Jedem erzählen, dass der Partner Krebs hat?
Aufgrund einer US-amerikanischen Serie, die ich gesehen habe sowie Erfahrungen in der Familie, wollte ich mal gerne mit Euch darüber reden. Und zwar geht es darum, dass Frau A erfährt, dass ihr Mann B Krebs hat. Dieser geht damit von Anfang an weniger dramatisch um, wie Frau A, aber nimmt die Sache natürlich trotzdem ernst, die medikamentöse und Strahlenbehandlung ebenso.
Allerdings möchte Herr B keinerlei Veränderung im Verhalten anderer oder gar Mitleid. Frau A hingegen ist ständig damit beschäftigt, herumzuheulen, alles was er tut, zu verbieten und vieles mehr. Immer mit dem Sinn, er hat ja Krebs. Er kann also nicht einmal mehr Trampolin springen, ohne dass sie auf seine Erkrankung pocht, einkaufen usw.
Leider stellt sich heraus, dass Frau A auch ständig darüber berichtet, dass ihr Mann B Krebs hat. Sie erzählt es ihrer Familie, entfernten Bekannten sowie Nachbarn. Herr B ist davon gar nicht angetan und stinksauer, was Frau A überhaupt nicht nachvollziehen kann.
Würdet Ihr es jedem erzählen, wenn Euer Partner Krebs hat? Würdet ihr zudem immer wieder auch gerade dann davon berichten, wenn die Aktivitäten, die geplant sind, stressiger sein könnten, der Adrenalinspiegel hoch ausfällt usw? Würdet Ihr dann über den Krebs reden, ihn entsprechend erwähnen und mitteilen, dass der Partner Krebs hat oder findet Ihr das genauso respektlos und erzürnend wie der Mann?
Ich vermute Mal, dass die Frau deswegen darüber spricht, weil sie das noch irgendwie verarbeiten muss und unter Schock steht. Manche Menschen verarbeiten ihre Gefühle und Schockzustände eben dadurch, dass sie darüber reden. Vielleicht stecken auch andere Motive (Mitleid, Aufmerksamkeit) dahinter, aber das wird man so aus der Distanz nur schwer beurteilen können.
Ich persönlich kann das Verhalten nicht wirklich nachvollziehen. Gerade, wenn der Partner nicht möchte, dass das nicht weiter erzählt wird, dann sollte sie das respektieren und entsprechend umsetzen. Denn der Krebs betrifft schließlich ihn und ist damit seine Privatsache und nicht ihre Angelegenheit.
Ich kann beide Seiten verstehen. Einerseits ist eine Krebsdiagnose natürlich auch für Angehörige nicht leicht und löst eine Menge Ängste und Befürchtungen aus, aber wie man damit umgeht, ist dann die entscheidende Frage. Sie möchte ja nur helfen und meint es gut, aber was für den einen eine sinnvolle Unterstützung ist, ist für den anderen nur eine zusätzliche Last. Und in dem Fall, den du beschreibst, scheinen ja auch zwei ganz unterschiedliche Typen aufeinanderzutreffen. Sie ist überfürsorglich, überängstlich, und er erweckt den Eindruck, seine Diagnose eher ein wenig zu verdrängen.
Allerdings ist ihr Verhalten wirklich grenzwertig und tendiert meiner Meinung nach schon zur Respektlosigkeit. Sie nimmt ihrem Mann ja komplett die Selbstbestimmtheit und stellt die Krebsdiagnose über alles andere. Aber er ist immer noch ihr Ehemann, ein Familienmitglied mit vielen Stärken und Schwächen usw, das UNTER ANDEREM auch Krebs hat. Und nicht "der Krebskranke" in der Familie.
In meiner Familie gibt es auch ein Familienmitglied mit einer sehr schweren Krankheit, und es hat lange gedauert, bis bei uns allen die Message angekommen ist, dass er nicht mit der Krankheit identifiziert und gleichgesetzt werden will, sondern es einfach ein Aspekt seines Lebens neben vielen weiteren ist.
Ein absolutes No-Go ist natürlich auch, jedem von der Krebsdiagnose zu erzählen, ohne dass dies vorher mit ihrem Mann abgesprochen war. Ich an ihrer Stelle hätte ihn gefragt, wie er gerne damit umgehen würde - ganz transparent, oder sollte diese Information nur im engen Familien- und Freundeskreis bleiben? Damit hätte sie mehr Respekt und Achtung ihm gegenüber gezeigt.
Ich denke, ein guter Weg wäre potenziell gewesen, ihren Mann einfach zu fragen, was er sich wünscht. Stichwort Kommunikation. Mal ist das vielleicht Nähe und Zuneigung, mal will er vielleicht über seine Ängste sprechen, aber manchmal will man vielleicht auch einfach seine Krankheit für einen Augenblick vergessen und ein bisschen Normalität in den Alltag bekommen. Oder vielleicht braucht man auch mal einige Tage Abstand, Zeit für sich.
In meiner Ehe gibt es eine Abmachung, die im Raum steht und in der ich mich auch in so einem Moment halten würde. Ich darf mit meinem besten Freund über alles reden, auch alles erzählen und mir da auch Rat holen, aber sonst bleiben gewisse Sachen einfach unter uns und werden nicht vor anderen Menschen breitgetreten. Selbes Recht hat mein Mann natürlich auch. Man muss über gewisse Dinge vielleicht auch mal mit anderen Menschen reden um sich eine Meinung bilden zu können, wobei wir auch immer über alles miteinander reden.
Ich denke, dass niemand etwas erzählen sollte, was einem eigentlich nicht betrifft. Die Frau scheint hier einfach nur reden zu wollen, selber scheint sie mit der Situation so gar nicht klarzukommen. Man sollte das aber auch innerhalb der Beziehung klären. Wenn man bevormundet wird, dann muss man das sagen, wenn es einen nicht passt. Man hat doch auch als Krebspatient einen Mund mit dem man reden kann und dann sollte man auch Dinge ansprechen, die einen nicht passen und auch die Frau kann sich mit ihrem Problem Hilfe suchen.
Beide scheinen zu wenig miteinander zu reden und gerade in so einer schwierigen Situation ist das sicherlich auch etwas, was man nachvollziehen kann, aber dennoch muss man einen Weg finden mit dem beide Partner leben können. Breittreten dass der Partner Krebs hat finde ich nicht fair, zumal dieser ja den Wunsch hatte, dass sich nichts ändert und er normal behandelt wird. Mehr bevormunden geht ja schon nicht mehr und das wäre für mich sicherlich auch ein Grund um wirklich einen großen Streit zu haben.
Es ist doch die Entscheidung des Betroffenen, wem er von seiner Krebserkrankung erzählen möchte. Ich würde mich da als Partner sehr zurückhalten und ihm nicht vorschreiben, was er zu tun und zu lassen hat oder wem er davon erzählen sollte. Auch würde ich damit sicherlich nicht hausieren gehen. Da sollte es doch klare Absprachen geben, um eben Missverständnisse direkt zu vermeiden. Man sollte schon die Wünsche des Partners akzeptieren. Immerhin geht es doch um ihn und er ist krank.
Ich kenne auch einen Fall, bei dem der Mann sehr krank sein soll. Die Frau erzählt das überall herum und jammert auch viel deswegen. Da kommt es schon so rüber, als wenn sie eben von allen Aufmerksamkeit und Mitleid haben möchte. Vielleicht hat die Frau aber auch nur ein Mitteilungsbedürfnis und weiß nicht, wie sie mit der Erkrankung ihres Partners umgehen soll.
Ich denke auch, dass es hier um einen Verarbeitungsprozess geht. Man hofft auf Aufmerksamkeit und Empathie von Anderen, wo man in der Regel aber oft nur auf eine Mauer des Schweigens und Schams stößt. Leute die nicht betroffen sind und keine Angehörigen sind reagieren oft nur mit oberflächlichen Verständnis und sind dann froh, wenn das jeweilige Telefonat oder Treffen mit dem Angehörigen des Krebskranken vorbei ist, so habe ich es zumindest oft erlebt. Es muss nicht immer so sein, es gibt auch Menschen die einen nicht so kommen. Solche sucht man doch jeweils auch im Umkreis.
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