Ist das Gehirn krank, wenn die Seele krank ist?

Viele Psychiater sind der Ansicht, dass psychische Erkrankungen Erkrankungen des Gehirns sein sollen. Diese Behauptung ist allerdings stark umstritten. Findet ihr, dass das Gehirn automatisch auch krank sein muss, wenn die Seele leidet und erkrankt ist? Oder kann man auch psychisch krank sein ohne dass das Gehirn ebenfalls erkrankt ist? Kann man das pauschal sagen oder lässt sich das nur auf bestimmte Beispiele beziehen? Wie sind eure Erfahrungen und Beobachtungen zu diesem Thema?

Bei manchen Erkrankungen kann es durchaus sein, dass Beides betroffen ist. Bei Depressionen zum Beispiel leidet ja nie nur die Seele. Das ist ja eine Stoffwechselstörung im Gehirn. Ich denke, dass es auch bei anderen psychischen Erkrankungen durchaus so sein kann. Bei Psychosen oder auch Persönlichkeitsstörungen. Allerdings kann ich das nicht genau sagen, denn ich habe mich nie besonders damit auseinandergesetzt.

Bei Ängsten und Phobien denke ich, dass diese teils auch von den Eltern übernommen werden können, wenn diese daran leiden und Kinder das eben mitbekommen. Aber ich habe auch schon gehört, dass der Serotoninspiegel bei Ängsten durchaus auch eine Rolle spielen soll.

Haben wir eine Seele? Mit dieser Frage beschäftigen sich klügere Leute als ich schon ihr ganzes Leben. Ich finde, dass es sich hier um eine äußerst diffizile Frage handelt, weil das Gehirn sich erstens selber erforschen muss, was gar nicht so einfach ist und zweitens noch lange nicht abschließend geklärt ist, wie die Vorgänge im Gehirn und die menschliche Psyche zusammenhängen.

Bei manchen, gut erforschten psychischen Krankheiten scheint es einfach zu sein. Der Körper produziert irgendwelche Botenstoffe nicht oder nicht ausreichend, und die Betroffenen verlieren den Lebenswillen. Aber wenn ich jetzt beispielsweise depressiv bin, weil meine Tochter im Gartenteich ertrunken ist oder sonst eine Tragödie passiert ist? Kann man da auch sagen: "Dein Gehirn ist krank, weil du nicht fröhlich bist und dich nicht konzentrieren kannst. Dagegen nimmst du jetzt diese Tabletten, dann bist du bald wieder ein produktives Mitglied der Gesellschaft."

Ich fühle mich daher nicht unbedingt wohl dabei, das menschliche Innenleben auf biologische und chemische Prozesse zu reduzieren, die man nach Belieben steuern und regulieren darf, aber andererseits weiß ich auch nicht, wo die Trennlinie zwischen Gehirn und Geist liegt, und maße mir auch nicht an, hier eine Unterscheidung zu treffen.

Was ist und wie definiert ihr die "Seele"? Ist es denn nicht wirklich eher so, dass im Gehirn etwas "falsch" läuft, wenn man von einer seelischen Erkrankung spricht? Ich kann mir die Seele so gar nicht recht vorstellen. Und wenn jemand von erkrankter Seele spricht, dann stelle ich mir eher ein gebrochenes Herz oder eben eine "Fehlschaltung" im Gehirn vor als die Seele.

Ich erinnere mich dunkel an mein (abgebrochenes) Psychologiestudium. Klar ist, dass sich bei psychischen Krankheiten das Gehirn und seine Chemie anders verhalten. Ob dies die Ursache für eine Erkrankung ist oder umgekehrt die Veränderungen im Gehirn die Folge der Erkrankung, ist ein Rätsel, das bis heute kaum lösbar ist; wie auch. Die Frage kann man einfach nicht beantworten.

Und dann wiederum gibt es unerkannte körperliche Erkrankungen, die die Gehirnchemie beeinflussen und zum Beispiel Depressionen auslösen können. Manchmal sind solche Menschen jahrelang sinnlos in Psychotherapie, da dies nicht erkannt wird, sie aber psychisch eigentlich völlig in Ordnung sind. Das ist mittlerweile ein bekanntes, aber schwer zu lösendes Problem. Mal eben so pauschal beantworten kann man all dies jedenfalls auf gar keinen Fall.