Ist das Strafmaß für Boris Becker gerechtfertigt?
Beim Prozess gegen den ehemaligen Tennis-Star Boris Becker steht das Strafmaß fest. Dieser ist wegen seiner Insolvenzstraftaten zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das hat ein Gericht gestern, am 29. April 2022, in London entschieden. Die Haftstrafe musste er sofort in einem Londoner Gefängnis antreten. Den Gesetzen zufolge wären bis zu sieben Jahre Haft möglich gewesen.
Boris Becker hatte mehr als eine Million Euro seines Vermögens in seinem Insolvenzverfahren nicht offen gelegt. Genauer gesagt geht es um den Besitz einer Immobilie in seiner Geburtsstadt Leimen sowie deren Belastung mit einer Hypothek und um Aktienbesitze. Vor drei Wochen war er somit in vier von 24 Anklagepunkten schuldig gesprochen worden worden, zeigte sich jedoch uneinsichtig und hat die Anschuldigungen bestritten.
Seine Strafe wird er vermutlich nicht komplett im Gefängnis absitzen müssen. Nach der Hälfte der Zeit - 1 Jahr und 3 Monaten - gibt es die Möglichkeit den Rest der Strafe auf Bewährung frei zu kommen.
Die Meinungen zu diesem Strafmaß sind unterschiedlich, auf Facebook finden sich Kommentare die die Strafe als gerechtfertigt oder sogar noch als zu gering ansehen, andere halten die Strafe für übertrieben. Auch ein Ex-Coach von Boris Becker, Günther Bresnick, sieht das ähnlich:
Für mich ist das Urteil unverständlich. Ob für ein Wirtschaftsvergehen eine Gefängnisstrafe die richtige Art ist, mag ich bezweifeln, wenn Gewaltverbrecher und Vergewaltiger oder Leute wegen Kindermisshandlung mit geringeren Strafen davonkommen. Boris ist definitiv kein böser Mensch, er ist der letzte, der ins Gefängnis gehört.
Der ehemalige Tennisprofi ist allerdings auch kein unbeschriebenes Blatt. Seit seinem Karriereende war er immer wieder in juristische Auseinandersetzungen verwickelt. 2002 wurde er z.B. schon in München wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungs- und Geldstrafe verurteilt.
Was sagt ihr zum Ausgang von dem Prozess? Haltet ihr dieses Strafmaß für gerechtfertigt? Muss man Wirtschaftsvergehen dieser Art mit Gefängnis bestrafen oder gibt es eurer Meinung nach da andere Mittel bzw. Lösungen?
Ich finde die Strafe durchaus gerechtfertigt. Boris Becker ist ja kein unbeschriebenes Blatt und hat anscheinend eine hohe kriminelle Energie bewiesen. Das Finanzamt kennt keinen Spaß. Das ist ja allgemein bekannt. Man könnte vielleicht meinen, seine Taten seien nicht so schlimm, weil ja niemand direkt etwas davon merkt, aber er hat die Allgemeinheit geschädigt. Reue wird vor Gericht durchaus gewürdigt, aber er scheint uneinsichtig gewesen zu sein.
Ich würde nicht Verbrechen mit anderen Verbrechen vergleichen, also in diesem Fall Insolvenzbetrug mit Körperverletzung. Wenn man vergleicht und das immer auf eine Waage legt, könnte man manche Sachen wahrscheinlich gar nicht bestrafen. Der Gesetzgeber hat nun mal bestimmte Strafrahmen vorgegeben, die ja auch immer mal wieder geändert werden. In diesem Rahmen bewegt sich ein Richter, wobei er bestimmte Dinge strafmildernd oder strafverschärfend berücksichtigen kann, wie etwa Vorstrafen, Einsichtigkeit, Motive und noch einiges mehr.
Nach meinem subjektiven Gefühl und was ich so aus den Medien erfahren habe, finde ich die Strafe durchaus gerecht. Und zwar deswegen, weil er ja schon einschlägige Vorstrafen hat.
Aus meiner Sicht hätte er das volle Strafmaß verdient. Immerhin ist es nicht der erste Fall, wo er sich vor Gericht verantworten muss und er hat einfach so weiter gemacht. Wer aus einer Anklage was lernt, der bereinigt danach seine Finanzen. Hat er nicht, also ist er in dem Sinne als Wiederholungstäter einzustufen
Da aber die Anklagen in unterschiedlichen Ländern waren, vermute ich, dass man sich da nicht auf alte Fälle berufen kann. Innerhalb von Deutschland hätte man das sicherlich anders bewerten können. Zumindest habe ich das bei verschiedenen Verhandlungen schon erlebt, dass geschaut wurde, was früher, auch wenn die Strafe erledigt war, gewesen ist.
Das Problem ist doch, dass er es nicht einsieht. Er will das ja nicht ändern, sonst hätte er es schon getan. Den Schuss vor dem Bug hatte er ja schon. Natürlich hat man es auch als Prominenter nicht leicht im Knast, aber wenn er sein Verhalten nicht ändert, dann braucht es diese Bestrafung schon und wenn man dann mal an die Summen denkt, hätte ich auch durchaus ein höheres Strafmaß okay gefunden.
Das Ganze dann mit einem Kinderschänder zu vergleichen finde ich richtig absurd. So etwas kann man nicht vergleichen. Kritik kann man immer äußern, aber nur weil jemand ein so netter Mensch ist, ist er ja nicht weniger haftbar für seine Straftaten zu machen. Recht schützt und straft alle zugleich.
Grundsätzlich muss man bei Boris Becker natürlich immer eines in der Hinterhand haben, er war ein reicher Mann, der sich auf seinen Namen ausruhte und diesen auch effektiv nutzte, um seinen Lebensstandard halten zu können. Dies oftmals eben so, dass Gläubiger in die Röhre guckten, obwohl Boris sich durch die Welt tingelte.
Abseits des Urteils darf man eben auch nicht das Verhalten von Boris Becker vergessen. Die britische Justiz ist bekannt dafür, wenig Belange für Promibonis übrig zu haben, sodass wirklich fast jeder vor Gericht durchaus gleich zum Ottonormalbürger behandelt wird. Und wofür ein anderer in den Bau geht, geht auch der Herr Becker in den Knast. So lobe ich mir die Justiz, wovon sich die deutschen Behörden gerne mal eine Scheibe abschneiden können.
Er wurde meines Wissens nach in vier von vierundzwanzig Punkten angeklagt. Jeder Punkt hätte ihm bereits 18 Monate geben können, sodass er mit dieser knappen Haftstrafe ja noch recht gut bedient ist. Er bekam halt kein Promibonus und muss eben auch keinerlei Reue gezeigt haben, was natürlich auch dazu führt, dass man vor Gericht nicht mit einer gewissen Milde zu rechnen hat.
Ich denke also schon, dass ein solches Urteil für Becker gerechtfertigt ist. Er bekommt eben dieselbe Strafe wie andere auch bekommen würden. Er muss auch mal spüren, dass er nicht machen kann, was er möchte und sich dabei ständig auf seinen Namen besinnt. Sein Name ist eben nichts wert und dennoch hat er sich oftmals als wertvoll verkauft, was auch häufig zulasten der Gläubiger stattfand. Ich denke also, dass das Urteil gerechtfertigt und noch immer milde genug für ihn ist.
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