In welchen Bereichen solltet ihr schon missioniert werden?
Missionieren kann man außerhalb der Religion noch in vielen Bereichen, eigentlich in allem, wo man eine Ideologie verfolgt, sei das nun bei der Ernährung, beim Konsum, beim Umgang mit der Gesundheit, um nur mal einige Beispiele zu nennen. Eigentlich mag es kein Mensch, wenn er von außen missioniert werden soll, aber immer wieder gibt es Leute, die dies doch versuchen.
So hatte ich ganz klassisch mal eine Freundin, die bei den Zeugen Jehovas war. Sie wusste genau, wie ich zu der Sache stehe, und dass ich absolut gar kein Interesse daran habe, aber sie konnte es von Zeit zu Zeit nicht lassen, mich in der Angelegenheit doch wieder anzusprechen. Irgendwann gipfelte das darin, dass sie mir eine ihrer Bibeln mitbrachte und mir diese regelrecht aufdrängte, obwohl ich ihr sagte, dass ich das keinesfalls lesen will und werde.
Aber auch in anderen Sachen wollte man mich schon zu einem besseren Menschen machen. So hatte ich eine Bekannte, die ich latent fast schon als relativ arrogant empfand, weil sie jeden in ihrem Umfeld beinahe schon maßregelte, wenn die Leute zum Beispiel Kleidung bei "bösen" Produzenten gekauft hatten. Irgendwann kam es zwischen ihr und einer anderen Frau dann sogar zu einem regelrechten Streit, weil sie es derart übertrieb.
Seid ihr auch schon auf Leute getroffen, die euch missionieren und bekehren wollten? Welche Sachen waren das und wie habt ihr reagiert? Habt ihr euch vielleicht selber schon einmal ertappt, es in einer Sache, für die ihr brennt, mit eurer Begeisterung zu übertreiben?
Von Religiösen werde ich ja gerne missioniert. Ich habe mich mit dem ganzen Zeug kritisch auseinander gesetzt und kenne die ganzen kritischen Fragen, die solche Leute richtig in Bedrängnis bringen inzwischen im Schlaf. Das ist immer sehr amüsant und führt immer dazu, dass ich in Zukunft in Ruhe gelassen werde. Die haben alle irgendwie wahnsinnige Angst davor, dass ich Recht haben könnte oder sie zu eigenständigem Denken und in Frage stellen verleiten könnte.
Wirklich auf die Nerven gehen mir inzwischen aber die Leute, die meine Ernährung missionieren wollen. Da gibt es ja alle paar Monate einen neuen Trend, der seine eigene Pseudowissenschaft hat und dem die ganzen Schafe dann hinterher rennen. Das ist wahrscheinlich einfach die Folge einer Gesellschaft, die Lebensmittel im Überfluss hat, denn wenn man wirklich Hunger hat fragt man nicht, ob das Backwerk, das man angeboten bekommt, bio, vegan, glutenfrei, laktosefrei, ohne Gentechnik und ohne Industriezucker ist.
Ich selber bin beim Gegenmissionieren aber wahrscheinlich genauso eifrig, weil ich einfach nicht verstehe, wie intelligente Menschen auf Sachen herein fallen können, die offensichtlich dazu dienen ihnen überteuerte und unnötige Sachen zu verkaufen. Und die Information ist ja vorhanden. Es ist nicht schwer zum Beispiel heraus zu finden wie der menschliche Stoffwechsel funktioniert und warum eine "detox" Kur für hunderte von Euros völlig überflüssig ist. Aber wenn Ernährung zu Ersatzreligion wird kommt man wohl nicht mehr an die Gläubigen ran mit Argumenten.
Cloudy24 hat geschrieben:Ich selber bin beim Gegenmissionieren aber wahrscheinlich genauso eifrig, weil ich einfach nicht verstehe, wie intelligente Menschen auf Sachen herein fallen können, die offensichtlich dazu dienen ihnen überteuerte und unnötige Sachen zu verkaufen.
Erwischt. Das habe ich thematisch bei allem was in die Richtung Homöopathie und alternative Heilmethoden geht. Mit Schaudern erinnere ich mich an eine Frau, die ich beruflich kannte und die ständig von Globuli, Erstverschlimmerung, natürlichen Heilmethoden, total fiesen und uns alle ausbeutenden, finanziell gesteuerten Schulmedizinern faselte, welche uns aus monetären Zwecken bewusst krank halten.
Ihre Hormonstörungen, die auch durch eine "Konstitutionsbehandlung" nicht besser wurden, mussten dann aber vom Endokrinologen behandelt werden, genauso wie der entzündete Blinddarm und der Knochenbruch natürlich durch die Schulmedizin behandelt wurden, aber "das ist etwas ganz anderes". Sie war da wirklich schon in meinen Augen fast wahnhaft und total verbohrt, hat sich ihr Weltbild zurechtgemacht, wie sie es brauchte.
Die identische Erfahrung habe ich bei diesen Zeugen Jehovas gemacht. Auf jeden Einwand und jedes Argument, gab es ein auswendig gelerntes Gegen-Argument, ich glaube, die werden auch dahingehend gut indoktriniert. Zur Not kann man eben ja auch die entsprechenden Bibelstellen zitieren, wenn einem gar nichts mehr einfällt.
Als ich in Kenia war, wollten mich praktisch alle Menschen, mit denen ich zu tun hatte, vom Christentum überzeugen. Es gab wirklich nur einen, der kein Christ war. Dabei kamen aber echt Argumente, bei denen ich gar nicht wusste, wo ich anfangen sollte.
Beispielsweise der Viktoriasee in Kenia. Sein Wasser fließt einen Fluss lang in den Ozean. So, warum ist der See dann nicht irgendwann leer? Als ich anfing, von Wolkenbildung und Regen zu faseln, wussten die natürlich davon. Aber das war eben alles Gottes Werk.
Ebenso konnte einer meiner kenianischen Bekannten gar nicht fassen, dass ich nicht viel von meinem Vater hielt. Es wäre vollkommen egal, was mein Vater gemacht hat. Er hat mich gezeugt und daher müsste ich respektieren und lieben.
Das war so tief in ihnen drin und die kulturellen Unterschiede waren so krass, dass ich gar keine Chance hatte, irgendwelche Gegenargumente vorzubringen. Auch, weil manchmal gar keine Zeit dafür war. Einer wollte mich überzeugen, obwohl es sein letzter Arbeitstag war, er in fünf Minuten Feierabend hatte und wir uns nie wiedersehen würden.
Eine große Missionarin ist auch meine Mutter. Vor einigen Jahren wurde sie vegan und kann es seitdem nicht verstehen, dass ihre Kinder diesen Wandel nicht mittragen. Sie sieht nicht, dass sie eine Entwicklung durchgemacht hat, um zu diesen Punkt zu gelangen. Nun, da sie an dem Punkt ist, müssen wir wundersamerweise auch plötzlich an dem Punkt sein.
Ich hasse Missionare. Diskutieren ist ja in Ordnung. Das mache ich auch als Vegetarierin, wenn Fleischesser das wollen. Aber dieses Missionieren ist echt anstrengend. Mir fallen da auch nicht so viele Argumente ein, außer, dass es halt nicht für jeden passt. Aber dieses Einfühlungsvermögen fehlt Missionaren leider sehr oft, weil das jeweilige Thema für sie so wichtig ist und sie nichts anderes mehr sehen.
Seit mehr als 30 Jahren höre ich im Hundesport, dass ich meine Hunde unbedingt "absichern" muss. Damit ist gemeint, dass ich die armen Viecher, nachdem sie gelernt haben, was sie tun sollen, unbedingt zu Fehlverhalten provozieren müsste, damit ich sie dann bestrafen kann.
Denn ohne diese Absicherung wüssten die Hunde nicht, dass sie das gewünschte Verhalten zeigen müssen und sie würden unter Belastung garantiert versagen. Dass sie bisher nicht versagen, das spielt keine Rolle, denn seit mehr als 30 Jahren sagt man mir, dass es unweigerlich passieren wird.
Dass meine Hunde von Beginn an lernen, dass nur die korrekte Ausführung der Aufgaben zum Ziel führt und sie deshalb den Job unbedingt machen wollen, das zählt nicht. Wenn sie so weit sind, muss man ihnen angeblich Flausen in den Kopf setzen und sie ihnen dann gründlich austreiben.
Cloudy24 hat geschrieben:Ich selber bin beim Gegenmissionieren aber wahrscheinlich genauso eifrig, weil ich einfach nicht verstehe, wie intelligente Menschen auf Sachen herein fallen können, die offensichtlich dazu dienen ihnen überteuerte und unnötige Sachen zu verkaufen. Und die Information ist ja vorhanden. [...]Aber wenn Ernährung zu Ersatzreligion wird kommt man wohl nicht mehr an die Gläubigen ran mit Argumenten.
Schuldig im Sinne der Anklage.
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Bei Themen wie Religion und Esoterik bin ich dagegen eher lax, weil man mit rationalem Denken hier sowieso nicht punkten kann. Wieso sollte ich mich daher über Themen streiten, die mir nichts bedeuten, wie etwa die Existenz oder Nichtexistenz Gottes? Ich bin nicht mal Atheist, eher "Desinteressist", aber wer glauben kann und möchte, soll von mir aus gerne. Es ist, wie Bienenkönigin auch schon geschrieben hat, ja auch eine Frage der Kultur und Erziehung, die man entweder abbekommen hat oder nicht, gleichsam eine Art Begabung, die ja auch nicht jeder hat.
Meine liberale Grundhaltung in Glaubens- und Unglaubensfragen rührt aber auch daher, dass mich kaum jemals jemand versucht hat zu "missionieren", weder in religiöser Hinsicht, noch in Bezug auf Ernährung, Gesundheit, Fitness, Familienplanung und ähnlichen ideologischen Konzepten. Vielleicht merkt man bei mir schnell, dass ich mich nur sehr ungern belehren und verbessern lasse.
Diese Christen sind wirklich aufdringlich und wenn ich schon einen Stand mit Bibeln sehe, versuche ich einen großen Bogen darum zu machen. Einmal hat mich eine Frau ganz ohne Bibel einfach spontan in der Fußgängerzone angequatscht, um mit mir über Gott zu diskutieren. Sie brachte die tollsten Argumente, dass ihre Mutter vom Krebs geheilt worden sei, nachdem sie zum Glauben gefunden hatte. Nein, die moderne Medizin hat damit nichts zu tun, das war natürlich Herr Jesus.
Als sie mich fragte, welche Religion denn meine sei und ich antwortete, dass mich ja der Buddhismus reize, machte sie sich auch noch darüber lustig, dass diese Religion ja albern sei. Am liebsten hätte ich der Altern meine Tasche um die Ohren gehauen.
Sogar auf dem Campus bin ich zweimal von Missionaren (auch noch in meinem Alter, gruselig) angesprochen worden. Solchen Menschen müsste man einen Platzverweis erteilen. Als ich schnell abwinkte, rief man mir hinterher, dass ich Gott brauche. Einen Sch*** brauche ich. Abgesehen davon kommen die Zeugen Jehovas etwa zweimal im Jahr bei uns klingeln.
Was Essen angeht, haben mich bisher Veganer und Vegetarier in Ruhe gelassen. Nur mein veganer Mitbewohner hat einmal das Schild "Milch tötet Kälber" in der Küche aufgestellt, aber ich habe das ignoriert. Seitdem hat er auf weitere mehr oder weniger subtile Versuche, mich zu missionieren verzichtet.
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