Karneval entweder lieben oder hassen?

Ich höre immer wieder, dass es kein Mittelmaße gäbe, was den Karneval betrifft. Dann muss ich wohl eine Ausnahme sein. Denn ich höre immer wieder, dass es nur Menschen gibt, die den Karneval entweder lieben oder hassen.

Mir ist es eigentlich recht egal, ob jemand Karneval feiert oder nicht. Als Kind habe ich mich auch immer gerne verkleidet, aber dann ließ das auch irgendwann einfach nach. Bei uns in der Region war Karneval auch nie ein so großes Thema. Ich schaue auch gerne mal in die Umzüge, wenn diese im Fernsehen gezeigt werden. Aber nach einiger Zeit wird man das dann doch zu langweilig. Gar nicht mag ich solche Sitzungen und Büttenreden. Aber ich würde auch nicht sagen, dass ich Karneval hasse.

Meint ihr, dass es bei Karneval nur die beiden Extreme gibt? Ist das wirklich kein Mittelmaß möglich? So, dass man Karneval nicht wahnsinnig toll findet, aber es eben auch nicht komplett ablehnt? Oder ist es für einfach nur so daher gesagt, dass man es entweder liebt oder hasst?

Das kommt vielleicht darauf an, wo man wohnt und wie hoch die Dosis Karneval ist, die Menschen in der Umgebung verbreiten. Wenn man in Köln, Mainz oder ähnlichen Gegenden wohnt, kann man den Karneval wohl nur sehr schwer ignorieren und gleichgültig behandeln, weil er sich einfach auf alles mögliche auswirkt. Die Kinder bekommen meines Wissens schulfrei, viele Menschen feiern statt zu arbeiten, die Umzüge fahren, überall finden mehrere Feiern statt und so weiter. Und wenn man da eben so intensiv damit konfrontiert wird, kann ich mir schon vorstellen, dass die Gefühle der Menschen für oder gegen den Karneval intensiver ausgeprägt sind.

Wenn man wie ich im tiefsten Norden der Republik wohnt, wo zu Karneval kaum etwas zu merken ist, dass ein Fest ansteht, außer dass vereinzelt Feiern statt finden und die Supermärkte als Sonderposten Kostüme vor allem für Kinder anbieten, kann man Karneval auch wunderbar ignorieren. Die Kinder bekommen kein Schulfrei, wegen Karneval schließt kein Geschäft und dass man mal einen Menschen findet, der sich wegen Karneval Urlaub nimmt, das hat extremen Seltenheitswert. Hier fällt es ziemlich leicht, den Karneval völlig zu ignorieren und total gleichgültig zu sein. Wenn ich keine Kinder hätte, würde die Zeit vermutlich fast unbemerkt an mir vorbei gehen, obwohl ich als Kind Karneval durchaus geliebt habe.

In meiner Region ist ein Mittelmaß eigentlich sehr gut möglich. Man weiß, wann man welche Bereiche in der Innenstadt meiden sollte, und das ist nicht mit mehr Aufwand verbunden als bei anderen öffentlichen Veranstaltungen auch. Ansonsten wird man von Fasching, wie es hier genannt wird, eigentlich überhaupt nicht belästigt. Man sieht vielleicht mal das ein oder andere Kind in Verkleidung durch die Gegend laufen, aber das stört mich nicht.

Ich habe allerdings früher mal in einer absoluten Hochburg des organisierten Frohsinns gelebt und da war es von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch wirklich nicht möglich den Trubel zu ignorieren. Da hat man schon Morgens die betrunkenen Clowns in der U-Bahn und es sind fast jeden Tag Teile der Stadt gesperrt, weil es neben dem großen Umzug am Rosenmontag auch noch die ganzen kleinen Umzüge in den einzelnen Stadtvierteln gibt. Als Unbeteiligter ist man dann irgendwann schon genervt und freut sich, wenn es vorbei ist und man wieder seinem normalen Leben nachgehen kann.

Ich finde, dass es in diesem Fall tatsächlich nur schwarz oder weiß gibt. Entweder man hasst oder liebt es. Meine Mutter hat mich früher immer schön hergerichtet für die ganzen Veranstaltungen im Kindergarten, der Schule oder im Verein. Schon als Kind wollte ich nie geschminkt werden. Mittlerweile 25 Jahre später hasse ich Karneval wie die Pest! Dieses Jahr sind wir sogar extra in den Urlaub gefahren um dem Trubel zu entfliehen.

Also in meinem Fall gab es niemals das Karneval-Lieben-Syndrom. Nie. Auch ist im Pott durchaus eine kleine Karnevalsburg, wenn auch nicht so heftig wie in Köln oder Duisburg sowie Mainz, aber hier wird der Karnevalszug auch immer größer ausgelebt, als anderswo. Schon von Kindheit an mochte ich diese Art von Menschenmengen nicht.

Erwachsene laberten mich immer wieder an. Ich soll sonst nicht mit Fremden reden, aber dann durfte ich Süßigkeiten annehmen? Eine Umarmung fand meine Mama auch nicht schlimm sowie ein Küsschen auf der Backe? Ich hingegen fand das grausam und habe ab da auch nicht mehr richtig verstanden, wann Fremder jetzt ein Fremder ist und wann nicht. Karneval war mein Hasstag schlechthin bis ich circa 14 Jahre alt war.

Immer wurde ich mitgeschleppt von meiner Mutter, von den Tanten usw. Die waren ständig blau wie eine Eule. Ich konnte bequem nach Hause gehen und habe meist in einem unentdeckten Moment genau das getan, weil die sich weiter besoffen haben und dann erst spät abends nach Hause gekommen sind. Ich sass dann längst daheim. Muss man sich auch echt mal rein tun. Da konnte ich immer froh sein, dass ich schon mit 6 Jahren wusste, welche Haltestellen ich fahren, laufen musste, viel Draußen war und selbstständig wie manche vierzehnjährigen war.

So konnte ich immer bequem nach Hause gehen und mich diesem Fest entziehen. Bis heute hasse ich Karneval und kaufe schon im Vorfeld alles so ein, dass ich an diesem Tag nicht einmal mehr vor die Türe gehen muss. Es ist wirklich für mich per se grausam. Das heißt nicht, dass die Kids das nicht genießen sollen, aber an Süßigkeiten gibt es bei uns leider auch nicht mehr die Welt. Was allerdings geworfen wird immer häufiger sind Kondome oder vorne gibt man den Älteren kleine Schnapsfläschchen, finde ich auch unmöglich.