Jemanden nicht trösten, weil er selbst schuld an etwas ist?

vom 23.03.2016, 20:20 Uhr

Ich war kürzlich mit der Bahn unterwegs, wobei das gerade zur Mittagszeit war, wobei viele Schüler da wohl auch gerade Schule aus hatten. Jedenfalls saß ich dann in der Nähe von zwei Mädels, die wohl in der Oberstufe sein mussten, wie es sich anhörte.

Sie hatten gerade eine Klausur zurückbekommen, worüber sie sich unterhielten. Eine der Mädels hatte eine ziemlich schlechte Note bekommen, was ihr sichtlich zu schaffen machte. Sie beschwerte sich bei ihrer Freundin dann die ganze Zeit darüber, dass diese sie ja überhaupt nicht trösten und aufmuntern würde.

Das andere Mädchen meinte dann, dass sie ja selbst schuld sei, dass sie eine schlechte Note bekommen hatte. Immerhin hätte sie das Wochenende vor der Klausur nur gefeiert, anstatt zu lernen. Von daher müsste sie sich nicht darüber wundern und dürfte nun keinen Trost erwarten.

Tröstet ihr Leute nicht, wenn sie selbst schuld an etwas sind? Verzichtet ihr darauf, jemanden aufzumuntern, wenn ihr genau wisst, dass die Person selbst schuld an ihrer Lage ist? Wie würdet ihr in so einer Situation handeln?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Ich finde das Trost spenden nicht davon abhängig sein sollte, ob jemand selbst schuld an seiner Situation ist. Manchmal trifft man eben die falschen Entscheidungen und braucht dann ein bisschen Trost und Zuspruch. Aus seinen Fehlern lernt man ja auch.

Was wäre es denn für eine Freundschaft oder Beziehung, wenn man jemanden vor der Tür stehen lässt, der Trost sucht, nur weil er dies selbst verschuldet hat. Ich würde da nie sagen, dass die Person selbst schuld ist und deswegen keinen Trost verdient.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


So kaltherzig kann auch nur jemand sprechen, der mit einer Person, die getröstet werden möchte, nicht wirklich verbunden ist. Ich meine, wenn ich sehe, was weit entfernte Nachbarn oder Arbeitskollegen, mit denen ich kaum etwas zu tun habe, für dämliche Fehler machen, selbst Schuld sind und dann hinterher Jammern, dann bekommen diese Menschen von mir auch keinen Zuspruch und ich tröste sie nicht. Ich stehe ihnen schließlich nicht nahe genug, dass ich mitfühlen könnte und außerdem sind mir diese Menschen total egal und ich kümmere mich mehr um meinen Kram.

Bei Freunden oder Familienangehörigen ist das aber was komplett anderes. Wenn mein Sohn schon zur Schule gehen würde und zu faul wäre zu lernen und deswegen eine schlechte Note schreiben würde, würde ich ihn auch nicht fertig machen und ihm die Schuld dafür geben. So etwas macht man nicht und ich würde mich als Mutter eher als absolute Versagerin fühlen. Ich würde ihn trösten und ihn versuchen zu motivieren, es nächstes Mal besser zu machen. Wie Nelchen schon sagte, lernt man doch aus seinen Fehlern.

» Esri » Beiträge: 485 » Talkpoints: -0,11 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich bin generell schlecht im Trösten, das muss ich leider zugeben. Mir fällt nie ein, was ich bei banalen Alltagsproblemen sagen soll: "Wird schon wieder!"? "Das nächste Mal läuft bestimmt besser!"? Ich komme mir da immer doof vor, da ja eigentlich jeder weiß, dass die Welt von einem Fünfer in Mathe nicht untergeht.

Wenn etwas Schlimmeres passiert, lege ich mich natürlich mehr ins Zeug und packe auch meine etwas unterentwickelten Zuhörerqualitäten aus, aber generell bin ich eher der Typ für praktische Ratschläge als für mitfühlende Floskeln. Wohlgemerkt, wenn es nicht um Leben und Tod geht, sondern eher um Alltagsprobleme.

Wenn ich jedoch versuche, jemanden zu trösten, mache ich meine Bemühungen von meiner Beziehung zu der trostbedürftigen Person abhängig und nicht davon, ob sie selber schuld an ihrer misslichen Lage ist. Meistens ist man ja irgendwie selber schuld, und ich will ja selber auch manchmal etwas Aufmunterung hören, egal, ob ich etwas selber verbockt habe oder die Umstände schuld sind.

Ich tröste also entweder ohne Hintergedanken oder gar nicht, verzichte aber in der Regel auf den Hinweis, dass jemand selber schuld an seiner misslichen Lage ist. Das wissen die Leute schon, und es ist strategisch unklug, sich absichtlich unbeliebt zu machen.

» Gerbera » Beiträge: 11319 » Talkpoints: 49,61 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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