Ist Deutschland ein Land mit zwei Welten?

Auf ZDF kam heute die Reportage ''Ein Staat - zwei Welten?''. Es ging darum, dass viele Migranten sich nicht an die Deutsche Kultur anpassen und sich daher abkapseln, um ihre Kultur ungestört ausleben zu können. Die Integration schlägt fehl und viele dieser Migranten leben auf eine Art und Weise, die mit den Menschenrechten und der Deutschen Verfassung nicht im Einklang steht. Beispiele sind etwa patriarchalische Lebensweisen wo die Frauen dem Mann gehorchen müssen, was besonders bei Muslimen verbreitet ist.

Ich selbst fand es etwas übertrieben gleich von zwei unterschiedlichen Welten zu reden. In solchen Familien mag es tatsächlich eine andere Welt sein, aber ich denke nicht, dass das in Deutschland der Regelfall ist. Solche Familien sind eher Ausnahmen. Findet ihr, dass Deutschland tatsächlich ein Land mit zwei Welten ist oder geht ihr auch von Ausnahmen aus? Kennt ihr Familien die sich von der deutschen Kultur abkapseln und sich nicht integrieren? Denkt ihr, dass es mehr solcher Familien geben wird?

Es gibt die Familien, die sich abkapseln und Angst vor dem Fremden haben. Dies ist eine persönliche Erfahrung durch jahrelangen Kontakt mit einer Einrichtung in einem Einzugsbereich, in welchem deutlich mehr als fünfzig Prozent Muslime leben. Es gibt diese Familien unter den Deutschen aber ebenso wie unter den Migranten.

Bei den Deutschen äußert sich das in fremdenfeindlichen Demonstrationen mit merkwürdigen und in Abschnitten völlig realitätsfremden Begründungen für die Teilnahme an solchen Demonstrationen. Die Beispiele sind vermutlich aus der Medienberichterstattung der letzten Monate bekannt. Ebenso gibt es diese Familien unter den Migranten. Sie kapseln sich tatsächlich ab, sind intolerant und haben das Gefühl, dass die sie umgebende deutsche Kultur ihr althergebrachtes Leben bedroht. In beiden Fällen ist das nach meiner Erfahrung aber nicht die Mehrheit.

Trotzdem betrachte ich diese Verhaltensweise mit Skepsis. Sie führt oft dazu, dass Fremdes, egal von welcher Seite gesehen, nicht toleriert wird. Das halte ich für die Grundlage aggressiven Verhaltens dem Fremden gegenüber. Für die Rechten sind die Migranten die Fremden, für die Migranten sind wir die Fremden.

Es gibt aber genauso gut die Familien, unter Migranten wie auch unter Deutschen in sogenannten sozialen Brennpunktvierteln, die sich integrieren wollen. Sie wollen mit den sie umgebenden Menschen in Frieden leben. Sie wünschen sich, dass ihre Lebensweise toleriert wird, ebenso wie sie die andere Lebensweise tolerieren.

So gesehen halte ich den Titel „Ein Staat– zwei Welten“ für aufrüttelnd, aber ungerechtfertigt polarisierend. Nichtsdestotrotz hat eben dieser Titel vermutlich dazu geführt, dass mancher sich den Beitrag angesehen hat, der sonst über dieses Problem gar nicht nachgedacht hätte.

Es gibt es in Deutschland nicht nur zwei Welten. Es gibt viele Parallelgesellschaften, in verschiedenen Städten sogar ganze Stadtteile, in denen quasi andere Gesetze herrschen. Für mich ist die Frage eher, wie sich diese Welten innerhalb der Mehrheit der Gesellschaft entwickeln werden. Wie stark eine isolierende Entwicklung fortschreitet, kann jeder vor der eigenen Haustüre beeinflussen. Es ist jedermanns eigene Entscheidung, ob er den Nachbarn ohne Ansehen seiner persönlichen Macken oder Religion grüßt oder nicht.

Ich finde schon dass sich in Deutschland aktuell 2 Fronten bilden, einmal rechts und sozial. Dennoch würde ich nicht von 2 Welten sprechen nur weil sich manche Menschen schlecht integrieren und lieber für sich sind. Es gibt auch Deutsche, die sich in ihren Wohnungen verkriechen und keine Freunde haben. Ich finde das nicht weiter schlimm und denke nicht, dass jeder Migrant dann auch wie ein Deutscher leben muss.

Immerhin haben andere Menschen ja auch einen anderen kulturellen Hintergrund und wen stört es schon, wenn eine Frau vielleicht weniger zu sagen hat? Wenn die Frau damit klar kommt, dann ist mir das recht. Die Leute müssen doch selber wissen wie sie leben wollen, 2 Welten sind das aber sicher nicht. Ich denke, dass das wieder in den Bereich der Hetze fällt und man das nicht weiter Ernst nehmen darf.

Dieses Phänomen nennt sich Segregation. Dabei muss aber unterschieden werden zwischen Fremd-Segregation, die durch die Gesellschaft verursacht wird und auf einzelne Gruppen von außen einwirkt, und der Eigen-Segregation wobei sich betroffene Grüppchen und Ethnien gezielt von der restlichen Gesellschaft abschotten und ihre eigene Kultur so ausleben wollen. Wir hatten beide Phänomene sehr ausführlich im Studium behandelt.

Es hängt eben auch mit den Erfahrungen zusammen, die Migranten mit den Einheimischen machen. Wenn man oft genug so etwas hört wie "Du gehörst nicht zu uns", dann schottet man sich sicherlich irgendwann ab und will nichts großartig mit den Einheimischen zu tun haben. Wenn man dann in den entsprechenden Vierteln lebt ("China Town", "Little Italy", "Klein-Moskau" etc.) muss man ja gar nichts mehr mit Einheimischen zu tun haben, weil man Beauty-Salons, Supermärkte etc. in seinem Viertel findet und gar nicht das Viertel verlassen muss um alles zu bekommen was man braucht.