Kindern aus anderen Kulturen Kinderbücher schenken?
Eine Freundin meines Sohnes fährt demnächst nach Chile. Sie hat eine Freundin, die dort ein soziales Jahr absolviert. Da sie auch einige Familien besuchen möchte, überlegt sie, spanische Kinderbücher zu kaufen und zu verschenken.
Ich habe ihr stark davon abgeraten, das zu tun, ohne sich vorher genau zu erkundigen. Abgesehen davon, dass das chilenische Spanisch anders ist als unser Spanisch, sollte man auch bedenken, dass die Kultur eine andere ist. Die meisten Kinderbücher sind doch irgendwie pädagogisch geprägt und dort wird vieles vielleicht ganz anders gesehen als in Spanien.
Ich würde vielleicht Papier und Stifte oder andere neutrale Spielsachen mitbringen, aber keine Bücher.Wie seht ihr das? Würdet ihr in anderen Kulturen, die ihr nicht genau kennt, Kinderbücher an Kinder oder Jugendliche verschenken?
Ich sehe eher ein Problem darin, dass die Sprache gar nicht richtig verstanden wird vom Kind und damit die Geschichte selber wenig Sinn macht. Ich bin für offene Kommunikation, auch mit Kindern, wenn auch ihnen angepasst. Daher würde ich prinzipiell schon solche Bücher kaufe und vorlesen, wenn das Kind die versteht. Man kann dann ja in den Austausch gehen und darüber reden.
Ein einfaches Beispiel ist da sicherlich Hänsel und Gretel. Als mein Neffe das zum ersten Mal gehört hat, war er noch klein und hat furchtbare Angst bekommen. Man hat es ihm einfach vorgelesen. Meine Kinder wissen, dass es Dinge gibt, die noch nicht für ihr Alter sind, das akzeptieren sie auch noch und wenn ich klassische Märchen vorlese, dann ist es schon so, dass sie auch wissen, dass das nicht der Realität entspricht und sich da einfach was Gruseliges einfallen lassen hat. So würde ich es auch mit Büchern aus anderen Kulturen halten. Vorher darüber reden und dann vorlesen, wenn das Kind die Sprache versteht.
Aber es geht ja um die andere Richtung, also etwas in eine Kultur in einem anderen Land zu bringen, die ich nicht kenne.
Das sehe ich ganz anders. Klar kommt es auf das Alter der Kinder an, aber es gibt doch so viele schöne Kinderbücher zu universellen Themen wie Freundschaft, die ganz ohne "pädagogischen Zeigefinger" daherkommen.
Märchen gibt es auch in jeder Kultur, Tiergeschichten dito und die allermeisten Kinder sind neugierig und kreativ und interessieren sich durchaus dafür, wie Kinder in "fremden Ländern" so leben, was sie essen und womit sie spielen. Und je nach Alter kann man ja auch noch mit hochwertigen Bilderbüchern und illustrierten Sachbüchern ankommen, von Dinosauriern bis zum Wasserkreislauf. Mal ehrlich, was lest ihr denn euren Kindern Dröges vor? "Conni spekuliert an der Börse"?
Natürlich ist eine gewisse kulturelle Sensibilität gefragt, aber ich würde voraussetzen, dass sich die Freundin vorher erkundigt, ob die Kinder und Jugendlichen ein europäisch geprägtes Mittelschicht-Leben mit Schule, Sport und Freunden führen oder eher das Wasser vom Brunnen holen und fleißig im Haushalt mithelfen müssen.
In Chile wie in vielen Ländern gibt es auch Leute, die nicht in Lehmhütten ohne Elektrizität hausen. Entsprechend kann man sich ja überlegen, ob es eine gute Idee ist, Bücher über Drogenprobleme in der Großstadt, über Intrigen im Ballett-Elite-Internat oder die ersten sexuellen Gehversuche mitzubringen.
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