Jemandem die Angst vor der Elternschaft nehmen?

vom 05.04.2017, 19:24 Uhr

Ein guter Freund von mir hat schon seit jeher Angst davor, einmal Vater zu werden. In den vergangenen Jahren war das auch dank beruflichem Stress bei ihm und seiner Frau kein Thema. Nun haben sich aber die Wogen geglättet und es wäre ausreichend Zeit und auch ausreichend Geld da. Bereit fühl er sich trotzdem noch nicht.

Neulich haben wir uns getroffen und seine Frau hat mir berichtet, dass er sich, obwohl er wohl sehr gerne Kinder hätte, sich einfach nicht dazu durchringen kann. Er hat da diverse Ängste. Eine davon scheint wohl zu sein, kein guter Vater zu sein und nicht richtig für das Kind sorgen zu können. Nun muss man dazu wissen, dass die beiden schon Mitte 30 sind und nicht mehr ewig Zeit bleibt, schon aus biologischen Erwägungen.

Ich kann auch die Ängste meines Freundes vollkommen verstehen. Allerdings sind sie in seinem Fall absolut irrational: Die beiden wohnen in einer super Wohnlage in einem großen Haus und haben wirklich ausreichend Geld, weil sie das letzte Jahrzehnt beide massiv verdient haben. Es steht einer Verwirklichung des Kinderwunsches nichts im Wege.

Gesprochen habe ich natürlich schon mit ihm und er war schon ein bisschen einsichtig. Dennoch weiß ich nicht, ob das hier reicht. Daher: Kennt ihr noch eine gute Möglichkeit, jemandem die unbegründete Angst vor der Erfüllung des Kinderwunsches zu nehmen? Meint ihr, in so einem Fall wäre eine leichte Therapie schon angemessen? Es handelt sich ja nicht um das Stigma des "Verrücktseins", sondern um verständliche Ängste, die aber halt vollkommen irrational sind.

» Mr. Law » Beiträge: 365 » Talkpoints: 25,43 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich denke, dass es in einem gewissen Maße normal ist, wenn man Angst hat. Immerhin hat man es ja noch nicht durch und man weiß, dass das alles verändert und auch der Alltag danach ganz anders sein wird. Zudem hat man keine Erfahrung wie man mit diesem neuen Stress umgehen wird und daher kann man eine gewisse Angst haben.

Deswegen auf den Wunsch zu verzichten ist aber meiner Meinung nach total albern. Man kann es ja nur versuchen, sich gut vorbereiten und wenn man sich sorgt hat man sicherlich schon gute Voraussetzungen, weil es einem dann nicht egal ist und man sich um die Kinder sicherlich auch gut kümmern wird.

Helfen kann man da nicht wirklich. Sicherlich kann man ihm gut zureden, aber letztendlich kann man auch keine Lampe halten und überreden ist bei dem Thema auch nicht gut. Wenn man selber Kinder hat, kann man über eigene Ängste reden, die man gehabt hat.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Kinder sind keine Fische oder Hamster, die man nur so nebenbei als Haustier hält. Die fordern viel heraus und es ist schon nicht falsch, wenn man sich das vergegenwärtigt. Da hilft die gute Wohnlage wenig. Kinder sind anstregend und da kann auch einiges schief gehen. Wenn die Ängste so stark sind, dann ist das vielleicht auch ein Signal, dass man wirklich nicht bereit für Kinder ist und dann sollte man es lassen. Es muss ja nicht jeder Kinder haben.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich sehe es prinzipiell nicht als meine Aufgabe an, anderen Erwachsenen (wohlgemerkt, wir reden jetzt hier nicht von Kindern und dem Zahnarzt oder dem Monster unter dem Bett!) Ängste vor irgendwas zu nehmen und weiß auch ehrlich gesagt gar nicht, wie das funktionieren soll. :think: Mehr als jemandem "gut zureden" kann man ja eigentlich nicht, und ich werde den Teufel tun und die Verantwortung auf mich laden, dass jemand auf mein gutes "Zureden" hin ein Kind in die Welt setzt, und die Kiste dann prompt an die Wand fährt, weil die "Ängste" doch begründet sind und er sich als grottenschlechter Vater herausstellt.

Ich verstehe sowieso nicht, wieso die Elternschaft immer noch einerseits als höhres Lebensziel dargestellt wird und andererseits als eins der schwierigsten, anspruchsvollsten und Opferbereitschaft verlangenden Unternehmen im Leben. Ich würde ja auch niemandem die Angst davor nehmen wollen, sich ein Haustier zuzulegen, wenn sich die Person Sorgen machen würde, kein guter Tierhalter zu sein. Aber bei einem Kind ist es auf einmal ganz selbstverständlich, dass jeder im Prinzip eins oder mehrere haben will und ganz automatisch ein guter Vater oder eine gute Mutter sein wird, wenn es für einen Rückzieher zu spät ist.

Deswegen würde ich mich in derart weitreichende Lebensentscheidungen meiner Mitmenschen lieber überhaupt nicht einmischen. Mir selber wäre es ja auch nicht recht, wenn man mir auf einmal einreden würde, ich müsse mich doch fortpflanzen und all meine Bedenken seien völlig unbegründet, aus nicht näher definierten Gründen.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ein gutes Umfeld, wie ein schönes Haus mit Garten und genügend Einkommen, geben einem vielleicht schon etwas Sicherheit. Aber das nimmt deinem Bekannten sicherlich nicht die Ängste davor, kein guter Vater zu sein. Das Umfeld ist sicherlich wichtig, aber eben auch nicht alles. Ich kann solche Ängste und Bedenken durchaus nachvollziehen und denke, dass die fast jeder hat, der sich Kinder wünscht. Ein gewisses Maß an Zweifel sind da sicherlich völlig natürlich und auch durchaus gut. Es wäre doch falsch, wenn man viel zu locker an die Kinderplanung heran ginge und sich keinerlei Gedanken darum machen würde.

Allerdings denke ich auch, dass kein Außenstehender deinem Bekannten die Ängste dies bezüglich nehmen kann. Er wird sich nur selbst überwinden können, um eben ein Kind zu bekommen oder auch nicht. Nun kommt sicherlich noch der biologische Druck dazu. Das erschwert die Sache sicherlich, aber es könnte auch helfen, dass sich der Bekannte doch einen Ruck gibt und den Kinderwunsch angeht. Vielleicht würde es ihm helfen, mal zu einer Elternberatungsstelle zu gehen. Versuchen könnte er es ja mal.

Benutzeravatar

» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Um die Angst zu nehmen müsste man wissen, woher sie ursprünglich kommt. Ich denke auch, dass es hier nicht um materielle Dinge wie Einkommen oder Wohnumfeld geht. Klar kann jeder seinen Job verlieren und dann ist die Finanzierung der Familie nicht mehr so einfach wie vorher. Aber ich denke es geht ihm hier eher um Softskills. Also wie erzieht man? Wie geht man damit um, wenn man nicht so geduldig sein kann, wie man es gar nicht sein möchte? Wird man vielleicht automatisch so wie ein eigenes Elternteil erziehen, mit dem man ein Problem hat? Ich denke eher, dass die Probleme aus der Ecke kommen werden.

Und je mehr Elternschaft mystifiziert wird, weil immer mehr Paare keine Kinder bekommen und diejenigen die Kinder haben immer weniger Kinder haben, desto komplizierter sieht das alles aus. Natürlich ist Elternsein immer ein Lernprozess. Als perfekte Mama oder perfekter Papa fällt man nicht vom Himmel. Wichtig ist aber, dass man bemüht ist, sich zu verbessern und zu entwickeln und dass man dem Kind dabei Nestwärme geben kann, auch wenn mal ein Fehler passiert. Perfekt sind wir alle nicht. Und selbst engagierte Eltern mit mehreren Kindern machen immer noch ab und an Fehler bei der Erziehung, weil eben jedes Kind einen anders heraus fordert und man jedes Mal neues lernen muss mit einem anderen Kind.

Von daher denke ich schon, dass ein sinnvolles Seminar für Eltern da Ängste nehmen und falsche Vorstellungen ausräumen kann. Und man steht ja als Elternteil nicht alleine da. Es gibt immer Fachleute, die man um Rat bitten kann, wenn man nicht alleine weiter weiß.

Benutzeravatar

» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Als wenn ein Haus, Geld auf dem Konto und eine nette Einrichtung etwas daran ändern, ob man ein guter Vater ist oder nicht. Sicherlich gibt es Sicherheiten und man kann ein wenig entspannter das ganze herum sehen, aber auch solche Menschen können bescheidene Väter sein. Davon hatte ich selbst einen, dickes Haus, dickes Auto, großer Klumpen Geld auf dem Konto und dennoch der mieseste den man sich vorstellen kann, aber er meinte natürlich er ist der beste auf Erden.

Ich sehe es auch nicht als meine Aufgabe an, dass ich jemanden die Ängste vor etwas nehmen sollte, was seine persönliche Entscheidung ist. Fakt ist jedenfalls, dass man es nicht vorher sagen kann, wenn man es nicht ausprobiert. Zwar kann man dann ebenfalls zu einem Rabenvater mutieren und alles falsch machen aus der Sicht des Kindes, aber genauso kann man alles richtig machen oder auch fast alles, dass man sich wie die meisten Eltern auch im Mittelfeld befindet. Jeder macht mal Fehler und niemand ist perfekt, auch nicht bei der Kindererziehung und der Aufzucht von der eigenen Brut, aber wenn man ein wenig Verstand besitzt, dann erklärt sich vieles von alleine auch aus den eigenen Erfahrung heraus.

Andere schaffen es mit weniger als dem Hartz 4 Satz auch ihre Kinder groß zu bekommen, somit ist das Geld alleine nicht das ultimative aber auch von Luft und Liebe alleine kann man nicht leben. Sicherlich gibt es schöne Momente auch mit Kindern, aber auch die stressigen und blöden gehören dann mit dazu, wo man das Kind am liebsten im Wald aussetzen würde. Da dann aber wieder die Beherrschung zu finden und genau das nicht zu machen ist die Kunst der Gradwanderung.

Klar hat wohl jeder seine Ängste der Nachwuchs plant oder auch erwartet, aber in vieles wächst man einfach mit der Zeit hinein. Da braucht man keine Bücher verschlingen und andere Eltern um Rat fragen, das gehört einfach zu den Sachen die man ausprobiert. Baut man vollkommenen Mist mit den Kindern, dann gibt es in Deutschland auch Institutionen die sich derer annehmen und die Kinder dann ggf. auch abnehmen wenn sich daran gar nichts ändert. Das gibt es an anderen Stellen nicht und wie gesagt, Geld und schicke Wohnung mögen zwar das Gewissen beruhigen, aber das hat gar nichts damit zu tun ob man hinterher auch einen guten Vater abgibt.

Auch darf nicht vergessen werden, solange die Kinder klein sind, sind die Eltern immer die Helden, egal wie reich, wie arm, wie gut oder wie schlecht sie in den Augen der anderen sind. Das ist einfach weil das Mama und Papa ist. Mein Sohn liebt seinen Vater auch abgöttisch, obwohl das ein Rabenvater ist, der sich nie gekümmert hat, kein Interesse an ihm zeigt, fast nie zu Besuchen kommt, ihn nicht am Wochenende abholt und noch nie einen Ausflug alleine mit ihm gemacht hat, geschweige denn ihn gefüttert, gewickelt oder sonst was. noch nicht einmal ein Geschenk bekommt er von ihm zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Wenn er bei ihm ist oder auch war, dann muss mein Sohn still in der Ecke sitzen und dennoch ist sein Papa für ihn (noch) der größte Held.

Benutzeravatar

» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Das ist richtig, was Sorae schreibt, dass Kinder in den ersten Lebensjahren uns einen großen Vertrauensvorschuss entgegen bringen. Aber den sollte man als Elternteil niemals insoweit ausnützen, dass man sie wie ein Idiot verhält, weil man weiß das Kind liebt einen trotzdem. Da finde ich es besser, wenn sich jemand Sorgen macht, ob er seine Aufgabe als Vater gut meistern wird als jemand, der sich blind darauf verlässt, dass das Kind eh nicht anders kann, als es zu lieben. Spätestens wenn die Pubertät anfängt kommt das nämlich sonst zu extremen Spannungen zwischen Eltern und Kind. Ewig kann man das Kind nämlich nicht hinters Licht führen.

Mal abgesehen davon, was man beim Kind mit so einem absichtlichen Verhalten auslösen würde, wird man es dann in der Pubertät des Kindes auch nicht leicht haben, wenn sich berechtigte Wut auf den Elternteil entlädt!

Benutzeravatar

» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Wann der optimale Zeitpunkt ist, um eine eigene Familie zu gründen ist schwer zu sagen. Ich denke fast, dass es diesen einfach nicht gibt. Wenn man möchte findet man immer etwas, das dagegen spricht Kinder zu haben.

Ein Kind in die Welt zu setzen ist eine schwere Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen muss. Das man in gewisser Weise Angst davor hat ist verständlich. Sie verändert das ganze Leben. Immerhin gibt man seine Unabhängigkeit auf. Man kann nicht mehr spontan abends weggehen oder übers Wochenende wegfahren. Eine Nacht durchschlafen wird mit Baby ebenfalls zum Luxus. Man trägt 24 Stunden, 7 Tage die Woche Verantwortung für sein Kind.

Aber dennoch ist es das schönste auf der Welt, sein kleines Wunder Tag für Tag sehen zu können und sich mit dem Zwerg über jede noch so kleine Kleinigkeit zu freuen. Ich finde mit einem Kind sieht man die Welt wieder ganz anders. Nichts ist schöner, als sein eigens Kind dabei zu begleiten groß zu werden. Auch wenn es anstrengend ist, ein Kinderlachen gibt dir so viel zurück.

Bei deinem Freund ist es fraglich ob er einfach Angst vor der Verantwortung hat und sein "unabhängiges" Leben zu verlieren, oder ob dieses Verhalten auf irgendeine Erfahrung zurückgeführt werden kann, die er als Kind gehabt hat. Vielleicht hat er Angst als Vater zu versagen, weil er vielleicht selbst keinen guten Vater gehabt hat. Das ist hier von dieser Stelle aus schwer zu beurteilen.

» Birdy93 » Beiträge: 767 » Talkpoints: 10,23 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ist sich dein guter Freund wirklich sicher, dass er Kinder haben möchte? Vielleicht sagt er das auch nur so, weil er denkt, dass Kinder nun irgendwie auch mal langsam dazugehören, nachdem die beiden sich ein solides Leben aufgebaut haben. Es kann ja auch sein, dass die Familie oder seine Partnerin dabei eine Rolle spielt.

Ich bin nicht sicher, ob ich diese Unsicherheit wirklich nachvollziehen kann. Ist dieser Mann generell so wenig überzeugt von sich, oder bezieht sich seine Unsicherheit allein auf die Idee, vielleicht Vater zu werden? Es wird nie eine Garantie dafür geben, dass dieser Mann ein guter Vater wird, was auch immer er und seine Freundin darunter verstehen. Daher ist es auch müßig, über diese Sorgen nachzudenken. Es wäre sicher ratsamer, wenn der Mann versuchen würde, mal ernsthaft darüber nachzudenken, warum er solche Ängste hat. Hat er vielleicht einen nicht ganz so „guten“ Vater erlebt und fürchtet nun, dass er auch kein besserer Vater wird? Die Überlegungen in diese Richtung sind sicher endlos und die Antworten kann letztendlich nur er liefern.

Als Außenstehender kann und sollte man meiner Ansicht nach nichts unternehmen. Ein erwachsener Mensch, zudem noch jemand, der schon ein bisschen Lebenserfahrung gesammelt hat und kein halbes Kind mehr ist, sollte selbst in der Lage sein, den für ihn richtigen Weg zu wählen. Zudem finde ich auch nicht, dass man jemanden von etwas überzeugen kann, mit dem er oder sie hadert. Vielleicht braucht er einfach noch etwas Zeit. Es kann natürlich sein, dass es irgendwann zu spät ist. Damit muss man dann auch leben können.

Benutzeravatar

» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^