Kirchliche Kritik an Weihnachtsmärkten nachvollziehbar?
Gestern hat nicht nur in Freiburg, sondern auch in Bochum, Düsseldorf und Dortmund die Weihnachtsmarkt-Saison eröffnet. Schon am 16. November ging es in Essen los und in Duisburg soll bereits am 15. November der Weihnachtsmarkt begonnen haben. Kirchen finden das wiederum viel zu früh. Ihrer Ansicht nach würde so der Sinn von Weihnachten verloren gehen. Wie seht ihr das? Findet ihr es nachvollziehbar, dass Weihnachtsmärkte teilweise schon Mitte November beginnen? Findet ihr die kirchliche Kritik berechtigt?
Ich persönlich finde sowieso, dass die meisten Weihnachtsbräuche nicht viel mit dem Sinn des kirchlichen Weihnachten zu tun haben. Somit sehe ich auch nur einen relativ lockeren Zusammenhang zwischen den Weihnachtsmärkten und dem kirchlichen Weihnachten. Insofern müsste die Kritik der Kirchen vielleicht entweder den Sinn von Weihnachtsmärkten, Weihnachtsbäumen, Glühwein etc. insgesamt in Frage stellen, oder andererseits die Weihnachtsmärkte als Brauchtum akzeptieren. Dann ist es aber eher egal, ob die Märkte bereits im November oder erst zum Ersten Advent eröffnen.
Was hat denn der Weihnachtsmarkt mit der Kirche zu tun? Ich finde dass es dir Kirche nichts angeht, wann ein Weihnachtsmarkt anfängt und finde es vollkommen in Ordnung, wenn die Weihnachtsmärkte Mitte November anfangen. Immerhin geht es im Ursprung um den Verkauf von Waren und das ist ja nicht verwerflich. Um in weihnachtliche Stimmung zu kommen ist es doch auch gar nicht so schlimm so früh anzufangen.
Welcher Sinn von Weihnachten? Die Christen haben diverse heidnische Feiertage für ihr Weihnachten in Beschlag genommen und in den letzten Jahrzehnten ist dieses Fest von der Industrie in Beschlag genommen worden und zum Fest des Kommerzes geworden. Gerade die christliche Kirche müsste doch verstehen, dass sich die Bedeutung von Feiertagen immer wieder ändert.
Für mich müssen Weihnachtsmärkte nicht im November beginnen und ich habe auch nach Weihnachten keine Lust mehr einen Weihnachtsmarkt zu besuchen - es gibt ja welche, die bis Januar gehen. Genauso wenig wie ich Lust habe den Supermarkt schon Ende August mit Lebkuchen im Einkaufswagen zu verlassen.
Aber das schöne an einem freien Land ist ja, dass man das alles gar nicht mitmachen muss wenn man nicht möchte. Gut, der Weihnachtsmarkt in Freiburg ist schwer zu ignorieren weil er sehr zentral in der Innenstadt aufgebaut ist, aber da bekommt man keinen Glühwein aufgedrängt wenn man beim Einkaufen daran vorbei geht.
Letztendlich ist es ja einfach so, dass den Konsumenten nur das angeboten wird was sie nachfragen. Wenn niemand Lust auf Weihnachtsmärkte im November hätte würde es sie nicht geben. Dann wäre das ein einmaliges Experiment. In Anbetracht der rückläufigen Mitgliederzahlen sollte sich die Kirchen mit diesem Konzept mal näher befassen.
Ja, ich finde auch, dass die Weihnachtsmärkte erst frühestens in der Woche vor dem ersten Advent, eigentlich aber erst an dem Wochenende, öffnen sollten. Für mich ist das darin begründet, dass ja die Sonntage davor (rückwärts) der Ewigkeits- oder Totensonntag und der Volkstrauertag sind - durch Gedenken und Stille geprägte Tage also, die sich mit existentiellen Themen wie Tod und Totengedenken auseinandersetzen.
Da in unserer Gesellschaft der Tod ohnehin sehr weit an den Rand rutscht - z.B.: Sterbende werden von zu Hause aus in Krankenhäuser abgeschoben, Friedhöfe in der Stadt werden in Ruheforste weit draußen im Wald umgewandelt - finde ich es wichtig, dass der Kreislauf des Kirchenjahres mit diesen beiden letzten Sonntagen bevor dann am 1. Advent das neue Kirchenjahr beginnt, die Fragen nach Tod und Leben, Endlichkeit und Ewigkeit ins Bewusstsein ruft. Zu diesen stillen und nachdenklichen Tagen passen aber Glühweinwolken und Remi-Demi schlecht. Daher fände ich es gut, wenn die Märkte erst nach dem Ewigkeitssonntag öffnen würden.
Weihnachtsmärkte an sich finde ich sehr schön - sie verbreiten oft Licht und ziehen viele Menschen an, die auch im Winter draußen gemeinsam Zeit verbringen und sich dabei unterhalten - das finde ich sehr im Sinne des Weihnachtsfestes - zusammenrücken, sprechen, miteinander Zeit verbringen, sich wärmen in der Gesellschaft.
Ich finde das hier ja total witzig. Hält sich die Kirche zurück, wird darüber gemeckert, dass man Kirchensteuer bezahlt und der Verein nichts tut. Setzt er sich für christliche Anliegen ein, ist es auch falsch. Dann geht es die Kirche nichts an, oder sie soll gleich die ganze Aktion ablehnen. Watte machs, machse verkehrt, oder wie?
Für Christen, die übrigens an anderen Stellen angeblich wegen der Flüchtlinge aussterben und auf ihre Feste angeblich verzichten müssen, wie und besorgte Bürger allenthalben Glauben machen wollen, ist die Zeit vor dem Advent wichtig und von Ruhe und Bedenken geprägt. Also muss die Kirche dagegen sein. Dafür ginge es problemlos länger, schließlich dauert die Weihnachtszeit ne nach Glaubensrichtung bis zum Dreikönigsfest oder gar bis Mariä Lichtmess.
cooper75 hat geschrieben:Ich finde das hier ja total witzig. Hält sich die Kirche zurück, wird darüber gemeckert, dass man Kirchensteuer bezahlt und der Verein nichts tut. Setzt er sich für christliche Anliegen ein, ist es auch falsch. Dann geht es die Kirche nichts an, oder sie soll gleich die ganze Aktion ablehnen. Watte machs, machse verkehrt, oder wie?
Wobei meine Anmerkung eher in die Richtung ging, dass meiner Ansicht nach Weihnachtsmärkte und die meisten Weihnachtsbräuche genaugenommen relativ wenig Bezug zum Christentum haben, obwohl Weihnachten als eines der entscheidenden christlichen Feste wahrgenommen wird. Insofern hätte ich es gar nicht für ein wirklich christliches Anliegen gehalten, sich um zeitliche Aspekte von Weihnachtsmärkten zu sorgen.
Weihnachtsmärkte sind in meinen Augen keine kirchliche Veranstaltung. Da haben die Kirchen nichts mitzureden. Abgesehen davon finde ich aber auch, dass Weihnachtsmärkte erst am ersten Advent oder sogar erst am ersten Tag im Dezember beginnen sollten. Wenn sie zu lange dauern, verlieren sie ihren Reiz, genauso wie Spekulatius, Stollen und Co., die auch viel zu früh in den Geschäften ausliegen. Dadurch sind sie nichts Besonderes mehr und an Weihnachten selbst hat man gar keine Lust mehr darauf.
@lascar: Ich finde es halt immer wieder erstaunlich, wie (nicht von dir, sondern allgemein) alles so gedreht wird, wie man es gerade braucht. Wenn ein Weihnachtsmarkt aus welchen Gründen auch immer Wintermarkt genannt wird, oder ein Kindergarten oder eine Grundschule beschließt, den Martinszug Laternenzug oder Laternenfest zu nennen, dann geht in gewissen Kreisen das Abendland unter.
Aber wenn die Kirche, wo das Christentum hier angeblich so einen hohen Stellenwert hat, etwas sagt, dann ist es auch falsch und es geht sie nichts an. Das Kirchenjahr hat aber nun für Christen eine feste Abfolge und gewissen Dinge liegen eben immer in einer bestimmten Zeit. Weihnachtsmärkte, die bloß nicht Wintermärkte heißen dürfen, weil dann das Christentum untergeht, dürfen aber offensichtlich das Kirchenjahr komplett übergehen. Das ist irgendwie wundersam.
Mir ist das alles egal, ich glaube nicht. Und wenn der Weihnachtsmarkt im Juni stattfindet, damit man frühzeitig Baumschmuck und Kerzen kaufen kann, auch gut. Aber diese Doppelmoral, die (nicht unbedingt hier) in Foren, auf Facebook und in den Kommentarspalten der Zeitungen gepflegt wird, die finde ich zum Brechen. Du verstehst?
cooper75 hat geschrieben:Du verstehst?
Ja, schon. Ich hatte Deine Kritik eher auf den Thread bezogen verstanden. Abgesehen davon stimme ich dir zu. Da ich sowieso nicht religiös bin, sehe ich Weihnachtsmärkte als kommerzorientiertes Brauchtum an, für das ich Bezeichnungen wie "Wintermarkt" durchaus ebenfalls passend finden würde. Für mich geht da sicher weder das Abendland noch sonst irgend etwas unter, wenn andere Namen verwendet werden, oder wenn auf einem Weihnachts- bzw. Wintermarkt auch mal Halloumi und Schawarma angeboten wird.
Im übrigen gibt es in touristischen Städten wie Rothenburg ob der Tauber schon seit Jahren ganzjährig geöffnete Weihnachtsgeschäfte, über die sich die christlichen Kirchen meines Wissens noch nicht beschwert haben.
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