Industriell hergestelltes Essen in Schulen verbieten
Zu meiner Schulzeit kann ich mich noch genau daran erinnern, dass auch mal hier und da absolut fertiges Essen uns auf den Tellern serviert wurde. Das war zu meiner Zeit aber trotzdem besser, als gar nichts, da viele von uns aus ärmeren Familien mit Sozialhilfe kamen.
In anderen Schulen weiß ich aber, dass dies nicht immer der Fall ist und dort richtig miese Küche serviert wird. Im Ausland wie den USA & Co ist es sogar teilweise noch schlimmer. Das brachte mich der Frage näher, nachdem ich einige Reportagen gesehen habe, ob man nicht am Schulessen mal genauer hinsehen müsste.
Industrielle Lebensmittel sind ungesund, das wissen wir alle. Sie sind billig. Nach dem Motto, Hauptsache eine Mahlzeit wird in manchen Schulen agiert, und das finde ich nicht richtig.
Wäre es daher nicht sinnvoll, wenn man Lebensmittel aus der Industrie wie Fertigsoßen, Fertiggerichte & CO von dem Speiseplan streicht? Was spricht dafür, was dagegen und wo seht Ihr die möglichen Probleme?
Warum sind industriell hergestellte Lebensmittel in deinem Augen per se schlecht? Das Angebot an Fertigprodukten aus hochwertigen Zutaten und ohne Zusatzstoffe ist gar nicht so klein. Nur kostet es halt mehr. Das liegt einerseits an den Zutaten selbst. Auf der anderen Seite ist die Verarbeitung teurer. Ein einfaches Beispiel sind Tomaten. Richtig Aroma haben die nur vollreif. Aber so gehen die nur schlecht durch die Maschinen und das Zeitfenster zur Verarbeitung ist geringer.
Gutes Schulessen könnte problemlos industriell hergestellt sein, zumindest in großen Teilen. Teuer ist es aber auf jeden Fall. Wenn ich rechne, dass ein Mittagessen für meine Kinder in der Schule drei Euro kostet, ist das kein Schnäppchen. Das geht daheim erheblich billiger, weil wir Eltern kostenlos einkaufen, kochen, servieren und putzen. Entsprechende Zutaten und Verarbeitungsschritte machen das Menü schnell einen Euro teurer.
Das ist sicherlich kein Problem für Besserverdienende. Und wer Hartz bekommt, erhält zum Glück Unterstützung und zahlt hier nur einen Euro pro Essen. Aber was ist mit denen dazwischen? Da müsste ein ordentliches Konzept her.
Industriell hergestelltes Essen geht nun in der Regel schneller und ist auch billiger. Ein Pulversößchen ist nun mal schneller angerührt wie eine echte Bolognese anzusetzen. Frisches Gemüse zu schälen und schneiden erfordert auch mehr Personal und Zeit. Das würde sich natürlich deutlich in den Endkosten niederschlagen.
Wir haben das Glück, dass meine Tochter ihr MIttagessen in einer Kantine bekommt die von einem staatliche geförderten Projekt für Langzeitarbeitslose geführt wird. In dieser Kantine wird mit Bioprodukten und Vollkornprodukten gekocht und es gibt auch einmal etwas unkonventionelleres Schulessen wie einen Wassermelonensalat oder Couscous. Allerdings müssen wir dafür dann auch 4,50 € pro Essen bezahlen.
Ich glaube aber für den allgemeinen Schulbetrieb kommt dieses Konzept nicht überall gut an. Wie schon erwähnt wurde sind gerade Familien mit Niedrigeinkommen nicht begeistert, wenn sie täglich 2 € mehr fürs Mittagessen bezahlen müssen. Auch in unserer Schule gab es da erstmal eine lange Diskussion. Familien die damit gar nicht einverstanden waren dürfen ihren Kindern jetzt eine eigene Brotzeit mitgeben.
Die Frage ist sicher, ob man bereit ist das dann auch zu bezahlen und ob das logistisch überhaupt möglich ist. Wenn die Schule eine eigene Küche hat und nur 8 Grundschulklassen bekocht werden müssen schafft man es sicher irgendwie Gemüse zu putzen und zu schnippel während nebenbei die frisch angesetzte Bratensauce ein Stündchen braucht um auf die richtige Konsistenz zu reduzieren.
Aber was ist wenn man keine Küche hat, was bei uns in vielen Schulen der Fall ist? Dann muss man schauen, dass man einen externen Anbieter verpflichtet und dem kann man wahrscheinlich nicht bis hin zur selber geköchelten Sauce sämtliche Zutaten vorschreiben.
Davon abgesehen, selbst in guten Restaurants kommen Fertigprodukte auf den Tisch. Ich habe mal einen Test von Sauce Hollandaise gesehen und da war jede Probe bis auf eine ein Fertigprodukt, selbst wenn vorher versichert wurde, dass sie selber gemacht wird. Ich fürchte, gewisse Fertigprodukte sind inzwischen einfach zur Normalität geworden.
Schulküche muss schnell gehen und in großen Mengen "produzierbar" sein zu einem möglichst geringen Einkaufspreis. Die Caterer haben natürlich gewisse Vorgaben für ein abwechslungsreiches Angebot aber eben auch ihre Vorgaben zu welchem Preis sie die Speisen anzubieten haben. Der Spielraum ist da nicht besonders groß.
In der Schule meiner Tochter sind wir gemeinsam mit dem Elternbeirat auf die Barrikaden gegangen, weil die Kinder zunächst in einem nahe gelegenen italienischen Restaurant zur Mittagszeit versorgt wurden. Es gab im Wechsel Pizza oder Pasta mit Sauce und hin und wieder ein Obstteller oder Salat dazu. Selbst den Kindern hing das Essen irgendwann zum Hals raus. Es war alles frisch gekocht aber einfach viel zu einseitig. Meine Tochter konnte Monate lang danach noch keine Pizza mehr sehen.
Wir haben dann gemeinsam mit der Schule nach einer Alternative gesucht und im Zuge dessen die ganzen Auflagen und Vorgaben erfahren. Fünf Euro war die oberste Grenze des machbaren und selbst das war vielen Eltern einfach zu viel. Dies hätte monatlichen Kosten von 100 Euro entsprochen. Wir hatten dann letztendlich das Glück einen Platz in einem Langzeitprojekt zu bekommen welches ein vollwertiges, abwechslungsreiches Essensangebot für 4,50 € anbot. Unsere Schule benötigte aber auch nur eine Kapazität von maximal 40 Essen. Größere Kapazitäten hätten für dieses Projekt gar keine Chance gehabt.
Ich bin nicht unbedingt für ein generelles Verbot, denn dass ein Lebensmittel „industriell hergestellt“ ist, ist nicht gleichbedeutend mit „ungesund“ oder „gesundheitsschädlich“. Sicherlich gibt es Soßenpulver und Fleisch- sowie Eiersatzstoffe, die billig, haltbar und in großen Mengen produziert werden können und außer leeren Kalorien wenig wertvolle Nährstoffe und Vitamine enthalten, was sie nicht unbedingt zu empfehlenswerten Speisen für Kinder im Wachstum macht, aber genauso werden eben auch Tiefkühlgemüse und andere eigentlich gute Zutaten abgepackt verkauft, was ich als Alternative zu aufwändig zuzubereitendem Frischegut für größere Gruppen und Einrichtungen vertretbar finde.
Noch dazu muss man bedenken, dass nicht jede Schule und Kindertagesstätte die finanziellen Mittel, die Ausstattung und das Personal zur Verfügung hat, um frisch zu kochen. Viele Institutionen sind auf die Belieferung durch Gastro-Services angewiesen und können sich auch da nunmal nicht die Crème de la Crème leisten. Dennoch wollen die betreuten Kinder eine ausreichend sättigende und warme Mahlzeit haben. Daher sollte man meiner Meinung nach nicht rigoros verbieten, sondern lieber gewissenhaft auswählen, was man auf den Speiseplan setzt. Spinat und Erbsen-Möhrengemüse aus der Tiefkühltruhe ist schließlich immer noch besser als gar kein Grün.
In meiner Schulzeit wurden auch mal Schnitzel oder Chicken Nuggets serviert, die garantiert industriell hergestellt wurden und in großen Mengen von der Schule eingekauft wurden. So ging es vermutlich auch bei so mancher Gemüsesorte, bei Soßen oder bei Ähnlichem. Ich habe auch mal kurzzeitig in einem Betrieb gearbeitet, in dem Zutaten industriell geschnitten und verpackt geliefert wurden. Das bedeutete aber nicht, dass die Zwiebeln oder Fleischstücke jetzt ungesünder und schlechter waren.
Das Problem ist halt auch immer die Menge und dazu kommt die Sache, dass Schüler nicht immer gesund essen möchten. Ich erinnere mich daran, dass wir damals nicht in der Kantine gegessen haben, weil es ein zu gesundes Essen gab und wir dann lieber zur nächsten Döner- oder Imbissbude gegangen sind.
Dann ist halt auch noch die Größe der Schule, die Anzahl der Schüler und der Aufwand sowie das Personal ein wichtiger Faktor bei der Auswahl der Speisen. Ich war mal in einer Schule unterwegs, in der 50 Kinder zu Mittag gegessen haben. Dort war genau eine Person für die Küche eingestellt und die musste pünktlich das Essen bereitstellen. Dort war es auch so, dass sie nur zwei bis drei Euro pro Portion zur Verfügung hatte und sie hat auch auf industriell gefertigte Speisen zurückgegriffen.
Der Salat wurde portionsweise in Tütchen verpackt angeliefert, genau das Gleiche galt für Gemüse- oder Obstsnacks. Ich will nicht wissen, was dort noch alles enthalten war, aber das Essen war okay, machte satt und hat den Kindern scheinbar geschmeckt. Dann hat die Frau halt mal Fleischbällchen in Soße mit Pommes serviert, dazu gab es dann einen Beutel Salat, einen Beutel mit etwas Obst und vielleicht noch einen süße Snack.
Alleine aus Kostengründen weiß ich nicht, ob es so einfach möglich ist, industriell hergestelltes Essen an Schulen zu verbieten. Denn es kämen zusätzliche Kosten auf die Träger zu und teilweise würden diese auch auf die Eltern abgewälzt. Und würde man nun das Budget pro Portion auf 5 Euro anheben, das wären im Monat circa 100 Euro mehr, das könnten sich manche Eltern nicht unbedingt leisten, weil das Geld eh schon knapp wäre. Zusätzlich müsste noch mehr Personal eingestellt werden, die Infrastruktur gegebenenfalls verändert werden und es wäre auch arbeitsaufwendiger als industrielle Kost anzubieten, weil man ja alles frisch zubereiten müsste.
Zu meiner Schulzeit hatte jede Schule noch eine eigene Essensversorgung. Wobei da oft auch die Rentner vom Ort dort aßen, die selbst nicht mehr kochen wollten. Dazu wurde oft auch die Kita mit beliefert. Aber da war das Mittagessen auch staatlich subventioniert.
Wenn du also frisch gekochtes Essen ist der Schule willst, dann frag dich mal wie viel du bereit bist dafür zu bezahlen. Selbst in einer Grundschule mit 8 Schulklassen wirst du mindestens 3 Leute in der Küche benötigen. Was diese allein an Lohnkosten bedeuten sind 5.366 Euro bei 6 Arbeitsstunden täglich. Wenn man den Spaß jetzt mal mit 24 Schülern pro Klasse rechnet und davon ausgeht, dass alle Kinder das Mittagessen nutzen, liegen wir bei 1,40 Euro die da allein finanziert werden müssen.
Dazu kommen die Lebensmittel, Energiekosten, Wasser und dergleichen. Du wirst also kaum genug Eltern finden, die es sich leisten können so viel für ein Essen täglich zu bezahlen. Und je weniger Kinder das Mittagessen nutzen, desto mehr müssen die anderen Eltern dann auch bezahlen, damit es finanzierbar bleibt.
Dann doch lieber Großküchen, die auch mehrere Gerichte pro Tag anbieten und dabei bestrebt sind auch Qualität zu liefern. Hier wurde das vor Jahren, als es Beschwerden gab, so gemacht, dass alle Schüler wöchentlich aufschreiben sollten, was ihnen missfallen hat und auch was besonders gut war. Das Unternehmen und der Elternrat hat dann regelmäßig zusammen gesessen und nach und nach wurden die Kritikpunkte abgestellt.
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