Kennt ihr jemanden, der wegen Corona pleite gegangen ist?
Das Coronavirus hält die Welt in Atem. Aktuell sinken in Deutschland erfreulicher Weise die Corona Zahlen. Ich habe neulich ein Video von der Bild Zeitung auf YouTube gesehen, wo Unternehmer mit dem Wirtschaftsminister Peter Altmeier diskutiert haben und diese teilten ihm mit, dass Corona sie in die Knie gezwungen hat und sie wegen dem Lockdown pleite gegangen sind.
Ich habe viele Selbstständige in meinem Freundeskreis und auch im Bekanntenkreis. Ich kenne niemanden, der wegen dem Lockdown Pleite gegangen ist. Es gibt ja schließlich die Hilfen der Bundesregierung. Kennt ihr jemanden, der wegen Corona und dem verbundenem Lockdown pleite gegangen ist?
Nein, ich kenne niemanden und dennoch möchte ich auch niemanden absprechen, dass das eine sehr harte Zeit für Selbstständige ist und das nun mal nicht jeder schaffen kann. Ich verstehe da jeden, der sich aufregt, der nicht scheitern will und kämpft, aber am Ende verliert und darüber total frustriert ist. Bei uns sind einige Familienbetriebe pleite gegangen in der Umgebung und das ist natürlich sehr traurig, aber man kann es leider auch nicht ändern. Die Hilfen werden auch nicht so groß sein, daher kann man sich auch nicht ewig ohne Einnahmen halten, man hat ja immer auch laufende Kosten.
Persönlich kenne ich keinen, der insolvent geworden ist, weiß aber, dass in direkter Umgebung einige Geschäfte im Einzelhandel aufgeben mussten. Unter Selbstständige fallen ja unterschiedliche Menschen. Diejenigen, die keine laufenden Kosten haben, haben es natürlich nicht so schwer, ihre freiberufliche Tätigkeit einfach ruhen zu lassen. Schlecht sind die dran, die vielleicht gerade erst ein Unternehmen geöffnet haben und anfangs viel investiert haben, vielleicht sogar Personal eingestellt haben. Da ist man schnell am Ende, wenn man keine Kunden empfangen kann.
Ich kenne einige Soloselbstständige, die Pleite gegangen sind und nun seit einer Weile von Sozialhilfe leben müssen. Dazu zählt ein selbstständiger Fotograf sowie ein Veranstaltungs- und Tontechniker. Letzterer bekommt so gut wie gar kein Geld, da er mit seiner Freundin zusammen lebt und eine Bedarfsgemeinschaft bildet.
Ansonsten hat eine Freundin von mir als Tourismuskauffrau in einem Reisebüro gearbeitet, das mittlerweile insolvent ist. Sie ist dementsprechend auch arbeitslos.
Ich kenne einige Leute, die durch die Coronamaßnahmen in den Ruin getrieben wurden. Eine Bekannte von mir hatte eine Kneipe, lebte also vom Ausschank von Getränken. Speiseangebote gab es dort nicht so. Da sie aber keine Getränke mehr im ersten Lockdown ausschenken durfte und die Phase zwischen den Lockdowns auch nichts gerettet hat, hat der zweite Lockdown ihr finanzielles Ende eingeläutet. Sie stammt aus der Gastronomie und hat nichts anderes gelernt und auch nichts anderes gefunden und weiß nicht mehr weiter.
Eine andere Bekannte hatte ein kleines Kleidungsgeschäft in der Stadt und sie hat es auch gekostet, um es mal so auszudrücken. Sie hat die Ware zwar im Internet verkauft, aber es hat trotzdem nicht gereicht. Jetzt verscherbelt sie die restlichen Dinge für einen Appel und ein Ei und schaut wie sie irgendwie durchkommt. Aber psychisch ist sie auch angeschlagen.
Ich finde es oftmals einfach gesagt, dass man nichts ändern kann oder dass es traurig ist. Ich muss aber auch gestehen, dass ich es sehr schwer finde, diesen Leuten zu helfen, insbesondere da die Novemberhilfen teilweise ja auch dort noch nicht eingetroffen sind. Ich verstehe deren Verzweiflung absolut, ab und zu gehe ich auch mal für diese Personen einkaufen und sage dann am Ende, wenn sie mir Geld geben wollen, dass sie es stecken lassen sollen, aber das ist ja auch nicht so zielführend bei der Sache.
Ich kenne Leute, die sich beruflich erst mal umorientiert haben, aber die werden sicher in ihren alten Jobs zurückkehren sobald das möglich ist. Das betrifft zum Beispiel Leute aus der Veranstaltungsbranche, die jetzt im Handwerk oder Bau arbeiten.
Ein Café in meiner Gegend hat zu gemacht, aber da scheint schon ein neuer Mieter drin zu sein, es wird renoviert und an der Scheibe steht was von Lieferservice für Eisbecher. Ich glaube wenn man kreativ und flexibel ist kann man auch in der aktuellen Situation als Selbständiger ein gutes Geschäft machen.
Bis vor Kurzem waren viele meiner Bekannten, Verwandten und Freunde „nur“ Gefahr gelaufen, dass es eng um ihre Firmen, Selbstständigkeit und Arbeitsverhältnisse wird, aber einigen ist das Wasser nicht mehr bis zum Hals stehend, sondern schon kopfüber. Mehrere Personen haben ihr Arbeitsverhältnis verloren, weil die gut laufenden Kneipen inmitten der Innenstadt nicht mehr können, sie als 450 Euro Job, Teilzeit- oder Vollzeit da aktiv waren, aber hier keiner mehr weiß, wann sie öffnen können.
Ein Bekannter ist nach Arbeitslosengeld I direkt im neuen Job ins Kurzarbeitergeld gefallen, was ihn wahnsinnig macht. Vor allem geht es bei ihm um wirklich viel Geld, was ihm fehlt, da er in einem ausgesprochen schwierigen Beruf arbeitet, wo er regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen machen muss usw. Wenn einem Menschen 1000 Euro durch das Kurzarbeitergeld fehlen, wo Unterhalt ans Kind gezahlt werden muss usw. dann ist das schon keine schöne Sache und alltägliche Ausgaben eben dem vorherigen Gehalt entsprechend mit Miete, Strom, vielleicht noch das Auto & Co angepasst wurden. Das rächt sich gerade und 1000 Euro sind viel Geld.
Während andere Verwandte nur noch Doppelschichten, Überstunden & Co schieben, weil sie im Pflegebereich, Krankenhaus und beim Bestatter arbeiten. Hier höre ich täglich, die Leute sterben uns weg, die Leute leiden höllisch (auch Junge), bei uns stapeln sich die Särge, die wir nicht öffnen können, weil Corona usw. Das zu hören ist schrecklich, sie sind fertig, müde, kaputt und man sieht es vielen auch extrem an.
Gleich zwei meiner Bekannten bangen um ihre guten Bars/Kneipen. Das eine Etablissement bestellt regelmäßig angesagte Metal-Bands für Konzerte zu sich, was natürlich die Fans anzieht, Geld bringt usw. Jetzt geht nichts. Die andere Kneipe ist sehr nah daran, verdient an den vielen Gästen bei Outdoor-Geschichten ebenso gut mit, was natürlich eine Win-Win Situation war. Und jetzt ist da Schicht im Schacht und beiden droht das Aus. Während die eine Gaststätte/Kneipe für Metaller, Punks, Rocker usw. seit über 30 Jahren eine Institution ist, ist das andere Etablissement auch schon über 20 Jahre aktiv für die Szene und ein echtes Subkultur-Zentrum.
Es trifft also so langsam auch zu, dass die Privatleute wirklich von mir enger betroffen sind. Sie sind fertig, einige schon ehe depressiv und das macht mir auch bei einigen Sorgen. Während andere zu überlasten drohen.
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