Ist eine Beamtenlaufbahn der freien Wirtschaft vorzuziehen?
Wer in Krisenzeiten, so wie jetzt in der Corona-Pandemie, ins Berufsleben startet oder sich beruflich umorientieren will, hat es nicht gerade einfach. In der Privatwirtschaft werden aktuell nicht so viele offene Stellen oder Ausbildungsplätze angeboten - kann da eine Bewerbung im Staatsdienst eine gute Alternative sein?
Die Verdienstmöglichkeiten sind auf den ersten Blick zwar zumeist ja schlechter als im privaten Bereich, allerdings muss man ja Vorteile bei Sozialabgaben, Krankenversicherung und vor allem: später im Ruhestand berücksichtigen (wenn man das Ganze nur von der finanziellen Seite aus betrachtet). So sieht das vergleichsweise geringere Bruttoeinkommen - nach den ebenfalls geringeren Abzügen - unterm Strich schon deutlich besser aus. Dieser Vorteil steigt, je älter man als Beamter wird. Angestellte im privaten Bereich bekommen ihre Rente auf Basis des Durchschnittsverdienstes.
Bei Beamten hingegen werden als Pension etwas über 71% des durchschnittlichen Bruttoeinkommens der letzten beiden Arbeitsjahre gezahlt! Allerdings ist in der Privatwirtschaft - zumindest theoretisch - ja auch die Möglichkeit vorhanden, das man erheblich besser verdienen kann als bei einer Beamtenlaufbahn, da es nach oben eben keine Deckelung gibt. Wie seht ihr das? Würdet ihr eine Beamtenlaufbahn der privaten Wirtschaft vorziehen?
Wer ins Berufsleben startet, in der Regel um das 20 - 25 Lebensjahr herum, wird für sich eher die aktuelle Situation als die spätere Ruhestand sehen, wo auch niemand weiß, ob man 40 Jahre später immer noch viel Geld als Absicherung bekommt, wenn man sich für den Status entscheidet, der aktuell mehr Sicherheit und Geld im Alter verspricht.
Wer gut leben will und die Chance dazu auch hat, sollte dann doch lieber den Weg gehen, aktuell viel zu verdienen und das Geld, was über ist in eine private Altersvorsorge stecken. Eine Möglichkeit wären Immobilien, welche für einen arbeiten können und so eine bessere Einnahmequelle im Alltag und später im Alter bieten, als eine Art unsichere Rente.
Wenn das Geld, was man als Rentner bekommt, sich an den letzten zwei Beitragsjahren orientiert, dann hat das auch den Nachteil, dass man vielleicht 38 Jahre relativ gut verdient hat, die letzten 2 Jahre vielleicht mal nicht so gut warum auch immer, sich jedoch dein Auskommen / Rente im Alter an den letzten 2 und nicht an den anderen 38 Jahren zuvor orientiert, würde ich das nicht so gut finden und wäre irgendwo auch ungerecht. Gerechter ist es dann doch, einen Verdienstdurchschnitt der geleisteten 40 Jahre zu errechnen und dann diesen als Rente zu bekommen oder halt die private Altersvorsorge in Verbindung mit einer Art Grundrente. Möglichkeiten und Ideen gibt es Viele.
Ich finde die Vorstellung, seine gesamte Berufslaufbahn danach auszuwählen, wie die spätere Rente aussehen könnte, schon ziemlich deprimierend und gruselig. Was machst du dann, wenn du dich 40 Jahre durch eine naturgemäß eher vorgezeichnete Beamten-"Karriere" gekämpft hast, und drei Monate nach dem Erreichen des Rentenalters Krebs bekommst oder gleich tot umfällst? Ich denke, es ist bei den "klassischen" Beamtenjobs genauso wie mit allen Berufen, die sich im Laufe der Zeit entwickelt haben. Sie müssen dir liegen, das ist die Hauptsache. Niemand sollte jahrzehntelang gegen seine Natur vor sich hin werkeln um der Rente willen.
Ich habe auch eine Beamtenlaufbahn hingeschmissen, weil ich von der Vorstellung, dauerhaft (in meinem speziellen Fall) für ein Minimum an Leistung ein bescheidenes Gehalt einzustreichen und nur äußerst begrenzte Aufstiegschancen zu haben, das kalte Grausen bekommen habe. Und ich habe einen biederen Bürojob und sowieso wenig Karriere-Ambitionen.
Es ist für meine Psyche nur einfach besser zu wissen, dass es prinzipiell von mir, dem Arbeitsmarkt und den Gesetzen von Angebot und Nachfrage abhängt, welchen Job ich für welches Gehalt mache, und nicht von den behäbigen, oft völlig unzeitgemäßen Entscheidungen von Vater Staat. Als Beamtin hätte ich mich die letzten 20 Jahre von Stufenaufstieg zu Stufenaufstieg geschleppt und tagaus, tagein den gleichen Job gemacht. Dafür wollte ich mein Leben dann doch nicht verschwenden.
Ich habe mich nach meinem Abschluss um eine Trainee-Stelle für eine Beamtenlaufbahn beworben. Leider schaffte ich es nur in die letzte Auswahlrunde. Bei einem vierstufigen Prozess natürlich besonders zermürbend, aber gut, das ist ja nicht das Thema.
Allein aufgrund der wegfallenden Steuern müsste ich, um in der freien Wirtschaft auf das selbe Nettogehalt zu kommen, 70.000 Euro im Jahr verdienen. Das muss man sich als Einstiegsgehalt und auch noch als Trainee, der ja noch in einer Art Ausbildung steckt, mal auf der Zunge zergehen lassen. Und dazu kommt eine 39-Stunden Woche bei mit großer Wahrscheinlichkeit kaum anfallenden Überstunden. Nach der Probezeit wäre man auf Lebenszeit verbeamtet. Solche Konditionen bieten nicht einmal IG-Metall-Verträge.
Da kann nun mal kaum ein Job in der freien Wirtschaft mithalten. Bei meinem Abschluss liegt ein durchschnittliches Einstiegsgehalt bei 45.000-50.000 im Jahr. Und wenn man mittelfristig mehr verdienen will, muss man sehr gute Leistungen erbringen und versuchen, schnell aufzusteigen, was bei Beamten nun mal nicht der Fall ist.
Dazu kommt, dass man in der freien Wirtschaft arbeitslos werden kann und dadurch natürlich wirtschaftliche Einbußen hat. Das ist bei Beamten auch nicht der Fall. Mit der Rente will ich gar nicht erst anfangen.
Generell finde ich die daher Behauptung, als Beamter verdiene man tendenziell weniger, schlichtweg falsch. Die wegfallende Steuerlast wird von den meisten unterschätzt. Weitere Benefits wie bessere Konditionen bei Hauskrediten sollte man auch nicht vergessen. Natürlich *kann* man in der freien Wirtschaft deutlich mehr verdienen, aber dafür muss man extrem gute Leistungen bringen und die Anzahl an tollen Manager- und CEO-Positionen ist nun mal begrenzt. Und ich wage zu behaupten, dass Beamte tendenziell nicht zu den Top Performern gehören in unserer Gesellschaft.
Um es kurz zu machen: ja, aus meiner Sicht und bezogen auf meinen Abschluss ist eine Beamtenlaufbahn in jedem Fall einer Karriere in der freien Wirtschaft vorzuziehen.
Ich würde meine angestrebte Stelle nicht unbedingt danach aussuchen, ob Beamter oder freie Wirtschaft, sondern nach dem, was mich beruflich mehr befriedigt. Es gibt allerdings Ausnahmen. So ist es als Lehrer wahrscheinlich bei gleicher Tätigkeit günstiger verbeamtet zu werden.
Ich habe mir beim Berufseinstieg noch keine Gedanken darüber gemacht, dass eine Pension höher ist als eine Rente. Das war noch viel zu weit weg. Das sollte man auch nicht. Man sollte den Job nehmen, der einen zufriedenstellt - falls man denn einen solchen bekommt, das ist ja auch nicht selbstverständlich.
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