Je mehr Bildung als Pädagoge, desto verzweifelter?
Ich habe schon mehrfach die Aussage gehört, dass studierte Pädagogen, die beispielsweise als Erzieher im Kindergarten arbeiten würden, am schlimmsten wären. Denn bei Pädagogen und Erziehern wäre es grundsätzlich so, dass diese unzufriedener, verzweifelter und frustrierter wären, je höher der Bildungsabschluss wäre. Soll heißen, dass eine Erzieherin mit einer normalen Ausbildung "besser" dran wäre (vom Denken und von der Einstellung her) als eine Erzieherin, die einen Studienabschluss hätte.
Begründet wird das damit, dass man im Studium eben lernen würde, wie sich Kinder entwickeln und benehmen würden je nach Alter und da Kinder sich nur selten so entwickeln, wie die Forschungsergebnisse es vorhersehen und dabei noch ein individuelles Tempo haben, würde das die studierten Erzieher eben frustrieren und regelmäßig verzweifeln lassen. In dieser Hinsicht wäre zu viel Bildung kontraproduktiv. Ist das nur ein Klischee-Denken oder ist da tatsächlich etwas Wahres dran? Ist es tatsächlich so, dass die Verzweiflung eines Pädagogen parallel zum Bildungsgrad ansteigt?
Ich arbeite zwar nicht in der Kita, sondern in der Schule, aber ich kann das so nicht bestätigen. Unser Schülerklientel gehört eindeutig zu den sehr leistungsschwachen Kindern, so dass das inhaltliche Niveau des Unterrichts ziemlich im Keller ist. Da wird man selbst intellektuell natürlich weniger gefordert, als wenn man etwa an der Uni oder auch nur in der gymnasialen Oberstufe arbeiten würde. Und manchmal fragt man sich schon, wozu man sein wissenschaftliches Fachstudium eigentlich absolviert hat. Aber das ist ja eigentlich vorher klar und man wird eben in anderen Bereichen dafür um so mehr gefordert.
Im Übrigen bin ich gar nicht der Meinung, dass studierte Pädagogen im Bereich Entwicklung von Kindern ihren "nur" ausgebildeten Kollegen so viel voraus haben. Ich kenne auch einige Erzieher und die mussten die selben Inhalte in der Ausbildung lernen, wie ich im Teilbereich Psychologie. Zum Thema, wie Kinder lernen, wie sich ihr Gehirn, ihr Sprachvermögen oder ihr moralisches Konzept entwickelt und so weiter, wissen die ähnlich gut Bescheid, wie meine Kollegen und ich.Und der Bereich körperliche Entwicklung spielt bei uns gar keine Rolle. Wenn überhaupt, sind die also genauso frustriert, wie wir, wenn sie sehen, dass ihre Schützlinge weit unter der Norm liegen
Auch für die Kids in meiner Altersklasse gibt es natürlich theoretische Vorgaben, wie weit sie entwickelt sein sollten. Das betrifft dann eher selten die körperlichen Fertigkeiten, sondern mehr die sozialen und intellektuellen. (Erstere spielen in der Frühpädagogik sicherlich eine größere Rolle, als bei uns). Und bei einigen fehlt es tatsächlich an allen Ecken und Enden. Aber warum sollte mich das frustrieren? Manchmal ist es schon erschreckend, was einige Jugendliche alles nicht können, aber das hat weniger mit meinem theoretischen Hintergrund in den Bereichen Entwicklungspsychologie und Pädagogik zu tun. Ich vergleiche es eher mit der subjektiven Wahrnehmung der eigenen Entwicklung von vor 20 Jahren. Aber stellenweise können die Kids von heute eben auch andere Sachen, die wir damals nicht konnten, vor allem im Bereich neue Medien. Das ist dann eine Frage der Wertigkeit der einzelnen Fähigkeiten.
Kann ich so auch nicht bestätigen ohne das ich in diesem Bereich arbeite. In der Kita meines Sohnes gibt es alles, die studierten und die normal ausgebildeten wie auch diejenigen ganz ohne Ausbildung dort arbeiten, sprich die FSJ. Am verzweifelsten wirken auf mich die jungen vom Alter her, die keine Ausbildung genossen haben und keine eigenen Kinder haben, sprich die FSJ. Denn diese sind als erstes überfordert wenn etwas nicht klappt oder auch das Kind nicht funktioniert und nicht hören möchte.
Mit den studieren klappt es am besten auch wenn darunter teilweise auch Problemkinder sind, Kinder von Teeniemüttern und solche Dinge, da das ganze an das Kinderheim und das betreute Wohnen für Minderjährige mit angeschlossen ist und auch Plätze dafür reserviert und blockiert sind. Sprich es ist nicht immer alles einfach was dort ankommt und miteinander auskommen muss, von Heimkindern mit Kindern die Zuhause bei den Eltern wohnen und solche Dinge und dennoch haben sie das allesamt gut im Griff.
Denn die studierten ergänzen sich mit denen, die "nur" eine Ausbildung haben und unterstützen auch diejenigen die keine Ausbildung haben wenn diese gerade mit einem Kind nicht zurecht kommen. Es ist ein geben und ein nehmen und ich kenne keine Kita, die ausschließlich ausgebildete, studierte oder ungelernte einsetzt sondern immer ein bunter Misch, da sich das alles am besten ergänzt und somit auch die Verzweifelung geringer lässt. Auch das Alter ist bunt gemischt wie auch der Status, ob die Erzieher bereits selbst eine Familie haben oder noch nicht. Genau diese Mischung macht es aber aus, damit es auch funktioniert und das gegenseitige Helfen, damit die Frustration auch gering bleibt. Bei Einseitigen Mischungen hast du das natürlich schneller, egal welchem Standes.
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