Kann Tierleid überhaupt verhindert werden?

vom 25.08.2016, 07:50 Uhr

Wer einige andere Beiträge von mir gelesen hat, wird wissen, dass ich der veganen Lebensweise eher kritisch eingestellt bin. Ich glaube einfach nicht, dass sich Tierleid komplett vermeiden lässt. Es ist ja nicht nur so, dass Tierleid verursacht wird, wenn man auf den Konsum von Fleisch und Produkten wie Milch, Käse, Honig und dergleichen verzichtet. Auch Echtleder und Kunstleder existieren durch Tierleid. Genauso wie sämtliche Produkte auf Erdölbasis wie Make-Up, Kunststoff, Benzin, Kerosin etc. Das heißt, man würde schon Tierleid begünstigen, wenn man in den Urlaub fliegt oder den ÖPNV benutzt oder sogar ein Auto als Mitfahrer oder Fahrer benutzt. Es fallen auch technische Geräte wie Smartphone, Laptop und dergleichen in diese Kategorie.

Theoretisch begünstigt man auch Tierleid, wenn man Atomstrom, Strom aus Windkraft oder eben den Anbau von Monokulturen fördert. Das kann durch den Konsum von Soja sein, aber auch durch Biodiesel. Man fördert so gesehen auch das Tierleid, wenn man Papier benutzt, weil dafür Wälder abgeholzt werden besonders im Regenwald und dadurch eben wichtiger Lebensraum unwiderruflich verloren geht. Meiner Meinung nach kann man Tierleid gar nicht verhindern und ich kann daher Veganer nicht wirklich Ernst nehmen, die sich als Moralapostel aufspielen, sich als Vorbild hinstellen, aber gleichzeitig nicht auf Smartphone, Flugreisen und Bücher verzichten wollen, weil sie diesen Komfort zu sehr gewöhnt sind und auf diesen Luxus nicht verzichten wollen.

Für mich spielt es keine Rolle, ob das Tier vor Jahrmillionen gelitten hat und sterben musste (siehe Erdöl) oder ob es vor kurzem gestorben ist und leiden musste (siehe Monokulturen, Windkraft, Lederprodukte). Tierleid ist Tierleid und da sollte meiner Meinung nach nicht differenziert werden. Kann man Tierleid eurer Meinung nach komplett verhindern?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Komplett verhindern kann man es natürlich nicht. Das kann man wahrscheinlich nur durch Selbstmord, aber am besten so, dass die Leiche nie gefunden wird, damit sie nicht in einen Holzsarg verpackt und Erde voll Insekten umgegraben werden muss. Allerdings würde trotzdem danach gesucht werden und dabei wird Benzin verbraucht oder die Suchenden treten mal auf einen Käfer.

Ich werde sarkastisch. Entschuldigung. Aber ganz ehrlich, warum kann man denn erst ein Problem anpacken, wenn man es denn bis zur Perfektion lösen kann? Warum sollten man dann Geld für hungernde Kinder spenden, wenn es nicht gleich 200 Millionen Euro sind und damit alle Kinder für die nächsten 18 Jahre ernährt werden?

Warum sollte man für eine Klausur lernen, wenn man gar nicht garantieren kann, dass man eine Eins mit Sternchen bekommt? Warum sollte man sich mit einem netten, jungen Mann verabreden, obwohl nicht garantiert ist, dass dieses erste Date zur besten Beziehung aller Zeiten wird?

Und was heißt denn genau "Tierleid"? Das ist ja nichts Abstraktes. Jeder Veganer erspart es Tieren, qualvoll gehalten und geschlachtet zu werden. Da geht es um Individuen. Denen kannst du Namen geben. Schwein Ilse, Kuh Hedwig und die Hühner Katharina, Anna, Sabine und Marie.

Natürlich werden Ilse, Hedwig, Katharina, Anna, Sabine und Marie dann eben für jemand anders geschlachtet. Aber dennoch hat der Veganer nicht zu dem Leid dieser sechs Tiere beigetragen. Und die Schlachtzahlen verändern sich ja und die Veganer tragen ihren Teil dazu bei, dass sie sinken.

Oder gehen wir die Sache mal anders an. Du bist also kein Veganer, weil sich Tierleid eh nicht vermeiden lässt. Würdest du trotzdem für ein Reh bremsen? Wenn eine Schnecke auf dem Weg sitzt, wo dein Fuß landen würde, machst du dann einen kleineren Schritt, um sie nicht zu erwischen? Würdest du eine angefahrene Katze zu einem Tierarzt bringen? Warum, wenn sich Tierleid doch eh nicht komplett verhindern lässt?

Moralapostel mag ich auch nicht. Ich stelle mir Diskussionen mit solchen Menschen auch sehr anstrengend vor. Und ich finde es auch schade, dass sie nicht ganz ehrlich zu den Grenzen des Veganismus stehen. Dazu, dass sie eben nicht in einem Erdloch leben oder eben gleich Selbstmord begehen, um jedes Tierleid zu vermeiden. Aber für solche Menschen kann der Veganismus an sich nichts.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich bin weder Vegetarier, noch Veganer. Der Lebensstil vor allem von Veganer wäre absolut nichts für mich und ich wüsste auch nicht wie ihn meiner Familie näher bringen. Generell nehme ich jedoch ihre Absichten ernst, auch wenn ich, genau wie du, denke, dass sich Tierleid wohl nie ganz verhindern lässt.

Es ist meiner Meinung nach ein Fakt, dass es viel zu viele Tiere durch schlechte Haltung, Wilderer, Lebensraumvernichtung, usw. leiden müssen. Ein gewisses Maß an Verantwortungsbewusstsein was unser Umgang mit der Natur und anderen Lebewesen angeht, würde den meisten Menschen demnach sehr gut stehen.

Jeder kann ohne sich groß als Tierschützer hinzustellen auf gewisse Dinge achten um die Situation unserer Umwelt zu verbessern. Hierbei ist es egal, ob man recyceltes Papier verwendet, darauf achtet, dass man Produkte von Tieren einkauft, die ordentlich gehalten wurden, seinen Müll ordnungsgemäß entsorgt, damit der Lebensraum der Tiere nicht verschmutzt wird, oder ob man auf Leder- und Pelzprodukte verzichtet.

Es ist gewusst, dass die Nachfrage die Preise und die Art der Produktion bestimmt. Würden wir alle bewusster weniger oft Fleisch essen, die etwas teureren Produkte oder direkt bei einem Bauern des Vertrauens statt Discountern unsere Lebensmittel kaufen, würden die Produzenten auch irgendwann umdenken. Es wäre dann nicht mehr nötig, die Tiere mit Hormonen vollzustopfen, nur damit sie schneller wachsen und reif für die Schlachterei werden. Auch könnte man, durch Verzehr regionaler, saisonbedingter Produkte, den Import limitieren. Bedarf für Genmanipulierte Produkte gäbe es dann auch nicht, oder zumindest weniger.

Das Gleiche ist für mich der Fall bei Pelzen, Leder, Elfenbein, usw. Wenn die Menschen, wenn sie schon unbedingt diese Dinge haben möchten, mehr auf Kunstpelz oder Kunstleder zurückgreifen würden, oder wenn es schon unbedingt echt sein muss, darauf achten würden, dass sie es von einem Anbieter kaufen, wo die Tiere vorher ein ordentliches Leben hatten, würde der Markt irgendwann ändern.

Bei Riten, Traditionen, könnten Leute einfach mal ihren Kopf einstellen. Wir leben im 21. Jahrhundert. Stierkampf mag zwar für ihre Befürworter eine "schöne" Tradition sein. Dennoch ist es heutzutage absolut nicht mehr nötig Tiere zum Spaß zu quälen.

Jeder von uns kann vieles tun. Komplett auf Fleisch zu verzichten ist aber meines Erachtens hierfür nicht nötig. Auch wenn ich mich jetzt vielleicht bei manchen hier unbeliebt mache, aber: Menschen sind nun mal Allesfresser! Es liegt in unserer Natur Fleisch zu essen. Wir sind damit nicht besser oder schlechter als Tiere, die andere Tiere töten um ihren Hunger zu stillen. Allerdings gilt es zu beachten, dass Tiere NUR andere Tiere töten um ihren Hunger zu stillen. Sie töten nicht auf Vorrat und werfen es (wie viele von uns), dann wenn es nicht mehr gut ist, oder man doch keine Lust mehr hat es zu essen, einfach weg.

Mein Fazit ist demnach: Man wird das Tierleid wohl nie verhindern können, aber es sollte doch durch die Hilfe Aller, möglich sein, es deutlich zu reduzieren.

» Chrissi_87 » Beiträge: 104 » Talkpoints: 66,21 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Bienenkönigin hat geschrieben:Aber ganz ehrlich, warum kann man denn erst ein Problem anpacken, wenn man es denn bis zur Perfektion lösen kann?

Das verstehe ich auch immer nicht. Ich habe lange über diese Reaktionen von Leuten nachgedacht, woher die teilweise schon fast an Häme grenzende Verachtung gegenüber Menschen kommt, die sich bemühen, etwas in ihren Augen Gutes und Richtiges zu tun und bin für mich zu dem Schluss gekommen, dass es eine Abwehrreaktion sein muss. Man kann damit sein eigenes Gewissen so schön beruhigen bzw. sich künstliche Rechtfertigungen erschaffen.

Ich lebe selbst weder vegan noch vegetarisch, aber ich bin ehrlich und selbstkritisch genug, um zu gestehen, dass es die pure Faulheit und Bequemlichkeit ist und einigen meiner Werte diametral gegenübersteht. Ich halte auch Thesen, Menschen seien Allesfresser und auf Fleisch zwingend angewiesen für Schutzbehauptungen. Man muss in der heutigen Zeit und bei unserem Ernährungsstand kein Fleisch essen, um sich vollwertig zu ernähren. Viele wollen es aber eben und verdrängen das Leid der Tiere, davon nehme ich mich leider absolut nicht aus. Nur sollte man dann auch ehrlich zu sich selbst sein.

Warum ist es denn so schlimm oder angeblich heuchlerisch oder verwerflich, wenn Menschen versuchen, überhaupt etwas zu verbessern und sei es nur in einem kleinen Aspekt ihres Lebens? Wenn jeder auf der Welt das täte, käme in Summe so unglaublich viel zusammen. Umso mehr Leute es schaffen, vegetarisch oder vegan zu leben, umso besser. Die Summe macht es am Ende und man wird niemals Perfektion oder Hundert Prozent erreichen. Dementsprechend müsste man sich aber auch um gar nichts mehr im Leben kümmern, bringt ohnehin alles nichts.

Und man kann doch nicht die Überreste einer vor Millionen Jahren unter natürlichen Umständen gestorbene Echse mit dem Leid in unseren Schlachthöfen gleichsetzen, ich sehe im Tod dieser Fossilien nicht mal ein Leid, das wäre schon eine seltsame Rechtfertigung, warum man auf Tierschutz oder vegetarische Ernährung verzichten kann.

» Verbena » Beiträge: 4989 » Talkpoints: 2,46 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Mir ist völlig klar, dass ein einzelner Veganer nicht die Welt verändern kann. Wie auch? Aber ich denke, dass du einfach nicht verstehst, dass es Veganern nicht darum geht, sofort und am besten allein die Welt zu verändern. Es geht nicht darum, Tierleid komplett zu eliminieren. Fleischfresser wird es ja doch immer geben und das ist mir völlig bewusst. Ist ja auch völlig in Ordnung für mich.

Mir geht es darum, dass ich eben die Anzahl der Tode verringern möchte, für die ich verantwortlich bin. Kannst du das denn nicht ein Stück verstehen? Mir ist vollkommen bewusst, dass ich nichts daran ändern kann, dass Tiere sterben. Das können alle Veganer zusammen nicht und das würde auch dann nicht gehen, wenn alle Menschen auf der Welt Veganer wären. Aber soweit ich es kann und es mir gut möglich ist, möchte ich eben so wenige Tode wie möglich verantworten. Damit fühle ich mich wohler. Warum sollte ich mich denn dann besser fühlen, wenn ich viele Tode zu verantworten habe?

Auf tierische Lebensmittel zu verzichten, ist doch wirklich nicht so schwer. Und schon hat man indirekt so viel weniger Tiere umgebracht. Das ist doch super. Wenn jeder so denken würde, wäre das Tierleid auf jeden Fall schon viel weniger, auch wenn es nicht ganz verhindert werden kann. Aber weißt du was? Auch Menschenleid kann nicht verhindert werden. Auch Menschen bekommen Krankheiten, bauen Unfälle und sterben!

Aber möchte man denn nicht gerne etwas dafür tun, dass so wenige Menschen wie möglich eines unnatürlichen Todes sterben müssen? Indem man Krankenhäuser gebaut und Ärzte eingestellt hat beispielsweise und indem man spendet oder die Krebsforschung vorantreibt? Das macht man doch auch, obwohl man weiß, dass es hungernde Kinder in Afrika gibt, stell dir mal vor! Aber weil es hungernde Kinder in Afrika gibt und weil es allgemein Menschenleid gibt, kann man es deiner Meinung nach, auch ganz lassen, Menschen zu helfen, oder wie? Nein, denn jedes Leben, das man retten kann, ist es doch Wert! Und wieso sollte es bei den Tieren anders sein?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Ich lebe nicht vegetarisch oder vegan, aber ich gehe doch recht bewusst damit um, dass ich Tiere esse. So esse ich beispielsweise nicht ständig Fleisch, trinke nicht ständig nur Milch und weiß mich dennoch durchaus gesund zu ernähren. Die extremen Fleischmassen, die manche essen braucht man eigentlich auch nicht.

Ich denke, dass man nur dann wirklich etwas ändern kann, wenn jeder auch mitmacht. Es geht nicht um einen generellen Verzicht, aber es ist doch die Frage ob man wirklich zu jeder Mahlzeit Fleisch braucht. Ich kenne Menschen, die frühs mit Wurst starten, dann welche zwischen den Mahlzeiten essen, mittags einen Braten essen und abends auch noch mal Wurst. Das muss doch nicht sein. Man muss halt auch immer sehen, dass dafür ein Lebewesen sterben musste.

Mit veganer Lebensweise kann ich dennoch nur wenig anfangen. Ich schätze es, wenn man es so für sich entschieden hat und auch standhaft ist, aber für mich ist das einfach nichts. Zumal ein Veganer auch nicht die Welt ändern kann, aber wenn wir alle bewusster Fleisch konsumieren würden und vor allem auch Wert auf Qualität legen würden, wäre das Tierleid deutlich weniger.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich denke auch nicht, dass man wirklich Komplett Tierleid verhindern kann. Aber selbst ein bisschen dazu beizutragen, ist sicherlich nicht falsch. Ich könnte mir jedoch auch nicht vorstellen, vegan zu leben. Ich achte eben darauf, woher die Eier sind, die ich konsumiere und esse nicht viel Fleisch. Eine Zeitlang habe ich auch vegetarisch gelebt und eigentlich nichts vermisst. Dennoch finde ich es für den Menschen schon gesund, hin und wieder etwas Fleisch zu essen. Das liegt ja auch in der Natur des Menschen.

Man muss auch bedenken, dass das Leben der Tiere erst im Laufe der Jahre an Leid zugenommen hat. Früher wurden Tiere noch meist eher artgerecht gehalten und dann auch komplett verwertet. Von ihrem Fleisch über das Fell bis zu den Hufen. Heute sieht das ja doch anders aus und es wird Massenhaltung betrieben und das Wohl der Tiere nicht beachtet. Die Gesellschaft hat das Leid der Tiere verschlimmert. Der Steinzeit Mensch in seiner Höhle hat nur so viel gejagt, wie er auch verbrauchen konnte und dann eben das komplette Tier verwertet.

Weil ich mich vegan ernähre, wird es nicht weniger Straßenhunde in verschiedenen Ländern geben oder irgendwo auf der Welt hört dadurch jemand auf, seine Haustiere zu quälen. Ich denke, dass es immer irgendwo ein leidendes Tier geben wird, so traurig dies auch ist.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



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