Irritiert sein, wenn Kollegen dem Chef sehr ruppig antworten
Neulich saßen bei meinem Nebenjob mein Chef, drei Kolleginnen und ich am Mittagstisch. Es herrschte nicht unbedingt eine rege Gesprächsatmosphäre. Mein Chef unterbrach dann die Stille und sagte zu meiner Kollegin, dass ein Seminar, was sie anbietet, anders genant werden sollte, dass man da ein Wort in der Bezeichnung ändern sollte und das bauschte er auch etwas auf.
Da reagierte sie recht unwirsch und meine nach kurzem Schweigen, dass es ihr eigentlich egal ist, wie die Seminare heißen und dass sie das nicht wichtig findet, dass sie da nicht so pingelig ist und ihr der Inhalt wichtig ist, aber nicht irgendwelche Bezeichnungen. Sie brachte das auch in einem doch frechen Tonfall zum Ausdruck und wirkte genervt von der Anmerkung meines Chefs.
Ich war in dem Moment schon etwas erschrocken, dass sie sich traut, so etwas zu unserem Chef zu sagen. Denn wenn man zu mir so etwas in dem Tonfall gesagt hätte, hätte ich mich schon auf den Schlips getreten gefühlt. Aber andererseits habe ich sie dafür auch etwas bewundert, denn ich denke genauso. Ich finde auch, dass unser Chef auf belanglose Kleinigkeiten zu sehr achtet, aber dennoch würde ich mich nicht trauen, das zu sagen. Besonders wenn ich das gegenüber dem Chef sagen würde, würde ich mich da ganz vorsichtig ausdrücken und mich keineswegs trauen, mit meinem Chef zu barsch umzugehen.
Würde ihr eurem Vorgesetzten so hart sagen, wenn ihr ihn für zu pingelig haltet? Ich habe dazu gar nichts gesagt und das einfach still beobachtet. Hättet ihr etwas dazu gesagt?
Ich beobachte immer wieder, dass viele Angestellte sich nicht trauen ihrem Vorgesetzten zu widersprechen. Viele sehen den Chef anscheinend als eine derart autoritäre Person an, der man auf keinen Fall Widersprechen darf. Für mich ist das nicht nachvollziehbar. Jeder kann selber denken und sich eine eigene Meinung bilden. Diese darf und sollte man auch vertreten. Natürlich sollte dies respektvoll geschehen. Hier mache ich aber keinen Unterschied zwischen gewöhnlichen Arbeitskollegen und Vorgesetzten.
Ob man jetzt so direkt wie deine Kollegin ist, oder das Thema vorsichtiger angeht hängt sicher auch von der jeweiligen Situation ab. Wenn sich beide Partner schon lange kennen und wissen wie der andere reagiert, spricht meiner Meinung nach nichts gegen eine direkte Gangart.
Ich selber bin auch eher der Typ, der zwar durchaus Kritik anbringt und auch seine Meinung sagt, aber normalerweise achte ich schon immer auf einen angemessenen Tonfall. Manchmal rede ich mich zwar in Rage, aber generell bin ich schon eher um Beherrschung bemüht, weil ich mir so bessere Chancen ausrechne, ernst genommen zu werden. Es ist in meinen Augen einfach empfehlenswerter, wenn eventuelle Vorgesetzte mich als besonnene Mitarbeiterin registrieren, weil sie dann auch schneller begreifen, dass es wirklich brennt, wenn Frau Gerbera ausnahmsweise mal barsch wird.
Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht, dass die Kollegen und Kolleginnen, die eigentlich immer barsch und ruppig daherreden, eher abgewürgt werden bzw. ihr Anliegen ignoriert wird, weil die Leute mit Entscheidungsgewalt von diesen Kandidaten genervt sind und froh, möglichst wenig mit ihnen zu tun zu haben. Ich habe auch nicht bemerkt, dass die Lauten und Grantigen eher ihren Willen bekommen, weil man damit schließlich nur erreicht, dass sie wegen dem nächsten Pipifax wieder angerannt kommen und den Chef erneut anpflaumen.
Von daher bin ich zwar nicht der Meinung, dass nur Kriecherei weiterbringt, aber man sollte unterschiedliche Kommunikationsstile bewusst einsetzen und nicht einfach nur den Chef anraunzen, weil einem gerade danach ist. Aber natürlich sind wir alle nur Menschen: Wenn der oder die Vorgesetzte wirklich ein unangenehmer Zeitgenosse ist, der selber nur am Motzen ist, kann ich mir es auch für mich selbst vorstellen, dass ich nach der soundsovielten kleinkarierten Kritik auch mal etwas pampiger reagiere. Es ist ja nicht so, dass man deswegen gleich auf der Straße landet.
Also ich finde diese Duckmäuser und Arschkriecher auch nicht so toll. Selber sage ich auch immer, was ich denke. Da ist es mir egal, wer vor mir steht. Natürlich kann man Dinge, die einen stören auch normal ansprechen. Das ist mir wichtig, ein gepflegter Umgangston. Also ruppig würde ich nicht antworten aber ich würde dem Chef schon klar machen, wie der Hase läuft.
Oft sind die Leute auch dankbar, wenn jemand einmal sagt, was er denkt. Und wenn sich die Mitarbeiter das schon nicht trauen, dann muss es eben jemanden anderen geben, der das macht. So gesehen finde ich das nicht schlecht. Aber auf die Art, wie man es rüber bringt sollte schon geachtet werden, so finde ich.
Mir ist ein gepflegter Umgangston immer wichtig, egal ob es sich nun um einen Vorgesetzten oder eine Vorgesetzte, um eine Arbeitskollegin oder einen Arbeitskollegen handelt. Es kann auch ein Lehrling oder eine Praktikantin sein, ein netter Umgangston finde ich, hat nichts mit dem Alter oder der Position zu tun, sondern sollte selbstverständlich sein.
Wahrscheinlich hätte ich, wenn ich der Chef oder die Chefin in diesem Augenblick gewesen wäre, zur Mitarbeiterin gesagt, dass ich ihren Frust verstehe, aber trotzdem einen angemessenen Ton erwarte. Es klang zwar so, als hätte der Vorgesetzte durch seine Aussage schon provoziert, aber man darf sich da nicht so darauf einlassen, so finde ich. Vielleicht war es gar nicht so negativ gemeint.
Ich finde das Verhalten der Kollegin noch nicht einmal besonders ruppig. Wer möchte denn bitte in der Mittagspause mit Arbeit belästigt werden? Das gilt besonders dann, wenn man für das Thema noch nicht einmal zuständig ist. Oder ist der, der die Seminare hält, auf für das Marketing zuständig? Ein verkaufsfördernder Titel fällt eher nicht in den Bereich der Seminarleitung, die muss den Inhalt später vermitteln, aber das Gestalten der Angebote ist doch eher nicht ihr Job.
Doch, das Gestalten ist eigentlich auch ihr Job, es gibt keinen extra Marketingverantwortlichen, der sich um die Benennung der Seminare kümmern würde. Das ist kein riesen Unternehmen, in dem es eine eigene Marketingabteilung geben würde.
Dann gehört das trotzdem nicht in die Pause. Da muss sich kein Vorgesetzter wundern, wenn Mitarbeiter nickelig werden. Kritik an der eigenen Arbeit in der Pause und vor Kollegen zeichnet einen Chef nun wirklich nicht aus. Wie man in den Wald ruft, so schält es heraus.
Aber ich finde es immer noch harmlos. Ich habe einen meiner ehemaligen Chef schon als emotionalen Versager bezeichnet oder einem gesagt, dass er nie wieder wagen soll, so mit mir zu reden. Oder dass er nie wieder vor Kunden nie wieder widersprechen soll.
Das hat auch funktioniert, wobei es mir in dem Moment auch egal gewesen wäre, wenn er mich gefeuert hätte. Manchmal hat man eben die Nase gestrichen voll. Es muss das Arbeitsverhältnis nicht nachhaltig negativ beeinflussen. Meine Chefs haben überlebt und sich in der Regel später brav entschuldigt.
Ich würde meinem Chef nun nicht unbedingt ruppig antworten, das hat für mich nichts bei der Arbeit verloren. Allerdings finde ich auch, dass der Chef den Angestellten die Mittagspause schon gönnen und sie da nicht mit doch recht belanglosen Themen belästigen sollte. Darum hätte ich in dem Moment sicher auch nicht erfreut reagiert, sondern wohl einfach gesagt, dass ich das Thema nicht für so wichtig halte und dass er da gerne nach meiner Pause mit mir drüber reden kann.
Ich denke auch, dass es nicht nötig ist, dem Chef immer in allem zuzustimmen und dass man durchaus auch seine eigene Meinung kundtun kann und sollte. Aber genauso gut finde ich, dass der Ton die Musik macht und dass man schon schauen sollte, wie man etwas sagt. Ich selber hätte in der Situation auch nichts gesagt, wenn ich das mitbekommen hätte. Ich wüsste auch nicht, warum ich mich dann noch einmischen sollte.
Gut, hier geht es um den Chef. Da weiß ich nicht wie ich reagieren würde. Hängt vom Charakter des Chefs ab. Ich habe festgestellt, dass die Menschen viel zu oft projizieren. Nur weil man selbst bei einem gewissen Tonfall und einer bestimmten Wortwahl sich angegriffen fühlen würde, heißt das noch lange nicht, dass jeder so reagieren würde. Manche Menschen äußern Kritik grundsätzlich ruppig.
Ich habe zum Beispiel einen Kollegen, der immer alles negativ sieht. Egal was wir bei uns an Technik oder Programmen haben oder welche Ideen für Projekte eingebracht werden, es ist seiner Ansicht nach alles "scheiße" und er sagt das auch vor der Chefin so. Sie nimmt das überhaupt nicht Übel und sieht das eher locker. Sie weiß eben wie man ihn zu nehmen hat und dass man das nicht persönlich nehmen darf. Er meint es nicht so. Ich denke, dass das einen guten Chef ausmacht, auch wenn die Chefin eher ein Mensch ist, der Kritik sehr "weich" und konstruktiv formuliert und niemals zu so einer heftigen Wortwahl greifen würde wie mein Kollege dies tut.
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