In sozialen Berufen bewusst sehr leger kleiden?

vom 28.04.2016, 20:15 Uhr

Dass man sich für den Beruf oft speziell kleiden muss, kennt jeder. Abgesehen von Berufsbekleidung werden die meisten Vorschriften in die eher gediegene, schicke Richtung gehen, in manchen Berufen oder Büros auch etwas legerer, aber möglichst nicht zu leger. Nun hörte ich von einer Psychologin, die im ambulanten Setting für eine Behörde arbeitet und die Patienten in deren Zuhause aufsucht, dass sie sich ganz bewusst sehr leger, fast schon nachlässig kleidet und ihre ältesten und unschönsten Sachen trägt.

Erklärt hat sie das mit mehreren Aspekten: Zum einen leben viele ihrer Hilfebedürftigen teilweise in wirklich einigermaßen problematischen Wohngegenden, wo es gilt, in solchen sozialen Brennpunkten nicht aufzufallen. Teilweise ist es so schlimm, dass Drogensüchtige schon vor der Haustür sitzen oder liegen, da kann ich verstehen, dass man Sorge hat, dort aufzufallen.

Der andere Grund, den sie nannte, war der Zustand vieler Wohnungen. Durch ihre Krankheit sind manche Patienten nicht mehr in der Lage, der Hausarbeit halbwegs nachzukommen, dementsprechend möchte sie da nicht zu gute Sachen anziehen, zumal sie auch nicht raucht. Als letzter Punkt dürfte auch der Kontakt zum Patienten zu sehen sein. Wer als Hausbesuch im schicken Kostüm auf der Matte steht, wird vermutlich schlechter Zugang bekommen als ein möglichst bodenständig wirkender Typ.

Kennt ihr noch andere Berufe, wo es ratsam ist, möglichst schlicht und unauffällig gekleidet zu sein abseits von herkömmlicher Arbeitskleidung? Könnt ihr die Psychologin verstehen? Sollten sich Leute in sozialen Berufen generell zurückhaltend kleiden? Würde es euch nerven, wenn ihr den ganzen Tag in fast schon nachlässiger Kleidung rumlaufen müsstet?

» Verbena » Beiträge: 4940 » Talkpoints: 1,49 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Ich kann diese Praxis schon nachvollziehen. Ich kann mir nämlich schon vorstellen, dass Menschen, die Hilfe brauchen, von sozialen Helfern stark abgeschreckt sind, die dann eben zu teure und exklusive Kleidung tragen. Das könnte missverständlicherweise das falsche Signal senden, sodass die Hilfsbedürftigen den Eindruck bekommen, dass diese Helfer arrogant sind und sich nur für sich selbst interessieren und nicht für das Elend anderer Menschen.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Das kann man schlecht für alle sozialen Berufe verallgemeinern. Es gibt ja auch Psychologen, die in Praxen oder Kliniken arbeiten und durch ihre Kleidung dann eher eine gewisse Autorität ausstrahlen wollen.

Eine Pädagogin im Kindergarten wird sicher Sachen tragen, bei denen es ihr nichts ausmacht wenn sie dreckig werden während sie mit den Kindern spielt, während die Kollegin in der Schule wahrscheinlich eher auf ordentliche Kleidung setzt weil die besser zu ihrer Position passt.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich habe einige Zeit im Kindergarten gearbeitet und auch in der Jugendhilfe mal ein Praktikum gemacht. Ich habe dabei ehrlich gesagt nie darauf geachtet, dass meine Kleidung beispielsweise zu teuer ist oder aussieht und mich dabei auch nicht unwohl gefühlt. Allerdings war ich meistens sehr locker gekleidet, was allerdings viel mehr mit der Bequemlichkeit zusammenhängt.

In sozialen Berufen ist man meistens viel mehr in Bewegung und es kann auch passieren, dass man mal mit Schmutz in Kontakt kommt. Da finde ich teure Absatzschuhe nicht unbedingt passend. Den oben genannten Effekt kann ich durchaus ein wenig nachvollziehen, da es schon passieren kann, dass man auffällt wenn man anders aussieht. Aufgenommen wird das von den Betroffenen wohl immer anders, ich denke nicht, dass man deshalb immer direkt verurteilt wird.

» bambi7 » Beiträge: 1248 » Talkpoints: 16,84 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich denke auch, dass man so etwas nicht verallgemeinern kann, aber für diese Psychologin kann ich es schon verstehen, dass sie so handelt und aus den genannten verschiedenen Gründen lieber mit nicht zu schicker Kleidung herumläuft, wenn sie ihre Patienten zu Hause besucht. Ich denke, dass ich das in ihrer Situation wohl ähnlich machen würde. Mir würde es auch nicht viel ausmachen, den ganzen Tag in sehr legerer Kleidung herumzulaufen. Es ist ja für den Job.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


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