Jammert die junge Generation schneller als früher?
Wegen vermeintlich viel zu schwer gestalteter Abiturprüfungen im Fach Mathematik kam die junge Generation in den Medien in die Schlagzeilen. Anschließend wurde darüber diskutiert, ob die Prüfungen tatsächlich zu schwer waren oder eben nicht. Einzelne Kritiker sind der Ansicht, dass die Prüfungen keinesfalls zu schwer gewesen wären und dass die junge Generation heutzutage nur deutlich schneller jammern würde als früher.
Wie seht ihr das? Seid ihr der Ansicht, dass die heutige junge Generation schneller jammert und nicht mehr so "robust" ist wie früher? Oder ist das nur die verzerrte Wahrnehmung der Menschen, deren Jugend zu lange her ist?
Heute hat man doch ganz andere Mittel sich zu beschweren, man klagt einfach wegen jedem Mist oder macht es öffentlich. Die Mittel sind einfach anders geworden. In meinem Umfeld finde ich aber eher die Generation meiner Eltern schlimmer, denn da muss ich mir jedes Mal Gejammer anhören und von jungen Menschen hört man dann doch eher Kritik, aber das ist ja auch okay so.
Ich habe schon manchmal das Gefühl, dass die heutige Generation von Jugendlichen mehr jammern als wie zum Beispiel wir in meiner Jugend. Auch der Bezug zum Geld und das was die Eltern leisten, ist bei vielen Jugendlichen nicht mehr unbedingt erkennbar. Zum Teil sehe ich das bei meinen eigenen Kindern und bekomme das auch von anderen Eltern zu hören. Auch der Sinn nach Verantwortung kommt zum Teil erst sehr spät. Natürlich ist jedes Kind anders und man kann nicht alle über einen Kamm scheren.
Aber ich finde schon, dass grade meine Generation zum größten Teil schon recht früh auf eigenen Beinen gestanden hat. Heute ist das eher schon fast selten, dass man mit Mitte 20 schon seine eigene Wohnung hat. Man bekommt dann schon das Gefühl, dass sie dann eher etwas verängstigt sind, wenn es heißt auf eigenen Beinen stehen zu müssen und die Verantwortung bei ihnen alleine liegt. Was dann in meinen Augen auch dazu führt, dass man gewisse Dinge eher hinterfragt und sich darüber dann auch versucht zu beschweren oder zumindest Kritik daran übt um auch dann seine eigene Situation wieder verbessern zu können.
Andererseits muss ich sagen, dass ich dieses Kritik-üben und Hinterfragen aber dann auch für eine recht gute Eigenschaft halte, die auch unbedingt gefördert gehört. Meine Generation hat da eher stillschweigend alles hingenommen, zumindest das Meiste. Im Endeffekt hat aber jede Generation ihr für und wider.
Ich finde es nach wie vor billig, immer pauschal auf die jüngere Generation einzudreschen. Es mag schon stimmen, dass "die heutige Jugend" zum Teil erst mit 30 bei den Eltern auszieht, aber auch da gibt es noch genügend Leute, die mit 16 eine Lehre anfangen und sich ein eigenes Leben aufbauen.
Und wenn man zurückliegende Generationen anschaut - in dem Alter sind auch Tausende im Schützengraben gestorben oder haben Steine geklopft, um die Städte wieder aufzubauen. Verglichen damit sind auch die Leute, die jetzt über die Jugend motzen, verzogen und verweichlicht groß geworden. Ich kann mit den "Wer hat jetzt mehr gelitten und geleistet?"-Schwanzlängenvergleichen nicht viel anfangen.
Tatsache ist eben, dass die junge Generation heute erheblich mehr Möglichkeiten hat, sich zusammenzuschließen und zu organisieren und diese Möglichkeiten auch wahrnimmt. Dass die Gründe und Ergebnisse nicht immer gleich nachvollziehbar sind, halte ich für kein großes Drama. Es ist in meinen Augen geradezu die Pflicht der Jugend, sich auch mal vom Hintern zu erheben und nicht immer jeden Schmarrn demütig zu schlucken, nur weil ihre Eltern und Großeltern sich nicht getraut bzw. andere Sorgen hatten. Gesellschaftlich gesehen ist es doch positiv, dass die jungen Leute Zeit und Energie übrig haben und nicht nur aufs Leute totschießen bzw. Kinderkriegen bzw. brav dem Kapitalismus dienen getrimmt werden.
Warum wohl jammerte in der damaligen DDR niemand über die Prüfungsaufgaben? Lag vielleicht daran, dass die Lehrpläne total einheitlich waren. So war es fast egal, in welche Schule man ging, es gab immer den gleichen Lernstoff. Vielleicht war manche Klasse mal eine Woche weiter als eine andere oder umgekehrt aber Unterschiede gab es nicht. Und somit wurde auch nur das geprüft, was wirklich unterrichtet wurde.
Die heutige junge Generation ständig als verzogen und jammernd abzuwerten, finde ich gar nicht gut. Ich halte diese Äußerung auch nur für ein Jammern. Warum wohl leben noch viele junge Menschen bei ihren Eltern? Einen guten Tausender muss man rund um das Wohnen heute schon fast aufbringen. Ich lebe hier eher ländlich und mein Wohnen kostet auch ca. 900 Euro inklusive Energie und Versicherungen.
Um ein vernünftiges Leben zu haben, müsste man ca. nochmal so viel verdienen. Und das ist jungen Berufseinsteigern nicht unbedingt möglich, zumal sie auch viel mehr Steuern zahlen müssen als Verheiratete. Daher bin ich froh, dass meine Tochter eine Ausbildung wahrnimmt, die es ihr schon jetzt ermöglicht einen guten Standard zu leben. Ich höre sie übrigens niemals jammern.
@Gerbera: Also ich kann nur die Generationen beurteilen von denen ich weiß oder selbst miterlebt habe. Die Generation die vor mir ihr Leben in den Griff kriegen mussten, da kann ich nur spekulieren oder mich auf die Erzählungen dieser Generationen verlassen. Natürlich kann ich auch dich verstehen. Jede Generation hatte ihre eigenen Probleme oder Ängste mit denen sie sich rumschlagen müssen bzw. mussten. Ich hatte einen Teil des kalten Krieges noch mitbekommen und natürlich den Irak-Krieg und alles hat einem in der Jugend irgendwie Angst gemacht. Die Generation meiner Eltern, hat die Ölkrise voll mitgemacht, und auch die hatten wahrscheinlich Angst davor, dass es jetzt nur noch bergab geht.
Aber ich sehe natürlich auch die andere Seite. Mein Cousine zum Beispiel hat vor knapp 2 Jahren geheiratet. Mit 23 Jahren. Damit ist sie in Ihrem Freundeskreis eine absolute Rarität, früher war das normal. Ist es dann einfach nicht mehr Zeitgemäß sich an einen Partner zu binden, muss ja nicht gleich heiraten bedeuten? Oder ist es vielleicht die Angst davor zuviel Verantwortung zu haben? Auch andere in dem Alter meiner Cousine oder knapp darüber, leben zum größten Teil noch bei den Eltern. Es kann natürlich sein, dass ich das sehr subjektiv betrachte, aber das ist nun mal das, was ich mitbekomme und zum Teil auch selbst an meinen Kindern sehe.
Was die Bereitschaft angeht, sich zusammenzuschließen, Dinge zu hinterfragen oder nicht einfach alles so hinzunehmen, habe ich allerdings schon erwähnt, dass ich das an dieser Generation sehr gut finde. Auf jeden Fall viel besser als meine Generation, die alles eher stillschweigend alles als gegeben hingenommen hat oder hinnehmen musste.
Wenn ich mal bedenke, dass ich früher mal eine schlechte Note erhalten habe, weil ich was besser wusste als mein Lehrer und der mich dann sogar noch in einem zweiten Fach runtergestuft hat, dann ist das auch irgendwo verständlich, wenn man dann lieber kuscht. Mein Sohn konnte in seiner Schule durchaus seine Meinung äußern, die dann auch konstruktiv besprochen wurde. Von daher könnte man schon fast sagen, dass man diese Fähigkeiten sich selbstbewusst äußern zu können, auch heute viel mehr fördert als damals oder zu meiner Generation.
"Die Jugend von heute" ist immer schlimmer als die Generation davor, das ist schon seit dem antiken Griechenland so. Da könnte man sich doch genauso gut fragen warum die ältere Generation immer über die jüngere Generation jammert, oder?
Bei dieser Geschichte mit der Abiturprüfung müsste man sich aber eh eine ganz andere Frage stellen. Fakt ist, dass es keine verbindlichen Empfehlungen mehr für die weiterführenden Schulen gibt, dass immer mehr Schüler Abitur machen und immer mehr Schüler bei dem Versuch durchfallen.
Liegt da nicht irgendwie die Vermutung nahe, dass in dieser Abiturprüfung auch Schüler saßen, die da eigentlich gar nicht hin gehört hätten? Die mit ihren intellektuellen Fähigkeiten in einer anderen Schulform vielleicht besser zurecht gekommen wären? Und wenn ja - ist das die Schuld der Schüler oder sind da nicht vielleicht auch die Eltern mit verantwortlich?
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