen oder eine Dienstreise haben, ist sowas sehr praktisch.

Seht ihr es auch so, dass die Kitas heute eigentlich mehr gebraucht werden, als das früher der Fall gewesen ist? Ersetzen Kitas heute ein Stück weit die Familie, weil die Eltern weniger Zeit für die Kinder haben? Findet ihr das gut oder eher bedenklich? Ich selbst finde das eigentlich gut, denn so war es auch früher, nur war die Kita dann eher die Oma oder die Familie. Und es ist dennoch was ordentliches aus den Kindern geworden, oft sogar mehr, als aus Kindern die den ganzen Tag nur von ihren Eltern betüttelt wurden.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Eine Kita kann keine Familie ersetzen. Aber ein Familienleben ist eben heute oft kaum noch möglich. Früher ging ein Kind in den Kindergarten, auch wenn die Mutter daheim war. Putzen, aufräumen. Wäsche, einkaufen, etc. legte man sich dann in die zeit, in der das Kind außer Haus war.

Heute steht das alles noch an, wenn man das Kind abgeholt hat. Wann soll da wirklich Zeit mit einem Kind verbracht werden? Wobei das auch alles eine Frage des Alters des Kindes ist. Je kleiner ein Kind, desto wichtiger ist viel Zeit und Kontakt mit den Eltern. Da baut sich das Vertrauen auf und die Grundlagen entstehen. Später reicht dann weniger Zeit, die sehr exklusiv verbracht wird.

Oma oder Familie und eine Kita können nun wirklich nicht verglichen werden. Das sind völlig unterschiedliche Modelle, die beide Vor- und Nachteile haben und ihre Berechtigung. Aber so etwas ergänzt sich, das eine schließt das andere nicht aus und keine Variante ist allein die beste Lösung. Ich bin mit einer Tagesmutter groß geworden. Da gehöre ich bis heute zur Familie. Und obwohl meine Betreuung bestens gesichert war und teuer bezahlt wurde, habe ich einen Kindergarten besucht. Der ging dann von 9 bis 12 und ergänzte die Erziehung und Entwicklung in der Familie.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Früher war es einfach so, dass die Kita oftmals nur ein paar Stunden genutzt wurde, weil die Mutter daheim war oder halbtags arbeiten war, das ist heute oftmals nicht mehr so und beide gehen voll arbeiten, was aber auch daran liegt, dass man das Geld einfach braucht und nicht jeder Job super bezahlt wird.

Es gibt aber leider auch Eltern, die beide zu Hause sitzen und ihre Kinder den ganzen Tag in eine Einrichtung stecken und da hört für mich das Verständnis auf. Ich habe es selber schon erlebt, dass eine Mutter ihr Kind morgens gebracht hat und erst abends als Letzte abgeholt hat, obwohl sie den ganzen Tag zu Hause war. Das finde ich dann schon traurig und da muss die Einrichtung leider auch einiges gut machen, was zu Hause nicht läuft.

Generell finde ich es gut, wenn sich beide Teile ergänzen und man nicht nur alles der Kita überlässt. Dass diese aber teilweise wirklich viel zu tun haben ist klar, dennoch ersetzt keine Kita die Eltern und das will ja auch keiner.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Was willst du anderes machen, wenn du auf den Vollzeitjob angewiesen bist und dir die Arbeitszeiten nicht flexibel aussuchen kannst sondern diese dir bestimmt werden? Auch sind nicht alle zusammen und haben einen zweiten Elternteil der einen Teil der Betreuung dann übernehmen kann. Auch das darf dabei nicht vergessen werden.

Die wenigsten möchten das, dass die Kinder wirklich die 50 oder 55 Stunden die Woche in fremder Betreuung sind. Wenn es aber anders nicht geht, dann muss man sich damit arrangieren. Viel Zeit mit dem Kind bleibt nicht, Kinder werden um 7 Uhr abgegeben und man rennt auf Arbeit. Mit Glück schafft man es dann mit abholen um 18 Uhr und ist dann ca. 18:30 - 19:00 Uhr Zuhause. Dort noch Abendbrot und ab ins Bett für das Kind bis am nächsten Tag das ganze wieder von vorne beginnt. Bleiben nur die Wochenenden, da muss aber auch die Arbeit erledigt werden im Haushalt die unter der Woche liegen geblieben ist.

Mir hat das von Anfang an nicht geschmeckt, dass ich mein Kind jeden Tag so lange in die Fremdbetreuung geben musste. Mein Arbeitgeber war in dieser Hinsicht sehr unflexibel und nicht entgegen kommen für Alleinerziehende und ich durfte mir selbst einen Kopf machen wo ich das Kind lasse wenn ich Nachtschicht habe oder am Wochenende bzw. Feiertag arbeiten durfte. Natürlich wünscht man sich dort auch ein Betreuungsangebot, wenn Familie nicht vorhanden und kein Partner oder der Partner ebenfalls Nachts und am Wochenende arbeitet.

Zum anderen musst du auch mal sehen was solch eine Krippe kostet. Ich lege dafür aktuell 510 Euro im Monat hin, vorher in der anderen waren es 711 Euro. Diese müssen auch erst einmal verdient werden und das macht man neben der Miete und weiteren Lebenshaltungskosten sicherlich nicht mit einem Teilzeitjob. Mit einem zweiten Gehalt sieht das teilweise anders aus und das Kind "muss" dann nur Vormittags gehen damit genug Geld in die Kasse kommt. Wird aber eben seltener, gerade wer in der Stadt wohnt und ein Einkommen unter 2000 Euro im Monat netto hat, der kann sich meistens noch nicht einmal die Elternzeit überhaupt finanziell leisten und darf nach der Mutterschutzfrist direkt wieder arbeiten gehen.

Sie haben schon eine nicht geringe Aufgabe wenn die Kinder dort den ganzen Tag verbringen, aber ein Erzieher kann die Eltern auch nicht ersetzen da dazu ein ganz anderes Vertrauensverhältnis besteht als zu einem Erzieher.

Ich renne mir jedenfalls die Haken ab um nicht immer die erste sein zu müssen die bringt und die letzte die holt, verwende viele Überstunden und Urlaubstage um auch mal so einige Tage dazwischen Zuhause bleiben zu müssen damit er nicht jede Woche die 55 Stunden fremd betreut werden muss. Manchmal lässt sich das allerdings nicht vermeiden, auch wenn es mir selbst nicht gefällt. Freitag Mittag fällt bei mir der Hammer und dann ist Wochenende, welches komplett für mein Kind reserviert ist mit 100% Aufmerksamkeit, lieber bleibt da der Haushalt liegen oder ich mache das Nachts anstatt diese wenige Zeit mit ihm weiter noch einsparen zu müssen. Auch wenn meine eigene Belastung damit nicht geringer wird sondern noch höher, da mir dadurch auch Schlaf flöten geht. Seit mein Kind auf der Welt ist, gab es keinen Tag an dem ich mehr als 4 Stunden geschlafen habe und das merkt man mit der Zeit auch.

Benutzeravatar

» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Es stimmt in jedem Fall, dass sich die Rollen der Erzieher verändern und viele Eltern glauben, dass sie das Recht haben, Kinder in die Welt zu setzen und erziehen tun andere. Nämlich Kitas, Ganztagsschulen und Horts. Das ist eine gängige Praxis und wenn man sich aktuelle Wünsche der Eltern an Kitas ansieht, versteht man auch wieso.

Ein Wunsch war, längere Öffnungszeiten. Ich frage mich da immer, wieso mache ich Kinder in die Welt, wenn ich sie am Tag keine 5 Stunden sehe, ehe sie ins Bett gehen, weil sie den halben Tag in der Kita sind? Wieso mache ich Kinder, wenn ich will, dass die Kita an ihnen erzieherisch herumdoktert? Das ist wirklich jenseits meines Verständnisses und passt in meinem Weltbild nicht herein.

Wenn jemand viel arbeiten muss, dann ändern die Kita daran ja bekanntlich auch nichts. Also sollte man sich entscheiden. Job oder Kind. Ganz einfach, aber ein Kind benötigt auch eine gewisse Bindung zu den Eltern. Alles wird nur noch auf die Erzieher abgewälzt und die Eltern reden sich da fein heraus. Das geht meiner Meinung nach so nicht!

Meist sind Erzieherinnen in Kitas nicht mehr ergänzend im Einsatz, sondern fast schon ein Teil der Familie. Die Kinder sind hier die meiste Zeit. Eltern meckern noch immer, wenn es zu wenig Zeit ist und haben was zu kotzen. Manche Eltern sollten das Kinderkriegen schnell stoppen oder die Adoptionspapiere für die Kita fertig machen. So kommt es mir vor.

Meine Schwester war immer in einem Hort. Sie kam gegen 17 Uhr wieder, musste um 19 Uhr im Bett und Wochenende waren wir bei Oma. Wofür Kinder machen, wenn die nie da sind? Kann ich nicht nachvollziehen und habe ich meiner Mama schon damals immer gesagt, dass man dafür kein Kind machen muss.

Benutzeravatar

» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich finde es albern, wenn hier in der genannten Sendung gesagt worden sein soll, das das früher anders war. Das stimmt nämlich auch nur für die Hälfte von Deutschland. Kitas wo man die Kinder die ganze Woche über hin bringen konnte oder für Schichtarbeiter über Nacht, das gab es zu DDR Zeiten schon, das ist an sich nichts neues. Möglicherweise kommt es vielen in den neuen Bundesländern so vor, als ob sich die Zeiten massiv geändert hätten, aber das ist eben eine Frage des Standpunktes im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich finde beide Extreme hier nicht gut. Weder, wenn man erwartet, dass Mütter Vollzeit arbeiten, egal ob sie allein erziehend sind oder nicht. Da wünsche ich mir einfach mal Modelle und Innovationen, wie man Eltern mehr Familienzeit bei familienfreundlichem Einkommen bieten kann, so dass man Familie und Job besser vereinbaren kann.

Genauso falsch finde ich es, wenn in manchen Regionen Mütter schief angeschaut werden, wenn sie einfach Hausfrau sein möchten und sich selbst um die Kinder kümmern möchten. Die Diskussion um die so genannte Herdprämie hat das nicht gerade entkrampft und nicht selten wird man als rückschrittlich diffamiert, wenn man die Kinder nicht der nur kurz in eine Einrichtung geben möchte.

Noch falscher finde ich es aber, wenn man verurteilt, wenn Mütter arbeiten gehen möchten. Wer da sagt, man müsse sich eben entscheiden, ob Kind oder Karriere, und der das anderen Frauen auch überstülpen will, das kann ich nicht gut heißen. Natürlich ist es für die Kinder schön, wenn immer jemand für sie da ist. In der Theorie. Meine Mutter war auch Hausfrau. Aber sie hatte auch nicht dauernd Zeit um mich herum zu schwirren.

Da müssen auch Aufgaben erledigt werden und die Kinder müssen auch lernen, selbstständig zu werden und nicht ständig von der Mutter bespielt zu werden. Wenn jemand selbst Hausfrau sein möchte, finde ich das gut, wenn diejenige das mit Leib und Seele ist. Aber unglückliche Mütter, die nach Hause gezwungen werden. weil jemand der Meinung ist, man müsse die guten alten Zeiten für alle Kinder wieder installieren, das halte ich für extrem schädlich für die meisten Kinder.

Benutzeravatar

» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^