Ist die ''Lügenpresse'' ein gängiger Begriff aus der DDR?

vom 11.09.2015, 21:57 Uhr

Ich habe mich neulich mit Bekannten über Neonazis in Deutschland unterhalten. Diese kommen ja vermehrt im Osten Deutschlands vor, in anderen Regionen sind sie nur selten. Interessant fand ich besonders den Begriff ''Lügenpresse''. Wieso steigern die Menschen sich da so rein und wie kommt man überhaupt auf eine so absurde Idee?

Eine Bekannte meinte dann, dass das einfach zu erklären sei. Die Neonazis im Osten sind alle noch während DDR Zeiten in die Schule gegangen und da war Lügenpresse keine Propaganda, sondern teilweise ein reales Problem. Die Berichterstattungen in der DDR waren meist nicht ganz ehrlich und wurden gefiltert. Heute sind diese Leute zwar erwachsen, aber sie erinnern sich an das Problem und projizieren es auf die heutige Situation, obwohl es keinen Zusammenhang gibt.

Denkt ihr auch, dass der Ursprung der ''Lügenpresse'' in der DDR liegt und die Menschen letztendlich nur Opfer der DDR sind? Oder macht man es sich zu einfach, es so zu erklären?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Es macht absolut keinen Sinn, ehemaligen Bürgern der DDR, die heute als Neonazis durch die Straßen ziehen, dieses wegen einer etwaigen Opferrolle durchgehen zu lassen. Immerhin sollte gerade Menschen, die unter einem solchen menschenverachtendem System leiden mussten, Mitleid mit jenen zuzusprechen sein, die auch von einem solchen fliehen. Dies ist bei den Neonazis jedoch nicht der Fall.

Dass der Begriff der Lügenpresse jedoch zuerst bei den entsprechenden Veranstaltungen im Osten Deutschlands aufgekommen und ein Produkt der DDR ist, ist durchaus richtig. Von dort aus hat er sich in diesen Kreisen dann auch im Rest Deutschlands verbreitet und erfreut sich seitdem unter intellektuell minderbemittelten Menschen großer Beliebtheit.

Benutzeravatar

» TamiBami » Beiträge: 2166 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


TamiBami hat geschrieben:Dass der Begriff der Lügenpresse jedoch zuerst bei den entsprechenden Veranstaltungen im Osten Deutschlands aufgekommen und ein Produkt der DDR ist, ist durchaus richtig. Von dort aus hat er sich in diesen Kreisen dann auch im Rest Deutschlands verbreitet und erfreut sich seitdem unter intellektuell minderbemittelten Menschen großer Beliebtheit.

Selten so einen Quatsch gelesen! Würde man sich mal geeigneter Quellen bedienen, so stellt man ganz schnell fest, dass der Begriff Lügenpresse schon Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland seine Verwendung fand. Auch die Nationalsozialisten zu Zeiten des dritten Reiches bedienten sich gern des Begriffs Lügenpresse, gerade dann, wenn es darum ging Presseerzeugnisse linker Partein zu diffamieren.

Benutzeravatar

» sachsendreier » Beiträge: 154 » Talkpoints: 43,17 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich schließe mich der Aussage von Sachsendreier an, der Begriff Lügenpresse ist ein alter Hut. Ich halte es auch für völlig normal dass im Krieg auf allen Seiten kräftig gelogen wurde um die Bevölkerung oder die Soldaten zu motivieren. Das gibt es garantiert schon seit Jahrtausenden, aber damals natürlich ohne Presse.

Warum nun die ehemaligen DDR-Bürger besonders kritisch in Bezug auf die Medien sein sollen kann ich nicht wissenschaftlich begründen. So richtig hat mich auch keine der bisherigen Erklärungen überzeugt. An der Volksbildung damals hatte es aber garantiert nicht gelegen, das glaube ich nicht.

Meine persönliche Meinung ist dass gerade die Älteren, also vor ungefähr meinem Jahrgang (1964), die DDR-Zeiten und deren Untergang bewusst erlebt haben. Da ist nicht jeder ein Nazi geworden sondern das sind meist angesehene Leute die ihren Beruf ordentlich erledigen und die sich auch trauen ihre Meinung zu sagen. Was sie aber nie verlernt haben, und da gehe ich wieder von mir und meinen Bekannten aus, ist zwischen den Zeilen zu lesen. Alles was die Medien zu speziellen Themen veröffentlichen ist mit 99prozentiger Wahrscheinlichkeit auf Grund der gelebten Erfahrungen wenn nicht als Lüge so doch durch Weglassen wichtiger Fakten als Manipulation zu entlarven.

Ich selber mache mir auch ab und an einen Spaß daraus die harmlosen Meldungen unserer Qualitätspresse noch einmal nach zu googeln wenn mir etwas komisch vorkommt und fast immer liege ich richtig bei meinen Vermutungen. Verdächtig ist auch immer wenn es volle Breitseiten aus allen Kanälen prasselt. Also Fernsehen, Radio und Zeitung auf einer Linie sind (besonders wenn wortgleich) und sich Künstler und andere öffentlich angesehene Mitbürger berufen fühlen ihre Stellungnahme dazu abzugeben. Das hatten wir alles schon einmal.

Benutzeravatar

» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^