Kind wird zum Mörder - irgendwann verzeihen oder nicht?
Sagen wir mal ihr habt ein Kind. Zu euch ist das Kind auch als Erwachsener noch eine super nette Person. Irgendwann wird das Kind festgenommen und es kommt heraus, dass euer Kind gemordet hat. Nun stellt sich die Frage, wie man damit umgehen soll. Sicherlich ist man erst mal unter Schock, aber es ist ja auch das eigene Kind. Könntet ihr irgendwann verzeihen? Liegt es an den Umständen oder würdet ihr das nicht verzeihen wollen/können?
Für mich ist der Fall nicht wirklich eindeutig da es doch einige Einzelheiten gibt die für mich entscheidend wären wie ich mich dem Kind gegenüber verhalten würde.
Ich denke zum Beispiel, dass man ein Kleinkind nicht richtig für sein Verhalten verantwortlich machen kann sondern stattdessen sich aufgrund der offenbar falschen Erziehung des Kindes selber an die Nase fassen muss und zumindest im deutschen Recht ja auch für sein Kind haftet. Ab einem gewissen Alter sollte das Kind (jedenfalls meiner Meinung nach) selber diese Verantwortung übernehmen.
Außerdem können auch die Umstände den Mord entschuldbar machen und vor allem die Frage ob es wirklich Mord oder "lediglich" Totschlag war finde ich entscheidend. Außerdem ist es ja möglich das sich der Mörder dem Kind so "unmöglich" gegenüber verhalten das es Notwehr war.
In allen Fällen wäre das Kind weiterhin mein Kind und ich denke wenn das Kind seine Tat aufrichtig bereut würde ich als Elternteil das Kind weiterhin so behandeln wie früher so weit wie das unter den gegeben Umständen möglich ist.
Da stellst du uns ja mal vor ein echtes Dilemma. Wenn ich ehrlich bin: Keine Ahnung, wie ich reagieren würde. Ich kann also nur hypothetisch spekulieren, was ich in einer solchen Situation empfinden würde.
Die Vorstellung, dass Eltern zu einem halten, egal was für einen Mist man baut, ist wirklich schön. Aber nicht ganz realistisch.
Ich gehe jetzt einfach mal davon auf, dass das Kind eine normale Kindheit hatte und ich auch mit der Erziehung zufrieden war - mir Mühe gegeben habe und das Gefühl habe, dass mein Kind glücklich und moralisch aufgewachsen ist.
Dann würde ich vermutlich (wie mein Vorredner) erst einmal die Frage nach dem Warum stellen. Wen hat mein Kind umgebracht und was waren seine Motive? Notwehr schließe ich jetzt einfach mal aus, da ich mir in dem Fall denke, dass man selten jemanden dafür verurteilen kann, dass er sich seines Lebens erwehren musste.
Aber bei einem Totschlag fing bei mir schon das Dilemma an. Was macht mein Kind so wütend, dass es jemanden tötet? Jeder von uns kriegt ja mal einen Hals, aber so sehr, jemanden umzubringen? Das würde mir Angst machen, Angst vor einer Person, die ich schon so lange kenne und die mir so vertraut ist. Aber ich denke, ich könnte noch in Kontakt bleiben. Ich würde versuchen darüber zu reden, genau zu erfahren, was dazu geführt hat und auszuloten, wie mein Kind sich fühlt oder was es dabei empfunden hat.
Bei Mord wäre die Lage anders. Ich weiß nicht, ob ich in der Lage wäre, das jemals zu verzeihen. Der Gedanke, dass das eigene Kind geplant und kaltblütig jemanden getötet hat, das würde ich nicht verkraften. Und ich glaube, dafür würde ich mir dann auch nicht die Schuld geben.
Aber wow, jetzt hast du mich wirklich zum Nachdenken gebracht! Hut ab! Ich bin gespannt auf die anderen Beiträge.
Wenn mein Kind eine "super nette Person" ist, dann gibt es für den Mord andere Gründe als Aggressivität oder schlechte Erziehung. Also entweder es zeichnete sich ab, mein Kind hat generell viele Probleme, unsere Beziehung wird davon auch schon lange überschattet und es gab schon andere, kleinere Delikte. Oder dahinter steckt eine ganz andere Geschichte. Beispielsweise Notwehr.
Wobei Notwehr kein Mord ist. Daher passt das hier nicht. Aber auf jeden Fall ein Hintergrund, der meinem Kind sozusagen umständehalber aufgezwungen wurde und der nicht aus seinem Charakter entstand. Und dann könnte ich das selbstverständlich verzeihen. Denn dann ist es immer noch mein liebes, nettes Kind. Daran hätte sich nichts geändert. Nur, dass es in dieser Situation alle Hilfe und Unterstützung braucht, die es kriegen kann. Allen voran von den Eltern. Und in dem Fall würde ich mein Kind niemals im Stich lassen. Und da gibt es auch gar nichts zu Verzeihen.
Der andere Fall wäre, dass mein Kind eben schon lange Probleme hat. Nehmen wir mal die Mitglieder des NSU. Die Eltern von einem der Männer hatten lange versucht, ihren Sohn wieder auf den richtigen Weg zu bringen und sie hatten ihm den Weg auch gar nicht vorgezeichnet. Sie verloren den Kampf und auch den Kontakt und als nächstes lesen sie zehn Jahre später von ihm in der Zeitung. Er ist ein zehnfacher Mörder und Terrorist.
Wie man damit lebt, weiß ich nicht. Auch, wenn das Kind noch lebt, wie im Fall der dritten Mittäterin. Dann ist das Verhältnis aber auch schon so erschüttert, dass es sich wie zwei Personen anfühlt. Das Kind und der Täter. Was man dann hört, liest und sieht, hat so wenig mit dem Kind zu tun, das man aufgezogen hat und wie es vor den Problemen war. Aber irgendwann ist es einem entglitten. Wenn es dann in einem Gerichtssaal steht, ist es dann das eigene Kind?
Also ich stelle mir das sehr surreal, schon richtiggehend schizophren vor. Kann man in dieser Situation verzeihen? Was bedeutet verzeihen? Dass man sein Kind im Gefängnis besucht? Das wird gar nicht möglich sein. Die Beziehung zum Kind ist doch schon so lange gestört. Wenn das Kind vorher nicht ab und zu zu Besuch bei den Eltern war und man sich normal unterhalten konnte, wie soll dann ein Besuch im Gefängnis ablaufen?
Nein, ich denke, in einem solchen Fall geht es eher darum, sich selbst als Eltern zu verzeihen. Zu erkennen, dass man nicht mehr hätte tun können oder auch zu erkennen, dass man nicht genug getan hat. Das kommt ja auf den Einzelfall an. Aber mit sich selbst ins Reine zu kommen und die Sache zu verarbeiten.
Aber die Situation, wie sie im Ausgangsthread beschrieben wird, dass das Kind lieb und nett ist und dann plötzlich aus heiterem Himmel zum gewalttätigen Mörder aus Überzeugung wird, gibt es nicht.
Ich glaube, ich würde meine Kinder immer lieben und unterstützen, egal was sie tun. Sicher ist es nicht leicht, wenn man weiß, dass das eigene Kind jemanden umgebracht hat. Aber wenn es jetzt nicht gerade ein Geschwisterkind oder meinen Mann umgebracht hat, trifft mich die Tat nicht persönlich. Da würde ich schon zu meinen Kind halten und es unterstützen.
In der Regel bringen Menschen andere Menschen auch nicht einfach so um, sondern es hat einen Grund, der die Tat selbstverständlich nicht rechtfertigt, aber zumindest verständlicher macht. Oft spielen auch psychische Probleme eine Rolle.
Wenn das Kind einfach so andere Menschen umbringt, würde ich mir vermutlich selber total die Vorwürfe machen. Denn das ist nicht normal. Und die meisten Psychopathen haben eine schlechte Kindheit oder irgendwelche Traumata in der Kindheit erlebt.
Allgemein gibt es wohl nur sehr wenig, was meine Kinder tut könnten, damit ich sie wirklich fallen lassen würde. Sicherlich würde ich den Kontakt einschränken, was zwangsläufig passiert, wenn das eigene Kind im Gefängnis sitzt. Aber abbrechen würde ich den Kontakt nicht. Ich würde meinem Kind auch helfen, wenn es aus dem Gefängnis entlassen werden würde. Vielleicht würde ich es nicht mehr in meinem Haus wohnen lassen. Aber ich würde ihm eine Wohnung besorgen und bei allen nötigen helfen.
Ich kenne ein älteres Ehepaar, die den Kontakt zu ihrem Kind abgebrochen haben, weil es im Gefängnis saß. Das Kind musste für mehrere Jahre ins Gefängnis, hat aber niemanden umgebracht. Sie haben ihn einfach fallen lassen, weil er nicht in ihre heile Welt gepasst hat.
Mir wäre vollkommen egal, was andere sagen oder die Nachbarn denken. Ich liebe meine Kinder und würde zu ihnen stehen.
Ramones hat geschrieben:Könntet ihr irgendwann verzeihen?
Das ist ja eine seltsame Frage, gerade wenn das eigentliche Mordopfer nicht zur Familie gehört und das Ableben des Opfers keinen direkten Einfluss auf das eigene Leben hat. Was sollte hier verziehen werden? Vielleicht die Tatsache, dass das Kind nicht so geworden ist, wie man es sich selbst vorgestellt hat?
Das ist schon eine sehr eigentümliche Sicht und ebenso könnte man fragen, ob man dem eigenen Kind mal verzeihen kann, dass es sich nicht den Beruf ausgewählt hat, den die Eltern für das Kind ausgesucht haben. Oder dass das Kind einen "falschen Partner" geheiratet hat oder in eine andere Stadt gezogen ist. Zu Verzeihen gibt es nichts, wenn hier nur die eigenen Vorstellungen über das Leben des Kindes nicht erfüllt wurden. Hier würde ich eher die Haltung vom Kind so sehen, dass das Kind den Eltern verzeiht, dass sie glauben, über das Leben des Kindes bestimmen zu können (oder müssen).
Fakt ist, dass hier höchstens die Angehörigen der Opfer "verzeihen" können. Und das wird wohl stark von den Umständen der Tat abhängen - letztlich aber für kaum einen der Beteiligten von Belang sein. Letztlich lässt sich jeder Mord "erklären" und es wird Gründe geben, wieso es zu so einer Tat gekommen ist. So kann dies durch Habgier, verletzte Gefühle bis hin zur schlichten überzogenen Notwehrhandlung gehen.
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Unangenehm, wenn Chips Knoblauch-Aroma haben? 669mal aufgerufen · 5 Antworten · Autor: Prinzessin_90 · Letzter Beitrag von Wibbeldribbel
Forum: Essen & Trinken
- Unangenehm, wenn Chips Knoblauch-Aroma haben?
- Oberflächliche Bekannte, die einem etwas verkaufen wollen 1254mal aufgerufen · 11 Antworten · Autor: celles · Letzter Beitrag von Gorgen_
Forum: Freizeit & Lifestyle
- Oberflächliche Bekannte, die einem etwas verkaufen wollen
- Kind bekommt von Mutter nur Toastbrot - noch normal? 562mal aufgerufen · 9 Antworten · Autor: Ramones · Letzter Beitrag von Wibbeldribbel
Forum: Familie & Kinder
- Kind bekommt von Mutter nur Toastbrot - noch normal?
- Palmen Pflanzen - brauche Tipp / Empfehlung 1133mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Triops · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Palmen Pflanzen - brauche Tipp / Empfehlung
- Gartenbambus im Treppenhaus überwintern? 1183mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: ZappHamZ · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Gartenbambus im Treppenhaus überwintern?