Jemanden fragen, ob man ihm einen Ratschlag geben darf?
Ich habe es schon mitbekommen, dass mich Freunde gefragt haben, ob sie mir einen Ratschlag geben dürfen. Sie haben nicht von sich selbst aus sofort Tipps gegeben, sondern mich quasi erst um Erlaubnis gefragt. Das fand ich eigentlich ganz nett, wobei ich dann aber immer bejaht habe - wenn mich die Person schon so neugierig gemacht hat, dann musste ich es auch wissen, auch wenn ich vielleicht insgeheim wusste, dass der Ratschlag mir nicht gefallen würde.
Wenn man jemanden fragt, ob man ihm etwas mitteilen darf, dann steigert das aber oft die Nervosität, wie ich finde. Man erwartet ja irgendwie etwas Negatives und hat in diesem Moment eher Möglichkeit, sich alles mögliche auszumalen. Da finde ich es manchmal schon entspannter, wenn die Person sofort mit der Sprache herausrückt und nicht erst nachfragt. Fragt ihr Leute zuerst, ob ihr ihnen einen Ratschlag erteilen oder etwas Negatives mitteilen dürft, bevor ihr das einfach macht?
Ich finde, dass Ratschläge manchmal auch nerven können und dass es dann unangenehm ist, sich die gut gemeinten Ratschläge anderer anhören zu müssen, die einem gar nicht weiterhelfen und nur das wiederholen, was man ohnehin schon weiß. Das mag ich selbst beispielsweise nicht. Und es gibt viele Situationen, da wöllte ich von anderen keine Ratschläge hören und finde es dann unangenehm oder auch bedrängend, wenn ich mir die tollen Tipps anderer anhören muss.
Denn der Tippgeber denkt ja oftmals, dass er etwas besser weiß und in vielen Situationen sind diese Hinweise einfach nur das Wiederholen von Allgemeinsätzen, die einem wirklich gar nichts bringen und da ist es mir lieber, wenn jemand fragt und ich sagen kann, dass ich keine Ratschläge will.
Mir sind solche Situationen bekannt, denn ich wurde auch schon gefragt, ob man mir einen Ratschlag geben darf und auch ich war in Situationen, in denen ich die Betroffenen vorher gefragt habe, ob meine Meinung erwünscht ist. In den Fällen hat der Ratgeber meiner Meinung nach oft die Befürchtung, dass sein Ratschlag nicht gut ankommt und will eben mit der vorherigen Frage sicherstellen, dass dieser bereit ist, zuzuhören.
So kenne ich auch Personen, die sehr zickig und distanziert geworden sind oder mich regelrecht verbal angegriffen haben, als ich ungefragt mit meiner Meinung herausgeplatzt bin. Bei solchen Menschen bin ich dann in Zukunft vorsichtiger und frage vorher lieber noch einmal nach, ob ich meinen Senf dazugeben darf. Entgleist diese Person dann verbal, kann ich ihr immer noch sagen, dass ich es auch hätte für mich behalten können, sie meinen Ratschlag aber hören wollte. Ich ziehe mich sozusagen aus der Verantwortung.
Auch wenn mich jemand fragt, ob er mir zu meiner Situation einen Ratschlag geben darf, so bin ich in diesem Moment besonders aufmerksam und versuche neutral auf das zu reagieren, was mir diese Person nun mitteilen möchte. Ich finde es also nicht verwerflich, wenn man vorher gefragt wird oder fragt, wenn man einer Person einen Ratschlag geben möchte. Ich halte es sogar für äußerst sinnvoll.
Was spricht dagegen? Je nachdem, um welchen Menschen und um welche Situation es sich handelt, reagiert jeder entsprechend anders. Manche Menschen wollen dann einen Rat hören, trauen sich aber nicht, das direkt zu kommunizieren. Andere Menschen wollen auf gar keinen Fall einen Rat hören, sondern müssen unbedingt selbst herausfinden, wie der richtige Lösungsweg aussieht. Daher handhabe ich das ebenfalls so und frage nach, ob die Person von selbst eine Lösung finden möchte oder ob sie Hilfe wünscht oder benötigt.
Bisher waren die Reaktionen in dieser Hinsicht auch nicht negativ. Vor kurzem hatte ich erst den Fall, dass eine Freundin sich ein neues Smartphone kaufen wollte und ziemlich ratlos war und nicht wusste, wie sie da am besten vorgehen sollte. Ich fragte sie also direkt, ob sie Hilfe und einen Rat benötigt oder ob sie ganz alleine zum Ziel kommen möchte. Sie bat mich um einen Rat, allerdings mit der Einschränkung, dass ich ihr auf gar keinen Fall ein konkretes Gerät empfehlen sollte.
Das tat ich dann auch. Ich empfahl ihr ein Online-Tool, mit dem sie die Geräte entsprechend filtern konnte, sodass ihr nur noch die Geräte angezeigt worden sind, die ihre Kriterien erfüllt haben. So musste sie statt gefühlt hundert Smartphones nur noch zwei oder drei Geräte genauer anschauen und konnte sich so schneller und leichter entscheiden.
Ich finde es in manchen Situationen ganz gut, wenn man das vorher abklärt, ob man der Person einen Ratschlag geben darf. Dann hat die Person noch immer die Möglichkeit, das abzulehnen und dann ist man eben ruhig. Das ist doch besser, als wenn man ungefragt einen Rat erteilt, den die Person schon zig mal gehört hat und leid ist oder den sie doch nicht umsetzen wird.
Mir wäre es tatsächlich auch lieber, wenn mich diese Frage manche Leute fragen würden, bevor sie mir einen Ratschlag erteilen. Oft denke ich mir nach einem vielleicht auch gut gemeinten Rat, dass ich doch nicht um Hilfe gebeten habe. Das spreche ich dann nicht aus, aber schon der Gedanke muss ja nicht sein, wenn man einen Rat eben auch ausschlagen darf.
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