Industrielles Essen bewusst für Ärmere hergestellt

vom 19.04.2020, 14:20 Uhr

Die Zeit der Coronakrise macht es möglich, etliche Reportagen zu sehen und so kam ich auf die Thematik Übergewicht und die weltweiten Auswirkungen. Auffällig war dort zu erkennen, dass insbesondere das industrielle Essen mit etlichem Zucker und Salz im Vordergrund stand.

Auf manchen Kontinenten wie den USA und Südamerika wurde deutlich gezeigt, das industrielle Lebensmittel wie ein Fertigessen teilweise günstiger waren, deutlich günstiger, als Obst & Gemüse. Dies hat die armen Menschen dazu verleitet, stets dazu zugreifen und das Endergebnis war Übergewicht. Unabhängig jetzt von weiteren Faktoren wie Genetik, Bewegung oder etwaige Krankheiten.

Viele Gegner dieser Lebensmittelhersteller werfen ihnen also vor, dass sie bewusst Billiges herstellen und teils verschweigen wie kritisch es gesundheitlich um sie besteht, um die Ärmsten der Armen zu erreichen, wo es gerade auch noch an der richtigen Gesundheitsversorgung mangelt.

Meine Frage daher an Euch ist, ob es wirklich sein kann, dass die Branche für industrielle Lebensmittel bewusst die ärmeren Regionen anpeilt, weil sie dort regen Absatz findet? Oder glaubt Ihr, dass man es sich nicht so leicht machen kann?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich weiß nicht ob man das generell sagen kann, aber ich weiß, dass es in den USA Regionen gibt, in denen man kaum frische Lebensmittel bekommt. Vielleicht ist dir bei deinen Dokumentationen der Begriff "Food desert" mal über den Weg gelaufen. Das sind arme Regionen und Stadtviertel und es bedeutet nicht, dass die Leute da verhungern. Es gibt schon die üblichen Fast Food Ketten und kleinere Läden mit abgepacktem Zeug, aber eben keine Supermärkte mit Obst- und Gemüseabteilung, keine Metzger, keine Bäckereien und so weiter.

Man kann sicher nicht sagen, dass diese Produkte speziell für arme Menschen hergestellt werden, es gibt schließlich auch genug Leute mit normalem Einkommen, die Fast Food essen oder Schokoriegel und Chips kaufen. Aber die ärmeren Regionen sind unattraktiv für Geschäfte, die frische Lebensmittel verkaufen und deshalb werden logischerweise vermehrt die Fertigprodukte gekauft.

Und in den USA sind frische Lebensmittel oft ja wirklich deutlich teurer als verarbeitete Produkte. Während man in Deutschland mit frischem Obst und Gemüse in der Regel günstiger weg kommt wenn man saisonal kauft sind in den USA meistens die verarbeiteten Produkte deutlich günstiger. Liegt wahrscheinlich an den längeren Lieferwegen.

Mir fällt auch gerade ein, dass ich mal gehört habe, dass Coca Cola in Südamerika in Regionen massiv beworben wurde, in denen es kein verlässliches Trinkwasser gibt. Was dann dazu geführt hat, dass schon kleine Kinder das Zeug bekommen haben, weil es eben deutlich sicherer war als das dreckige Wasser.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich glaube nicht, dass man pauschal sagen kann, dass Armut mit einem höheren Konsum an „ungesunden“ Fertiggerichten einhergeht. Mir fallen auf Anhieb eine ganze Menge Leute ein, die nicht schlecht verdienen und sozial gut gestellt sind und trotzdem die Tiefkühltruhe zuhause voller Pizza, TK-Lasagne und Co haben, eben weil sie entweder zu faul zum Selberkochen sind oder solche Gerichte gelegentlich nunmal einfach gerne essen. Andere wiederum, die wert auf Frische und Regionalität legen, sparen lieber woanders als beim Essen und gönnen sich dort hochwertigere Zutaten. Auch ist gesund und frisch nicht zwingend immer teuer. Gerade in größeren Mengen kann man auf Märkten und Höfen häufig wunderbare Lebensmittel für ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bekommen.

Auch finde ich die Argumentation nicht ganz schlüssig, dass Fertiggerichte gezielt für den Vertrieb in den Armutszonen hergestellt werden. Zum einen wird gerade da, wo sich die Menschen nur wenig Einkäufe leisten können, verstärkt auf den Eigenanbau oder das Geschäft mit lokalen Landwirten gesetzt, und zum anderen hat jemand, der sich kaum etwas zum Essen leisten kann, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch keine Tiefkühltruhe, Mikrowelle oder andere Geräte, die für die Zubereitung von Fertig-Junkfood erforderlich sind. In meinen Augen sind solche Produkte fast eher in die Kategorie „unnötiger Luxus“ zu stecken, da sie Zeit sparen und Gelüste auf fettiges und zuckerhaltiges Essen befriedigen.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Diese Geschichte mit „Coca Cola“ habe ich beispielsweise aus Südamerika auch in einer Reportage gesehen. Dort ging es ganz klar darum, dass dortige Institutionen bewusst nach Ausgaben für Werbungen in armen Regionen ohne viel Trinkwasser von Seiten des Konzerns gefragt haben, und die dort deutlich höher waren als anderswo, was die jeweiligen Hilfsorganisationen dazu verleitet zu sagen, das macht ihr mit Absicht. Und das, obwohl ihr wisst, wie gefährlich euer Süff-Getränk auf Dauer und in Mengen ist.

Eine Reportage war zum Beispiel auf Arte zu sehen, die gerne nachgesehen werden kann. Auch hier war explizit glaube ich Coca Cola nochmal erwähnt worden und USA sowie Südamerika ebenso, was dort die entsprechenden Unternehmen mit Industrieessen, auch abseits vom Fast-Food tun, um für mich durchaus auch eklatant arme Regionen anzusprechen.

Die Begrifflichkeit arm ist vielleicht auch falsch. Unter „arm“ denkt gerade in den USA jeder, dann kann man sich doch erst recht kein Fast Food leisten. Doch in vielen Regionen habe ich es live gesehen, war der Farmers Market eben nicht vorhanden, die Supermärkte zu weit weg und selbst wenn, war Obst und Gemüse teurer, als die billige Packung Mac'n Cheese, die 2-3 Personen sättigt.

Und wer auf die Kohle achten muss, der kauft nur als Beispiel jetzt 1-12 Packungen Mac'n Cheese für 2.39 Dollar bis 5 Dollar je nach Hersteller, Verpackungsart (Cup, Beutel oder ähnlich wie Miracoli) und ist damit mit einer bis zwei Portionen besser dran, als Obst und Gemüse zu kaufen, für einen feinen Salat.

Die oben verlinkte Reportage war keineswegs uninteressant, also wer Lust hat. Vielleicht war es wirklich mal anders, dass man bewusst jede Schicht ansprechen musste. Doch es ist doch wirklich auffällig, wie viele arme Regionen weltweit diesen Genussmitteln der ungesunden Industrie verfallen sind, weil sie einfach erschwinglicher sind, als örtliche Kost oder eben wo Werbung besonders gezielt eingesetzt wird, wenn keine Konkurrenz herrscht.

Man kann da schon annehmen, dass da bewusst von den Herstellern gestreut wird, um die Armen an sich zu binden.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



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