In der ganzen Einrichtung auf Schweinefleisch verzichten?
Bei uns ist es eben mehrfach so, dass es überwiegend Kinder und Jugendliche mit muslimischen Glauben gibt. Ein Teil dieses Glaubens besteht darin, dass das Schweinefleisch als unrein angesehen wird und somit verboten ist. Da es zu kompliziert ist, für Kinder, die eine Ganztageseinrichtung besuchen, immer zweimal zu kochen, haben sich im Prinzip alle Einrichtungen der Stadt darauf geeinigt, dass einfach für alle Kinder ohne Schweinefleisch gekocht wird.
Das bedeutet also, es gibt entweder nur Hühnchen, Pute oder Rindfleisch und eben überhaupt kein Schweinefleisch, auch für die Kinder, die es eigentlich essen dürfen. Meiner Meinung nach hat es keinen Schaden, wenn man auf Schweinefleisch verzichtet. Es gibt sicher auch Vorteile und es heißt ja auch, dass andere Fleischsorten gesünder sind.
Es gibt aber auch Eltern, die das überhaupt nicht nachvollziehen können und es nicht einsehen, wenn ihre Kinder kein Schweinefleisch bekommen, da sie ja nicht den muslimischen Glauben vertreten. Man muss aber auch sagen, dass es ziemlich aufwändig wäre, zwei verschiedene Sorten zu kochen und auch zu bestellen und dass es mit der Abrechnung dann auch komplizierter wäre. Was hättet ihr für Lösungen für diese Problematik?
Ich kann die Argumentation mit der Kosten- und Aufwandsersparnis durchaus verstehen, und für mich wäre der Verzicht auf Schweinefleisch innerhalb einer Einrichtung auch problemlos verschmerzbar. Ich bevorzuge ohnehin Geflügel und Fisch vor rotem Fleisch, und auch bei letzterem greife ich eher zu Rind als zu Schwein. Die Präferenzen sind natürlich von Mensch zu Mensch unterschiedlich und man wird niemals allen gerecht, wenn man eine einzelne Sorte gänzlich aus dem Programm nimmt, weil es immer Leute geben wird, die gerade das am liebsten mögen - aber in diesem Fall halte ich es zumindest für einen erträglichen Kompromiss.
Allerdings frage ich mich, wie mit anderen Ernährungspräferenzen wie Vegetarismus, Veganismus und Co umgegangen wird. Normalerweise gibt es heutzutage in so gut wie jeder Einrichtung, die Essen anbietet, zumindest immer die Auswahl zwischen einem fleischhaltigen und einem fleischlosen Gericht. Dass es heutzutage bei dem regelrechten Trend zum Verzicht auf Fleisch auch in der jüngeren Generation noch Stellen gibt, die mit einer einzelnen Mahlzeit im Angebot, die noch dazu Fleisch enthält, auskommen, wundert mich ein wenig.
Ich hätte da von Seiten einiger überzeugter Eltern ziemlichen Widerstand erwartet. Spätestens dann, wenn eine fleischlose Alternative eingeführt wird, muss meiner Meinung nach auch das Schweinefleisch nicht mehr gänzlich vom Speiseplan weichen, da man bei Abneigung dagegen oder religiösen Verzichtgründen immer noch auf das Gemüse zurückgreifen kann.
Generell finde ich aber, dass man seine Erwartungen an Großküchen in einem realistischen Rahmen halten und dankbar dafür sein sollte, dass es überhaupt die Möglichkeit der Verpflegung gibt. Kinder essen dort ja nicht, weil das die Regel ist, sondern weil es in der Familie nun mal nicht möglich ist, dass jeden Mittag ein warmes Essen auf den Tisch kommt, ob nun aus finanziellen oder beruflichen Gründen. Die Einrichtung kann dabei logischerweise nicht auf individuelle Wünsche, Lieblingsspeisen und Allergien von allen Kindern Rücksicht nehmen und muss ein Angebot bereithalten, das möglichst viele zufriedenstellt. Dass da auch ein-, zweimal die Woche ein Magen hungrig bleibt, weil das Essen nicht schmeckt oder nicht vertragen wird, passiert.
Die Eltern können in solchen Fällen ja Notrationen mitgeben, oder man hält etwas Brot und Aufschnitt als Ausweichgericht bereit. Auch kann man in solchen Fällen ja bei Beilagen und Salat bleiben und die Hauptkomponente des Essens weglassen. Aber wenn man anfängt, über den kompletten Verzicht auf alles zu diskutieren, was Einzelne nicht essen, dann wird die Aufgabe der Küche schnell zur Unmöglichkeit.
Aus Erfahrung kann ich sagen, dass bei einer Kindertagesstätte, in der ich tätig war, doch tatsächlich zwei diverse Gerichte bzw. zwei verschiedene Fleischsorten gekocht wurden, wenn es Schweinefleisch gegeben hat. Wir mussten lediglich darauf achten, dass die entsprechenden Kinder sich nicht versehentlich an den falschen Schüsseln bedient haben, was dann nicht so einfach war.
Grundsätzlich frage ich mich sowieso, wo zieht man die Grenze? Würde es nicht eher Sinn machen, komplett auf vegetarische Gerichte umzusteigen? Oder was ist, wenn jüdische Kinder, deren Eltern auf koschere Ernährung achten, die Einrichtung besuchen? Oder Kinder, deren Eltern auch beim Nachwuchs auf veganes Essen achten? Laktose- oder fruktoseintoleranten Kinder? Es gibt so viele Dinge, die inzwischen beachtet werden müssen, sodass jedes einzelne Bedürfnis, aus welchen Gründen auch immer, eigentlich zählen müsste.
Wir hatten in einer anderen Einrichtung Kinder, bei denen es aufgrund der Gesundheit eine andere Ernährung sein musste. Dort haben die Eltern dann das Essen vorbereitet, sodass es nur noch erhitzt werden musste. Es war auch nicht immer so einfach, wenn alle anderen Kinder um einen herum leckere Spaghetti oder Pfannkuchen essen durften und man selbst als Kind eine nicht mal gleichwertige Alternative bekommen hat. Aber so ging es auch, sodass man der Einrichtung keine großartige Mehrarbeit aufgedrückt hat.
Eine allgemein verträgliche Lösung ist an sich, sich auf vegetarische Ernährung einzulassen und tierische Produkte wie Gelatine durch vegetarische Produkte zu ersetzen. Und wenn ein Kind nun doch mal ein deftiges Schweineschnitzel essen möchte oder einen Putenspieß lieber auf dem Teller haben möchte, was spricht dagegen, wenn die Eltern es selbst zu Hause zubereiten?
Ich finde ehrlich gesagt den Protest total übertrieben in dieser Hinsicht. Als ob die Kinder nur zum Mittagesse neine vollwertige Mahlzeit bekommen, sodass da unbedingt Fleisch auf den Tisch gehört und ansonsten würden die Kinder hungern. In meiner Familie war und ist es üblich, dass man Abends noch einmal warm gegessen hat. Also dass man viel Brot oder Brötchen mit Aufschnitt und Aufstrich gegessen hat kenne ich so gar nicht.
Da ich das so gewöhnt bin, würde ich das genauso handhaben. Also selbst wenn mein Kind in der Kita kein Schweinefleisch serviert bekommt, würde mich das nicht stören. Im Bedarfsfall kann ich ja am Abend beim Essen Schweinefleisch servieren. Ich verstehe die Aufregung überhaupt nicht. Ist das Essen in der Kita die einzige Mahlzeit oder was?
Viele Eltern denken wahrscheinlich zu verbohrt und denken, dass Schweinefleisch zur deutschen Tradition dazugehört, eben wie das Schnitzel mit Pommes. Dass ein Kalbsschnitzel aber genauso gut schmecken kann, das sehen viele Menschen nicht. Und wenn es um muslimische Kinder geht, dann blocken viele Eltern sowieso komplett und wenn es kein Schweinefleisch gibt, wird es gleich als Machenschaft der abendländischen Einnahme von Deutschland abgetan.
Ich esse selbst kein Schweinefleisch. Aber das ist bei mir eine persönliche Einstellung, ich stehe einfach nicht drauf. Daher begrüße ich es schon, wenn es in diversen Einrichtungen kein Schweinefleisch mehr geben würde. Auch für Kinder. Man muss ja nicht auf vegetarische Ernährung umswitchen, man kann den Fleischkonsum ja reduzieren, wenn man auf Hühnchen oder Kalb zurückgreifen muss, weil diese beiden Fleischsorten ja schon recht teuer sind.
Ich würde einfach kein großes Tamtam darum machen und gesundheitliche sowie Umweltschutz-Gründe vorschieben, weswegen es bei mir in der Einrichtung (vorausgesetzt, ich hätte schlicht und einfach das Sagen, ohne mich mit Behörden und dergleichen herumschlagen zu müssen) generell weniger Fleisch gibt, und wenn, dann eher Geflügel, bevorzugt aus halbwegs tiergerechter Haltung. Milchprodukte und Eier gäbe es natürlich weiterhin, man muss ja nicht gleich auf einen veganen Feldzug gehen.
Es stimmt schon, dass Schweinefleisch beliebt und billig ist, aber das alleine ist ja kein Argument, wieso man es unbedingt essen muss. Ich halte es auch für naiv zu glauben, dass man diese Billigschnitzel einfach so eins zu eins durch Kalb- oder Rinderprodukte zu ersetzen, die ja erheblich teurer sind, wenn man damit eine ganze Einrichtung abfüttern muss. Aber heutzutage gilt ja auch vegetarisch als schick und ungesund ist es bestimmt nicht, wenn man den Kindern dann nicht gerade Grießbrei mit Dosenobst vorsetzt.
Nur würde ich mich eben nicht hinstellen, mit dem Finger auf die 50 oder noch mehr Prozent Moslems zeigen und lauthals verkünden: "Hier, die nehmen euch eure supertollen 30-Cent-Schnitzel mit Pommes weg, das ist ganz allein die Schuld der islamistischen Unterwanderung unserer guten, deutschen Kultur!"
Merkwürdigerweise meckert niemand, wenn es in Kindertagesstätten und Seniorenwohnheimen christlicher Prägung kein Schweinefleisch gibt. Wenn Christen die alttestamentarischen Speisegebote einhalten, dann ist das kein Problem. Ich habe jedenfalls noch nicht mitbekommen, dass das Abendland untergeht, weil Einrichtungen der Adventisten und anderer christlichen Strömungen kein Schweinefleisch servieren. Aber wenn zwei das Gleiche tun, ist es eben in bestimmten Fällen nie dasselbe.
Ich persönlich könnte problemlos auf Schweinefleisch verzichten, weil das meiner Ansicht nach keine gravierende Einschränkung darstellt. Es ist ja immer so, dass Kantinen und Mensen etc. nur eine Auswahl von Speisen anbieten und nicht die komplette Palette aller möglichen Gerichte und Zutaten verwenden. Solange etwas angeboten wird, was mir schmeckt, muss ich nicht darauf bestehen, etwas anderes zu bekommen, was ich ja bei Bedarf auch problemlos zuhause essen kann. Und ich habe noch nie gehört, dass jemand ausschließlich Schweinefleisch mag.
Ich habe schon als Kind sehr gerne Fleisch gegessen und der Rest auf dem Teller war für mich eher Deko. Es gibt zwar auch Gerichte ohne Fleisch, die Kinder bestimmt gerne essen (Pfannkuchen, Milchreis, Pudding), aber ich hätte mich als Kind weder für viel Gemüse auf dem Teller begeistert, noch für nur Kartoffeln oder nur Reis. Also ich hätte schon Fleisch gewollt und ich esse bis heute gerne Fleisch, auch Schweineschnitzel.
Sicherlich leiden die Kinder nicht extrem, wenn es kein Schweinefleisch gibt, aber trotzdem kann man sich ja dann, selbst wenn man den Grund anders dargestellt bekommt, denken, dass es an der Mehrheit der muslimischen Kinder liegt. Und das fände ich als Elternteil nicht gut, dass mein Kind auf etwas verzichten müsste, nur weil es von Muslimen umgeben ist. Das würde ich als Erwachsene auch nicht wollen, dass ich etwas nicht mehr bekomme, weil die Muslime Sonderansprüche haben.
Zitronengras hat geschrieben:Und das fände ich als Elternteil nicht gut, dass mein Kind auf etwas verzichten müsste, nur weil es von Muslimen umgeben ist. Das würde ich als Erwachsene auch nicht wollen, dass ich etwas nicht mehr bekomme, weil die Muslime Sonderansprüche haben.
Dann steht den Eltern in einem freien Land wie dem unseren ja immer noch die Möglichkeit offen, ihre Kinder in eine muslimfreie, schweinerne Einrichtung zu schicken oder daheim selbst zu bekochen. Ich sehe hier eigentlich keine "Sonderansprüche". Normalerweise ist eine Ganztagsbetreuung ja nicht die einzige Schweinefleischquelle in der ganzen Stadt, sodass die Kinder wirklich zum "Verzicht" genötigt würden.
Genauso gut könnte es ja auch sein, dass die Leitung oder die Elternvertretung in irgendeiner privat geführten Hippie-Kita beschließt, dass es fürder hin nur noch vegetarisches Essen gibt, und wem das nicht passt, der muss auf eine Alternative ausweichen. Bei Kantinen und Mensen sehe ich es auch nicht anders, wenn der Speiseplan umgestellt wird. Dann muss man sich sein Wurstbrot eben daheim schmieren. Wir leben ja nicht mehr von Care-Paketen kurz nach dem Krieg.
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