In jedem Freundeskreis eine Person, die zum Mord fähig wäre?
Ich habe vor einigen Tagen eine recht absurde These eines Bekannten gehört. Dieser meinte nämlich, dass es in jedem Freundeskreis mindestens eine Person geben würde, die zu einem Mord fähig wäre.
Ich kann nicht bezweifeln, dass es Freundeskreise gibt, auf die dies zutrifft, allerdings ist es wahrscheinlich die Minderheit. In meinem Freundeskreis gibt es niemanden, dem ich derartiges zutrauen würde.
Was denkt ihr? Gibt es in jedem Freundeskreis eine Person, die einen Mord begehen würden? Haltet ihr diese These für glaubhaft?
Seltsame Behauptung. Es gibt Freundeskreise, die bestehen aus drei Personen. Drei schüchternen Personen, die sich nicht mal trauen, kein Parkticket zu kaufen, wenn sie nur kurz einen Brief abgeben. Dahingegen könnte man eine Gruppe von vierzig Raufbolde, die jeden Abend viel zu viel trinken und zusammengerechnet schon hundert Vorstrafen einschließlich Gewalttaten aufzuweisen haben, auch als Freundeskreis bezeichnen.
Im Durchschnitt könnte die These also stimmen. So eine Gruppe aus vierzig Gewaltbereiten deckt ja dann dreizehn Dreiergruppen, die keiner Fliege etwas zuleide tun können, ab. Aber einfach zu behaupten, dass in jedem Freundeskreis, egal welchen Alters, welcher Größe und welcher Zusammensetzung immer eine zum Mord fähige Person ist, ist absoluter Humbug.
Davon abgesehen halte ich fast jede Person zu einem Mord fähig, wenn die Umstände stimmen. Wenn man beispielsweise Notwehr mit Todesfolge auch als Mord bezeichnet. Oder man sieht sich das Beispiel der Französin an, die dreißig Jahre lang die Gewalt in ihrer Ehe duldete und dann ihren Mann tötete. Aber ein kaltblütiger Mord ohne Motiv ist ja wieder etwas anderes. Also selbst dieser Teil der These müsste umformuliert werden.
Aber vor allem sollte man Wörter wie "immer" und "alle" weglassen. Solange es nicht um körperliche Grundfunktionen geht ("Alle Menschen müssen atmen") sind diese Wörter einfach zu absolut für die menschliche Spezies. Da verliert jede These an Glaubwürdigkeit.
Die Formulierung ist merkwürdig, dass es in jedem Freundeskreis eine Person gibt, die zum Mord fähig wäre. Viel eher sollte man sagen, dass jede zweite, dritte oder vierte Person zum Mord fähig wäre. Ich glaube auch, dass viele Menschen zum Mord fähig sind, die meisten werden allerdings nicht an ihre Grenze gebracht, wo sie austicken und einen Mord begehen.
Ich finde hier sollte man auch die Definition klären. Denn ein Jurist versteht unter "Mord" etwas vollkommen anderes als ein Laie. Ich persönlich empfinde es grundsätzlich als Mord, wenn jemand anderes das Leben verliert durch die Schuld eines anderen. Dabei spielt für mich gar keine Rolle, ob das Absicht und damit geplant war oder eine Affekthandlung. Selbst wenn man aus Notwehr handelt und damit jemandem das Leben nimmt ist das für mich per Definition immer noch Mord.
Daher denke ich schon, dass fast jeder Mensch zu einem Mord fähig wäre, wenn die Umstände stimmen und man sich beispielsweise wehren muss oder leider in einen Unfall mit Todesfolge verwickelt wird. Dass ein Jurist das anders sieht und da auch differenziert nach Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge ist mir durchaus bewusst. Für mich als Laie ist aber nur das Endergebnis relevant und das ist eben ein Toter mehr, die Gründe spielen für mich dabei überhaupt keine Rolle.
In meinem Freundeskreis wäre das schon mal ich selber. Ich bin nämlich der zugegeben recht extremen Meinung, dass so gut wie jeder Mensch, egal wie "normal" und angepasst im Alltag, prinzipiell in der Lage ist, einen anderen zu töten. Es kommt nur auf die äußeren Umstände und Beweggründe an.
Für die etwas volatileren Zeitgenossen reichen schon simple Emotionen wie Gier oder gekränkter Besitzerstolz, dass sie einen Raubmord begehen oder ihre untreue Freundin samt Geliebten über den Haufen schießen. Bei anderen müsste man vielleicht ihre Kinder vor ihren Augen foltern, damit sie jemandem bei lebendigem Leib das Herz herausreißen, oder sie in eine hoch dramatische Überlebenssituation versetzen, wie man sie nur aus dem Fernsehen kennt, wie ein Flugzeugabsturz irgendwo in den Anden oder eine Entführung im Dschungel mit wochenlanger Lebensgefahr, Hunger, Stress und mangelnder medizinischer Versorgung.
Solche Situationen kommen am Stammtisch oder bei der Grillparty natürlich weniger häufig vor, aber das bringt mich nicht von der Meinung ab, dass so gut wie jeder einen anderen Menschen töten könnte, wenn man ihn nur in einem Kriegsgebiet abwirft. Wenn man Notwehr mit einbezieht, was ja nur einen rein juristischen Unterschied macht, bin ich auf jeden Fall der Überzeugung, dass auch schüchterne Menschlein ihren Peiniger von der Klippe schubsen können, wenn man sie nur lang genug provoziert.
Ich finde das nicht ungewöhnlich. Immerhin ist jeder unter gewissen Umständen zu einem Mord fähig. Selber würde ich mich gar nicht ausnehmen und meine Freunde sicherlich auch nicht. Man wird ja nicht zwingend als Mörder geboren, sondern wird teilweise dazu, manchmal hat man aber bestimmte Situationen, die einen einmalig in eine solche Situation bringen, in die man sonst nicht kommen würde.
Ich kenne sogar einen Mörder. Das ist aber schon 40 Jahre her! Er sass natürlich in seiner Jugend dafür auch entsprechend der Jugendstrafe ab und die Tat an sich war vollkommen unnötig, kein Affekt und nicht gerechtfertigt. Das ist schon der krasse Hammer gewesen. Er ist von seiner gesamten Familie auch verstoßen worden und auch bei mir ist er nicht der Oberbringer, eben weil ich kein Verständnis für die Tat aufbringen kann.
Es gibt aber auch Mörder, die zum Beispiel den Menschen töten, der ihre Tochter vergewaltigt hat oder getötet. Wie soll ich den Leuten jetzt gegenüber stehen? Tut mir leid, wenn einige da nicht mit leben können, aber dafür habe ich zumindest "Verständnis" und kann die Wut, den Hass sowie die Handlung indirekt auch verstehen, auch wenn es strafbar ist und nicht zu entschuldigen. Doch ich möchte niemals abstreiten, dass ich nicht ebenso reagieren würde.
Ich kenne aber bestimmt 4 Menschen im engen Familienkreis, die morden würden, wenn es um ihre Kinder geht. Da zu 100 Prozent und ohne mit der Wimper zu zucken. Ich kenne darüber hinaus eine Person, die schon für Kleinigkeiten jemanden so brutal zusammenprügelt, dass er deswegen auch schon öfters im Knast war. Da sagen wir in der Familie immer alle, dass es nicht lange dauert, ehe der Mord kommt.
Ich denke, dass es immer einen Menschen gibt, den man etwas zutraut und man muss immer berücksichtigen, um welche Umstände es geht. Wenn man ein Kind hat, das durch eine Vergewaltigung leidet, sich vielleicht das Leben nimmt und nicht mehr der Mensch ist, der sie war - wie reagiert man als Eltern? Natürlich nicht generell mit Mord, aber viele fühlen das Gefühl von Wut, Hass und wenn dann die meisten Gerichtsurteile (Gerechtigkeit gibt es eben nie für sowas) nicht so laufen, wie Familien das wollen, dann sind Affekthandlungen schon öfters vorgekommen.
Ich entschuldige sowas nicht, aber ich habe für gewisse Taten eben mehr Verständnis in gewissen Situationen wie andere. Muss man nicht nachvollziehen können, aber ich wäre selber in der Lage, jemanden zu töten, wenn es entsprechende Vorgeschichten gibt. Das möchte ich auf keinen Fall abstreiten. Doch es ist einfach zu sagen, kann ich mir vorstellen, wenn man nicht in den Situationen steckt.
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