Japanische Anreden für deutsche Freunde und Verwandte?

vom 30.08.2017, 17:02 Uhr

Eine ehemalige Schulfreundin war schon immer sehr begeistert von Japan, auch wenn sie noch nie dort war. Sie lernt die Sprache aber schon seit längerer Zeit und interessiert sich für alles, was mit dem Thema zusammenhängt. Nun hat sie angefangen auch Freunde und Verwandte mit japanischer Anrede anzusprechen. An die Namen von Freunde werden -san oder -chan angehängt und sie benutzt die japanischen Begriffe für ältere Schwester, Mutter etc. Meistens das auch mit übertriebener Anime-Stimme.

Ihre Freunde finden es ganz lustig, aber besonders ihre Schwester ist sehr genervt davon. Sie findet es peinlich und meint, die Besessenheit mit dem Thema sei bei ihr ja schon krankhaft. Habt ihr Freunde oder Bekannte, die so etwas oder ähnliches machen und würde es euch aufregen so angesprochen zu werden?

» Schneeblume » Beiträge: 3095 » Talkpoints: -0,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



In der englischen Umgangssprache gibt es ein Wort für Menschen, die übermäßig japanophil sind und das - teilweise zum Leidwesen ihres Umfeldes - dauernd nach außen tragen. Man nennt sie "Weeaboos". Diese Leute nutzen bei allen möglichen Gelegenheiten japanische Ausdrücke, adaptieren typische Stimmlagen, Sprechweisen und Mimiken von Anime-Figuren und sprechen manchmal auch deutsche oder englische Wörter gekünstelt mit einem japanischen Akzent, obwohl sie nicht einmal wirklich der Sprache mächtig sind.

Ich selbst bin auch ziemlich fasziniert von Japan und war lange Jahre großer Anime- und Manga-Fan, aber ich habe deshalb nie versucht, so zu tun, als sei ich Japanerin oder hätte mehr damit zu tun als auf reiner Hobby-Ebene. Zwar hätte ich die Sprache durchaus gerne mal richtig gelernt, aber dann auch professionell in einem Sprachkurs und nicht aus Animes mit Untertiteln und ein paar Tutorials aus dem Internet.

Auch würde ich nicht anfangen, meine Freunde als "-kun", "-chan" oder "-san" zu betiteln, ihre Namen ins Japanische zu transformieren oder mit einer piepsigen Stimme zu sprechen, um "kawaii" zu erscheinen. So etwas finde ich zugegebenermaßen ziemlich nervtötend und kann es schon in den meisten Animes nicht leiden. Wenn das jemand in der Realität nachmacht, ist es aber noch viel schlimmer.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8470 » Talkpoints: 987,98 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Ich muss sagen, dass ich Japan als Land auch interessant finde, aber mit der ganzen Anime-Thematik so gar nichts anfangen kann. Und wenn mich jemand in meinem Umfeld mit japanischen Namen ansprechen würde, beziehungsweise meinem Namen eine Endung hinzufügen würde, damit dieser japanisch klingt, fände ich das vielleicht am Anfang noch ganz lustig.

Aber wenn das dauerhaft der Fall wäre und dann noch mit veränderter Stimme gesprochen wird, dann würde mich das schon nerven. Ich finde es ja gut, wenn sich jemand für etwas interessiert und dafür auch viel Zeit investiert. Aber man muss doch auch Verständnis haben, dass das Umfeld das Thema nicht so interessant findet. Darum würde ich in so einer Situation meine Familie und Freunde sicher nicht mit japanischen Namen anreden und erwarte das eben auch von anderen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Ich habe auch so eine Schwester, die ein Japan-Fan, Animee-Fan und Asia-Fan im Allgemeinen ist. Vielleicht, so dachte ich mal, ist es, weil ich mal in Asien wegen meinem Beruf gelebt habe. Doch das stelle ich mir heute anders vor. Denn ihr Hype kam erst viel später und ist auch auf ihre soziale Isolation gemünzt, die sie sich selber zu zuschreiben hat. Sie versinkt förmlich in diese Cosplay Angelegenheiten, Furys und alles. Sie lebt das förmlich.

Sie lernt auch Begriffe, spielt asiatische Versionen auf Konsolen und PC, ließt asiatische Bücher usw. Sie lernt das fleißig und das macht sie auch gut. Mich ärgert es aber, wenn man sich in Scheinwelten verrennt und anderen dafür die "Schuld" geben möchte, wenn man sozial isoliert ist. Das ist bei meiner Schwester der Grund, wieso auch der Kontakt immer schwieriger zur Familie wird.

Auch in der Schule auf dem Berufskolleg wurde sie belächelt, weil sie die Leute auf japanisch begrüßt hat, mal japanische Wörter benutzt hat und optisch sich so angezogen hat. Ich finde es sehr schade, aber bin da mit meinem Latein auch am Ende.

Ich finde solch ein Verhalten manchmal Okay, aber wenn es zu viel wird, ist es übertrieben. Doch ich falle davon jetzt auch nicht um und habe erst letztens ein Mädel kennengelernt, gerade 18 Jahre, grüne Haare, geschminkt wie Animee usw, die auch ständig Japan im Kopf hat. Ich glaube, dass es im Moment ein wenig mit einem Trend zu tun hat oder?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich lese hier zum ersten Mal davon, dass es solche Japanfans gibt, die da doch übertreiben. Ich denke, dass es mal ganz lustig sein kann, wenn man so angesprochen wird, aber auf die Dauer würde es mich sicherlich auch nerven. Gerade, wenn man versucht ein ernsthaftes Gespräch zu führen und einem dann jemand mit übertriebener Animee-Stimme antwortet. Da würde ich mich sicherlich auch veräppelt fühlen.

Ich kann schon nachvollziehen, dass man ein bestimmtes Land oder eine Kultur toll findet, aber das sollte man trotzdem nicht ins Lächerliche ziehen. Ich denke, dass man so auf die Dauer auch sicherlich Freunde vergraulen kann.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Schneeblume hat geschrieben:Meistens das auch mit übertriebener Anime-Stimme.

Ich glaube diese übertriebene Anime-Stimme würde mich persönlich am meisten daran stören. Ansonsten wäre mir das so ziemlich egal, dass da eben eine entsprechende Anrede mit -san oder -chan benutzt wird oder die Bezeichnung für Mutter, Schwester, Freundin oder dergleichen. Das wären für mich Kosenamen und Kosenamen finde ich nicht schlimm.

Aber dann sollte die Stimmlage auch normal und nicht penetrant nervtötend sein und das würde ich der Person dann auch klar machen. Vielleicht hilft es auch der Konditionierung, wenn alle Mitmenschen gar nicht mehr reagieren würde, wenn die Person sich in der Tonlage vergreift. Das bewirkt normalerweise ein Umdenken, wenn alles reden nichts hilft.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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