In welchen Situationen ist Stricken angemessen?

Ich bekomme oft mit, wie manche Menschen während Zugfahrten etwas stricken um eben die ganze Langeweile während der Fahrt zu überbrücken. Auch ich tue dies hin und wieder, weil ich beispielsweise schon über 2 Stunden unterwegs bin, bis ich bei meinem Freund angekommen bin und das kann auf Dauer schon ziemlich langweilig sein. Merkwürdig finde ich das jedoch nicht, ich empfinde es als normal.

Ich habe mich aber gefragt, in welchen Situationen es noch passend wäre, zu Stricken oder sich sonst irgendwie kreativ zu beschäftigen. In welchen Situationen empfindet ihr es als passend oder unpassend? Findet ihr es in Ordnung, wenn ihr Gäste hättet, wovon einer beim Quatschen nebenbei stricken würde?

Dass das beim Vorstellungsgespräch oder bei Arztterminen unpassend ist, sollte klar sein. Aber wie seht ihr das ganze, wenn man im Wartezimmer strickt? Ist das Stricken wenn man zu Besuch ist oder vor Gästen in euren Augen angebracht? Würdet ihr das selbst machen?

Ich muss gerade schmunzeln, als ich deine Zeilen lese, denn es ist so, dass ich sogar einmal während des Physik- und Chemieunterrichtes gestrickt hatte. Die Lehrerin war aber selber schuld. Sie bot uns an, dass wir alles machen könnten in ihrem Unterricht, was das Herz begehrt, denn es wäre ja unsere Sache, ob wir dann etwas vom Stoff bei uns behielten, oder eben nicht.

So brachte ich die nächste Stunde das Strickzeug mit. Und obwohl sie es zu Beginn gesagt hatte, dass ihr das egal wäre, war ich unten durch. Also auch bei langweiligem Unterricht sollte man es tunlichst vermeiden, zu stricken. Ich kenne zum Beispiel viele Menschen, die vor dem Fernseher stricken, und sie finden das sehr entspannend.

Dann kenne ich genau so auch Menschen, die wie schon im Eröffnungsthread beschrieben, auch im Zug oder Bus stricken oder häkeln. Das finde ich ebenfalls eine gute Idee um sich die Zeit zu vertreiben. Aber seit es Smartphones mit Internet gibt, würde ich glaube ich auch eher weniger auf so eine Idee kommen, so denke ich. Schade ist es zwar, aber eher eine Tatsache.

Man kann immer stricken, so finde ich. Ich glaube mich sogar zu erinnern, dass meine Oma auch oft gestrickt hat, wenn Besuch da war. Die waren das gewohnt, dass meine Oma ständig Deckchen oder Kleidung für Puppen und Barbies gestrickt hatte und die störten sich nicht weiter daran. Mich störte das auch nicht wirklich.

Ich denke, es gibt nicht viele Situationen, in denen Stricken wirklich unpassend ist. Außer die anderen oder der Besuch äußern ganz klar, dass sie sich durch das Stricken gestört fühlen würden. Aber eine Knigge- Regel zum Stricken ist mir jetzt so weit ich mich erinnern kann, nicht bekannt.

Warum ist es bei Arztbesuchen nicht angemessen zu stricken? Ich habe eine Fachärztin, wo ich trotz Termin mit längerer Wartezeit rechnen muss. Da nehme ich gerne meine Stricksachen mit. Auch bei meiner Hausärztin, wo ich ja meist auch nur auftauche, wenn ich wirklich krank bin, nehme ich eine Strickarbeit mit, weil ich locker eine Stunde ohne Termin planen muss. Wobei meine Orthopädin und auch ihre Angestellten immer sehr interessiert sind was ich wieder in Arbeit habe.

Ich sehe das nicht als unangemessen an, wenn ich da die Nadeln schwinge. Es stört ja auch niemanden im Wartezimmer, wenn ich stricke. Selbst beim Kieferorthopäden meiner Tochter hat der Zahntechniker schon mal genauer hin geschaut, als mit meinen Stricksachen beschäftigt war.

Auch wenn Besuch da ist sehe ich es nicht als unhöflich an. Wenn man sich nur zu einem netten Plausch zusammen setzt, stört das auch nicht. Bei einer Familienfeier würde ich dagegen wieder nicht stricken. Ich stricke auch manchmal bei langen Autofahrten. Mein Mann fährt und ich habe eben eine Handarbeit dabei.

Also ich schleppe phasenweise meine Strickzeug überall mit hin. Egal ob es der Arztbesuch ist oder ich zu einer Art Gruppentherapie gehe. Auch wenn ich bei meinem Bruder eingeladen bin, findet sich meistens mein Strickzeug im Rucksack, wenn ich gerade meine Strickphase habe. Und das packe ich dann auch hemmungslos aus und stricke, während ich mich mit meinen Familienangehörigen unterhalte. Warum auch nicht?

Ich hatte mein Strickzeug auch bei diversen Klinikaufenthalten mit. In der Regel war es dort so, dass jeden Morgen und jeden Abend alle Patienten mit dem Pflegeteam zusammen saßen und eben jeder berichten sollte, wie sein Tag so war. Bei mindestens zwanzig Patienten und mindestens zwei Pflegekräften kann das eine langwierige und teilweise auch langweilige Sache sein. Ich selbst kann mich nur schwer konzentrieren und lasse mich leicht ablenken. Mit Strickzeug in der Hand kann ich jedoch jeder Erzählung problemlos folgen.

So habe ich aus diversen Klinikaufenthalten drei Pullover, eine Strickjacke, mehrere Schals und auch Socken. Und sollte ich noch mal in ein Krankenhaus müssen, würde ich genügend Wolle für einen Pullover oder eine Strickjacke einpacken. Stricken lenkt eindeutig am Besten ab.

Während meiner Ausbildung hat mir meine Lehrherrin Socken stricken beigebracht. Außerdem war ihre Schwiegertochter schwanger und ich wollte unbedingt dem neuen Erdenbürger was zum Anziehen stricken. So saß ich jede Pause mit meinem Strickzeug dort. Auch in die Berufsschule hat mich mein Strickzeug begleitet. Die Lehrer waren am Anfang nicht wirklich begeistert. Gesagt haben sie nichts, aber die Gesichter haben lange Monologe erahnen lassen.

Eines Tages sprach mich dann die Lehrerin an, ob ich die Frage beantworten könnte. Sie war fest der Meinung, ich sei total in meiner Strickarbeit vertieft. Ich schaute kurz hoch, beantwortete die Frage und das Thema war bis zum Ende meiner Schulzeit erledigt. Was aber zugegebenermaßen keine Kunst war. Wir waren nur vier Schülerinnen und ich die einzige mit einem Realschulabschluss. Generell war ich durch das Stricken weniger ablenkt, so doof das klingen mag. Habe ich nicht gestrickt, habe ich gemalt und damit war ich richtig abgelenkt.