Inwiefern lassen sich Erwachsene noch erziehen?
Dass Eltern ihre Kinder erziehen (sollten) ist ja bekannt. Kinder kennen die Regeln und Verhaltensweisen in dieser Gesellschaft nicht und müssen sich dann eben anpassen. Aber inwiefern lassen sich Erwachsene noch "erziehen"? Ich persönlich bin ja der Ansicht, dass man einen Erwachsenen nicht erziehen kann. Zu oft habe ich mitbekommen, wie Menschen ihre Partner "umerziehen" wollten und daran gescheitert sind.
Was anderes ist es, wenn man diese "Erziehung" durch Gesetze und entsprechende Sanktionen wie Bußgelder durchsetzen möchte, aber das ist für mich keine Erziehung, sondern eben Gesetz. Wie seht ihr das? Inwiefern lassen sich Erwachsene eurer Ansicht nach noch erziehen? Ist das vom Menschen abhängig, von der Methode oder von dem Grund der gewünschten "Erziehungsmaßnahme"?
Auch bei dieser Frage, bzw. bei diesem Thema ist meiner Meinung nach eine Differenzierung wichtig. Der Wort "Erziehung" ist natürlich ein sehr allgemeiner Begriff und somit ist diese Frage für mich auch nicht eindeutig beantwortbar.
Wenn man das Wort so interpretiert, wie du es gerade im obigen Eintrag beschreibst, also Erziehung im Sinne von "an die Rechtsordnung halten", dann bin ich definitiv der Ansicht, dass man (fast) jeden Menschen, unabhängig vom Alter, "erziehen" kann. Es ist nämlich auch Fakt, dass Gesetze, die eine bestimmte Strafe vorsehen, eine generalpräventive Wirkung haben, beziehungsweise haben müssen.
Es kommt natürlich auf die Definition an aber ich selber tue mir schwer damit, den Begriff "Erziehung" auf normal entwickelte erwachsene Menschen anzuwenden. Für mich impliziert Erziehung, dass das Verhalten eines Menschen nach bestimmten Vorbildern geformt werden soll, und ich finde, dass dies nur funktioniert, bis sich die Persönlichkeit im Laufe des Lebens gefestigt hat, was in meinen Augen ca. nach der Pubertät der Fall ist.
Natürlich kann man als Mensch (glücklicherweise) sein ganzes Leben lang dazulernen und sein Verhalten immer wieder neu anpassen, und wird dabei auch von Vorbildern und seinem Umfeld beeinflusst. Aber Erziehung als gezielte Einflussnahme auf sein gesamtes Verhalten durch Dritte findet dann eigentlich nicht mehr statt. Und auch Mittel wie Strafen, Therapien oder auch Manipulation und Erpressung würde ich nicht als "Erziehung" bezeichnen, auch wenn sie darauf abzielen, jemanden zu einem funktionierenden Mitglied der Gesellschaft zu machen.
Und ich glaube auch nicht, dass man jeden Menschen "erziehen" kann. Sonst gäbe es ja nicht doch recht viele Wiederholungstäter oder neutraler formuliert, gesellschaftliche Außenseiter, die nach ihren eigenen Regeln spielen.
Erziehung im engeren Sinne meint die pädagogische Einflussnahme auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen. Da fallen Erwachsene definitionsgemäß raus. Aber Lernen funktioniert immer gleich. Da ist das Alter ziemlich unerheblich. Und natürlich wirken auf Erwachsene sehr ähnliche Mechanismen wie auf Kinder.
Denn tatsächlich ist es doch ziemlich egal, ob ich einem Kind oder einem Erwachsenen eine Strafe androhe oder eine Belohnung anbiete. Nur nennt man das eben bei Erwachsenen anders. Da redet man von Konsequenzen oder von Boni. Es ist doch unerheblich, ob die Vierzehnjährige für's Zuspätkommen Stubenarrest bekommt oder der Mitarbeiter eine Abmahnung.
Die Vorstellung, am nächsten Wochenende den niedlichen Studenten auf der Party der Konkurrenz zu überlassen, ist ebenso erschreckend, wie demnächst arbeitslos zu sein. Und ob nun die Eltern die Eine in Mathe loben oder ein Eis springen lassen, ist auch nicht anders als das Lob vom Chef für das erfolgreiche Projekt und die Prämie.
Man kann auch einen erwachsenen Menschen erziehen. Damit meine ich auch nicht irgendwelche Gesetze, sondern die reine Erziehung, die zwischenmenschlich stattfindet. So kann man ja einem anderen Menschen sagen, dass das Verhalten, welches er an den Tag legt, nicht richtig ist und man sich doch bitte ändern soll.
Wie soll man sonst auch miteinander innerhalb einer Beziehung auskommen? Dann dürfte man ja nie etwas sagen, was einen stört, weil es keinen Sinn haben würde, da man den Menschen und sein Verhalten eh nicht ändern kann. Selbst alte Menschen im Altersheim kann man noch erziehen und ihnen gewisse Regeln auferlegen. Mag sein, dass viele Menschen im Alter stur sind, aber dennoch kann in gewisser Weise immer, bis zum Schluss, Erziehung stattfinden und angenommen werden.
Ich würde auch sagen, dass es auf die Definition des Wortes ankommt. Aber wenn ich Erziehung mal so definiere, dass man anderen Menschen sagt, was sie machen sollen und vielleicht auch Strafen aufzeigt, die es gibt, wenn man diese Sachen nicht befolgt, dann ist das für mich etwas, das nur für Kinder und Jugendliche gilt und nicht für Erwachsene.
Sicher kann man auch erwachsenen Menschen noch die Gesetze klar machen und dabei klar machen, was es für Folgen hat, wenn man diese nicht befolgt. Aber das ist für mich auch nicht das gleiche. Ich würde also einfach sagen, dass so eine Erziehung, wie sie bei Kindern und Jugendlichen vielleicht noch funktioniert, bei Erwachsenen nicht mehr den Erfolg bringen wird.
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