Immer wieder neue Talente an sich entdecken?

Oftmals stellt sich ja schon im Kindesalter heraus, ob jemand bestimmte Talente besitzt. Das kann dann ein Talent für etwas handwerkliches sein oder das spielen eines Musikinstrumentes oder das jemand in einer Sportart sehr gut ist und noch einiges mehr.

Aber auch im Erwachsenenalter stellt man durchaus noch fest, dass man das ein oder andere Talent hat. Oftmals merkt man das ja erst dadurch, dass man etwas Neues ausprobiert. Eine Freundin ist jedoch der Ansicht, dass man irgendwann den Vorrat an Talenten erschöpft hat und man keine neuen mehr entdecken kann. Ich sehe das aber anders und denke, dass man in jedem Alter noch weitere neue Talente an sich entdecken kann.

Wie seht ihr das? Meint ihr, dass man immer wieder neue Talente an sich entdecken kann? Oder denkt ihr, dass dies irgendwann erschöpft ist und man dann keine weiteren Talente mehr hat oder finden kann? Kommt es nicht auch darauf an, wie sehr man sich mit einem Thema auseinandersetzt? Ist Talent für euch eine Frage des Alters?

Es kommt doch darauf an, wie sehr man sich auslebt und mit sich selbst beschäftigt um vieles auszuprobieren und Neues zu entdecken. Wenn man nie das Interesse hat, sich auszuleben und neue Dinge zu testen, dann wird man auch nie herausfinden, was einem liegt und was nicht. Ich denke, dass Menschen, die sich in dieser Hinsicht schon sehr früh gründlich ausleben und austoben, später keine neuen Talente mehr finden werden. Ich denke auch nicht, dass Talente sich entwickeln können. Meiner Ansicht nach ist das etwas, dessen Potential von Anfang an da ist und sich nicht erst im Rentenalter beispielsweise manifestiert.

Es kommt darauf an, wie man Talent definiert. Sprich, wenn man gut Klavier spielen kann und nach jahrelanger Übung ein weiteres Instrument dazunimmt oder singen lernt, hat man dann ein neues Talent entdeckt, oder ist man nach wie vor "nur" musikalisch begabt? Oder wenn jemand gerne malt und sich unterschiedliche Motive, Techniken oder auch Medien im Lauf der Jahre erarbeitet: Ist das jedes Mal ein neues Talent, oder streut die Person einfach nur im künstlerischen Bereich in die Breite?

Ich definiere Talent relativ eng und meine damit, dass sich schon eine natürliche Begabung zeigen sollte, sprich, dass man Sprachen, oder Musik oder was auch immer schneller und besser lernt als der Durchschnitt. Wenn jemand etwas "nur" gerne macht, ist das natürlich eine schöne Sache, aber spezielles Talent gehört ja oft nicht zwangsläufig dazu. Daher bin ich der Meinung, dass man durchaus neue Hobbys und Freizeitbeschäftigungen entdecken kann, wenn man offen ist und öfter etwas Neues ausprobiert, aber dass es nur sehr selten vorkommt, dass jemand im Erwachsenenalter noch ein ganz neues Talent entdeckt. Meistens stellt man ja schon in der Kindheit fest, worin man begabt ist.

Ein neues Talent, das man erst im Erwachsenenalter entdeckt, müsste sich dann ja auf etwas beziehen, das man vorher noch nie ausprobiert hat. Da fallen mir aber gar nicht so viele Dinge ein, weil die normale Schulbildung doch schon einen ziemlich großen Bereich abgedeckt hat. Wenn ich zum Beispiel als Erwachsene anfange Gitarre zu spielen und lerne das überdurchschnittlich schnell weiß ich sehr wahrscheinlich schon seit dem Musikunterricht in der Schule, dass ich musikalisch bin.

Ein Talent bedeutet ja wirklich, dass man herausragend gut ist. Es reicht nicht etwas einfach nur gerne zu machen und durch entsprechende Anstrengungen durchschnittlich gut zu werden. Ich habe erst im Erwachsenenalter mit dem Laufen angefangen und habe ganz gute Resultate weil ich Spaß daran habe und das regelmäßig mache, aber wenn ich ein Lauftalent hätte wäre das meinen Sportlehrern in der Schule mit Sicherheit aufgefallen.

Man kann durchaus immer wieder neue Talente an sich entdecken - dann nämlich, wenn man Sachen ausprobiert und macht, die man noch nie zuvor gemacht hat. Ich denke, dass man von vielen Talenten einfach noch nichts weiß, weil man ja nicht alles ausprobiert hat. Und je mehr man probiert, desto mehr weiß man dann letztendlich auch über sich.

Ich weiß ja nicht, ob ich ein Talent fürs Boxen, Glasblasen oder Einrad fahren habe, weil ich das alles noch nicht probiert habe. Es kann daher schon sein, dass ich in dieser Hinsicht durchaus talentiert bin. Solange ich es aber einfach nicht probiere, werde ich es wohl auch nie wissen.

Ich weiß ja nicht, ob ich ein Talent fürs Boxen, Glasblasen oder Einrad fahren habe, weil ich das alles noch nicht probiert habe.

All das habe ich auch noch nie ausprobiert, ich habe es auch nicht vor, kann aber trotzdem jetzt schon sagen, dafür wohl ganz sicher kein Talent zu haben. Meiner Meinung nach kann man nämlich sehr wohl ungefähre Aussagen treffen, inwieweit man für etwas talentiert sein könnte oder eben nicht. Man muss doch nur Extrapolationen aus seinem vergangenen Leben anstellen und das mit den Anforderungen des neuen Bereichs abgleichen.

So braucht man beim Boxen körperliche Kraft, Kondition, Wendigkeit und Geschicklichkeit, außerdem muss man wahrscheinlich in gewisser Art und Weise hart im Nehmen sein. Bei den meisten Dingen weiß ich jetzt schon, dass ich nicht über diese Fähigkeiten verfüge. Beim Einradfahren ist das analog, da braucht man statt der Kraft ein sehr gutes Gefühl für Balance, beim Glasblasen muss man wahrscheinlich über viel Körperbeherrschung, ein exzellentes Lungenvolumen und eine extrem hohe Toleranz gegenüber großer Hitze verfügen.

Anhand dieser Beschreibungen wird wahrscheinlich jeder Mensch über Zwanzig wissen, inwiefern er in dieses Profil passt oder nicht. Und das kann man mit nahezu allem im Leben so fortführen. Jemand, der mit acht Jahren die Blockflöte genervt in die Ecke warf oder mit 15 auf dem Klavier rumstümperte, wird vermutlich auch nicht plötzlich mit 30 ein unverbrüchliches Talent fürs Geige spielen entwickeln.

Dieser Glaube, es gäbe für Talente kein Limit geht doch wieder in diese Richtung der omnipräsenten Selbstoptimierung und dem Irrglauben, jedem Menschen in der westlichen Welt stünde die ganze Welt nur so offen und wir können alle kleine Super-Talente aus uns zaubern, wenn wir nur wollen. Umso älter man wird, umso weniger wird man aber in dieser Hinsicht Überraschungen erleben.