Ist Arbeitslosigkeit auf Kinder vererbbar?
Einer Studie zufolge sind Söhne von arbeitslosen Vätern sehr oft auch ohne Job. Der Grund soll sein, dass der familiäre Hintergrund Auswirkungen auf die Jobchancen haben soll. Denkt ihr, dass da wirklich was dran ist oder ist diese Art von Studie nicht wirklich anzuwenden auf die Mehrheit von arbeitslosen Eltern?
Meiner Meinung nach ist der familiäre Hintergrund nur ein Indikator. Es kann ja auch sein, dass gerade Kinder von arbeitslosen Vätern / Müttern sagen, dass sie es besser machen wollen im Leben und sich demzufolge mehr rein hängen beispielsweise in der Schule oder bei der Ausbildungsplatzsuche.
Dies trifft soweit ich weiß nur auf Menschen zu, die keinen Migrationshintergrund haben. Denn bei Migrantenkindern ist es oft so, dass diese besser integriert sind (wegen Sprache etc.) und deswegen hier durchstarten, wenn man das so nennen kann. Auch kann es bei Migranten so sein, dass Abschlüsse nicht anerkannt wurden und sie deswegen arbeitslos sind.
Ich glaube aber, dass die Motivation, Arbeit zu finden, vererbt werden kann und nicht Arbeitslosigkeit an sich. Wenn die Kinder von ihren Eltern vorgelebt bekommen, dass es überhaupt nichts bringt, sich anzustrengen und sich auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren, dann werden die Kinder das irgendwann so annehmen und das Verhalten unbewusst kopieren. Ausnahmen gibt es immer, das ist klar.
Diese Studie hätte ich mal gerne gesehen. Dann wüsste man auch, ob es so einen Unsinn wirklich gibt. Meistens sagt schon der Auftraggeber der Studie etwas darüber aus, was in einer Studie drinsteht, da natürlich gewisse Erwartungen dahinter stehen.
Im empfinde die Frage schon als Frechheit und Stimmungsmache wie in der BILD und wundere mich, dass so ein Unsinn hier nicht weggelöscht wird.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass man da eine statistische Korrelation finden kann. Über die Gründe sagt das ja erst einmal gar nichts aus. Wahrscheinlich reicht schon die regionale Abhängigkeit aus, um einen statistischen Zusammenhang zu generieren. Dazu kommen dann noch andere Faktoren wie Erziehung, Bildung und die persönlichen Netzwerke der Eltern, die bei der arbeitenden Bevölkerung sicherlich für die Kinder statistisch gesehen hilfreicher sind.
Für den Einzelnen sagen Statistiken selbstverständlich nichts aus. Persönliche Faktoren werden sicherlich immer eine größere Rolle spielen als familiäre Aspekte. Aber gerade weil man davon ausgehen kann, dass Kinder von Arbeitslosen im Schnitt weder dümmer noch fauler sind als andere, wird man statistisch vor allem das Umfeld nachweisen können.
Juri, was ist daran Unsinn? Die Studie vom IWF zeigt, dass in einigen Regionen junge Männer erheblich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen sind, wenn deren Väter zur Zeit der Pubertät selbst arbeitslos gewesen sind. Den Begriff vererbt in Anführungszeichen hat lediglich Die Welt in ihrer Schlagzeile benutzt.
In der Studie zeigte sich, dass dieses Phänomen besonders im Westen des Landes verbreitet ist. Im Osten ist es weniger wahrscheinlich, was vielleicht daran liegt, dass im Osten Arbeitslosigkeit verbreiteter ist und es sozusagen jeden treffen konnte. Auch bei Menschen mit Migrationshintergrund ist es seltener, weil viele dieser Eltern großen Wert darauf legen, dass die Kinder alle Chancen nutzen.
Und die Studie spiegelt doch durchaus die Realität wieder. Zumindest das was im Westen weit verbreitet ist. Das hat natürlich absolut nichts mit Genetik zu tun, das zeigt nur, dass einerseits unser Bildungssystem wenig durchlässig nach oben ist. Auf der anderen Seite neigen Westler dazu Arbeitslosigkeit zu stigmatisieren und viele Menschen haben Angst, wenn ihre Kinder neue Wege gehen.
Ich nehme jetzt nur Dinge aus meinem Umfeld, die man hier tatsächlich oft sieht. Wir haben hier Stadtteile und bestimmte Straßen, die verbauen jedem Bewerber allein über die Adresse die Zukunft. Wer von dort kommt, der wird gnadenlos aussortiert. Wer nicht arbeitslos ist, der ist schon lange dort weggezogen.
Das führt dazu, dass die Schulen dort massive Probleme haben und ein entsprechend niedriges Niveau haben. Die Kinder erleben Gewalt, Armut und Perspektivlosigkeit. Nur wenige schaffen den Absprung aus diesen Brennpunkten.
Oft ist es verbreitet, dass Kinder gefälligst das machen, was die Eltern machen. Man ging unter Tage, ins Stahlwerk oder zu Opel, auch wenn Gymnasium und Studium möglich gewesen wäre. Da wird die unsichere, weil unbekannte bessere Zukunft vehement abgelehnt und gefordert, dass etwas Anständiges gelernt wird, das schnell Geld bringt. Diese Jobs sind aber fast alle weg.
Und dann werden in vielen Regionen Arbeitslose und deren Kinder ausgegrenzt und stigmatisiert. Das sind alles asoziale faule Säcke, heißt es. Die Kinder bekommen bei gleicher Leistung schlechtere Noten, vom Gymnasium verschwinden sie bei kleinsten Schwächen. Einerseits fehlen Nachhilfe und der Rückhalt daheim, andererseits fallen die Noten schlechter aus, weil es angeblich nicht sinnvoll ist, so jemanden mitzuziehen.
Und das ist nur ein minimaler Ausschnitt der ganzen Mechanismen. Das Problem ist in Wahrheit noch viel größer. Die Herkunft entscheidet zumindest im Westen in extremer Weise über die mögliche Zukunft.
Das Thema steht ja unter "Kurioses", deshalb soll man das nicht so ernst nehmen. Ganz von der Hand zu weisen ist es aber nicht.
Im Osten Deutschlands gab es nach der Wende so um die 25% Arbeitslosigkeit. Mir erzählte ein Schulleiter vor einigen Jahren das er viele Kinder in den Klassen hat deren Eltern nie einer geregelten Arbeit nachgegangen sind und die Kinder sich auch darauf eingestellt haben einmal Sozialhilfe zu bekommen. Das zeigte sich durch ihre Aussagen und die Leistungen im Unterricht.
Solche Resignation und Haltung ist natürlich tödlich wenn es um eine spätere Ausbildung geht. Deshalb glaube ich schon dass es da Zusammenhänge gibt. Natürlich gibt es auch eine andere Entwicklung, nämlich alles zu tun um das zu ändern.
Die Studie ist vom IWH und nicht dem IWF. Allerdings habe ich dafür keine Zahlen gefunden. Daher kann man hier nur spekulieren, wie relevant ein solche Aussage ist.
Dieses Gerücht gibt es in vielerlei Hinsicht. Auf der einen Seite sagen viele immer wieder, dass Kinder von Hartz IV Empfängern später derselbe Weg zuteil wird und dasselbe scheinbar auch mit arbeitslosen Vätern sowie ihren Söhnen.
Für mich ist das völliger Quatsch. Das kann sicherlich vorkommen, aber hat nicht zwangsläufig etwas mit dem Vater und dessen Arbeitslosigkeit zu tun. Genau dasselbe Prinzip eben auch bei Hartz IV Empfängern. Nur weil Mama und Papa Stütze kriegen bedeutet das nicht, dass später das Kind auch so leben möchte.
Manch einer möchte es eben mit viel Ehrgeiz anders machen. Besser als der Papa usw. Da denke ich, darf man hier nicht pauschalisieren. Das kann ich wirklich nicht glauben, was die Studie sagt.
Es geht doch nicht darum, ob jemand mit viel Ehrgeiz von der Dauerstütze der Eltern zu einem vernünftigen Job kommt oder studiert. Das ist natürlich möglich und es passiert auch. Aber es gibt eben doch eine Häufung, die sich statistisch auswirkt, weil es eben Kinder aus diesen Familien schwerer haben.
@ Cooper das stimmt natürlich. Ich wollte damit aber auch "nur" sagen, dass es Kinder gibt, die eben genau den anderen Weg einschlagen wollen. Meist sogar sich selber so arg unter Druck setzen, um aus dieser "Armenschiene" zu fallen, welche die Gesellschaft gedrückt hat.
Ein Hartz IV-Empfänger ist immer gleich faul, asi und mehr. Kinder fallen da oftmals nicht aus der Kategorie heraus. Deswegen wollen einige wirklich mit viel Kampf raus aus der Situation.
Das hat aber auch, wie mit arbeitslosen Vätern und Söhnen etwas mit Erziehung zu tun. Wenn ich als Empfänger von Hilfen durch den Staat so tue, als sei das normal, als ist das etwas gutes und mehr - dann ist die Chance groß, dass auch die Kinder das Leben führen.
Einfach ist es aber nicht, die Disziplin zu bekommen, nicht so zu werden, wie manche Erziehungsberechtigten.
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