Inwiefern spielt der Geburtsort im Leben eine Rolle?

Ich las vor kurzem die Aussage eines Promis, dass es doch egal wäre, wo man geboren worden ist. Es wäre nur wichtig, dass man seine Fähigkeiten erkennt und nicht aufgibt. Stimmt ihr einer derartigen Aussage zu? Meint ihr, dass man immer eine Karriere absolvieren kann ganz unabhängig vom Geburtsort? Oder meint ihr, dass der Geburtsort je nach Branche und was man erreichen möchte, durchaus ein Hindernis sein kann?

In vielen Fällen entscheidet der Geburtsort über deine Staatsangehörigkeit. Und in einigen Fällen entscheidet deine Staatsangehörigkeit nicht darüber in welcher Branche du welche tolle Karriere machen kannst sondern ob du überlebst oder nicht.

Ja, ich würde sagen es macht einen großen Unterschied ob man in Europa oder den USA leben kann oder ob man in Armut und Krieg abgeschoben werden kann weil man das Pech hatte im falschen Land geboren zu sein. Ich würde gerne mal sehen, wie der Promi seine Fähigkeiten erkennt wenn er den größten Teil seines Lebens in den USA verbracht hat und dann in ein mittelamerikanisches Land abgeschoben wird, in dem er überhaupt nicht zurecht kommt, weil er es schon als Baby verlassen hat und dort auch keine Familie mehr hat.

Lass mich raten: Dieser "Promi" ist mindestens einer Mittelschicht-Familie in einem westlich-kapitalistischen Land entsprungen oder gehört bestenfalls zu dem verschwindend geringen Bruchteil von Leuten, die es tatsächlich aus irgendeinem Slum der Dritten Welt ans Rampenlicht geschafft haben? Ich finde es immer geradezu beleidigend so zu tun, als könnte es jeder "schaffen", und die Leute, die es nicht aus dem wie auch immer gearteten Elend ins Licht der Öffentlichkeit geschafft haben, seien nur zu dumm, zu faul oder zu feige gewesen.

Der Geburtsort spielt also in meinen Augen eine massive Rolle für das weitere Leben eines Menschen, und damit meine ich natürlich nicht, ob jemand in der Klinik in Wuppertal oder Bielefeld das Licht der Welt erblickt hat. Manchmal merkt man schon, dass "Promis" nicht immer für ihren gesunden Menschenverstand bezahlt werden.

Wahrscheinlich meint es diese Person auch durchaus positiv und ermutigend und vergisst dabei ganz, dass sie zumindest die Möglichkeit hatte, Musikunterricht zu nehmen, oder über die Familie Kontakte in die entsprechende Branche hatte oder man ihr die "Fähigkeiten" nicht von frühester Jugend an herausgeprügelt hat, oder was auch immer. Das ist alles mit dem "Geburtsort" verknüpft.

Wie meine Vorrednerin schon sagte, ist man im Klinikum Wuppertal oder Bielefeld zur Welt gekommen, macht es vermutlich wirklich keinen Unterschied. Es ist anzunehmen, das die Kinder zumindest die Chance haben, die gleiche Bildung zu erlangen, wobei auch das weit gegriffen ist. Bezieht man das jedoch auf die ganze Welt, finde ich die Aussage auch ziemlich dreist und total daneben.

Es gibt Länder wie China oder Indien, in denen viele weibliche Kinder noch heute getötet werden, sobald sie das Licht der Welt erblicken. Tausende Kinder werden in Afrika und anderen Ländern in die Sklaverei geboren, andere kommen in Kriegsgebieten zur Welt, in Drogenslums und viele auch einfach nur in sehr armen Gegenden. Wie kann ein solcher Geburtsort keine Rolle spielen?

Ich nehme auch an, der Promi meinte es nicht böse und wollte eine positive, motivierende Botschaft vermitteln, aber die Aussage wirkt auf mich sehr naiv und realitätsfern.