Im Vorstellungsgespräch den Mund nicht aufkriegen?
Der Sohn einer Bekannten wird in diesem Jahr 18 und ist auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Aber sowie mir erzählt worden ist, würde er bei den Vorstellungsgesprächen immer sehr schlecht abschneiden, da er einfach zu schüchtern sei. Ich kenne mehrere Familienmitglieder aus seinem Umfeld und da wurde mir bestätigt, dass er nicht mal privat die Zähne auseinander kriegt und kaum etwas sagt. Wenn er also schon im engsten und privaten Umfeld so schüchtern ist und nichts sagen will, wie soll das dann im Vorstellungsgespräch anders laufen?
Kennt ihr auch Menschen, die im Vorstellungsgespräch so gar nicht die Zähne auseinander kriegen und da zu schüchtern sind? Wie kann man solche Situationen vermeiden und "offener" werden? Wird ein Mensch gesprächiger werden, der schon im engsten Umfeld Probleme damit hat, ein Wort rauszubringen?
Ich war früher ja auch sehr schüchtern. Meine ersten Vorstellungsgespräche bestanden auch daraus, dass man mir Fragen stellte und ich dann auch noch möglichst kurz und leider auch sehr leise geantwortet habe, total verschüchtert, den Blick nicht halten könnend. Also kurzum ich war eine absolute Katastrophe. Ich habe an meinem Selbstbewusstsein gearbeitet, mich gezielt den Dingen ausgesetzt und auch gezielt Smalltalksituationen gesucht.
Vielleicht wird das bei ihm ja noch. Wobei es auch einfach Menschen gibt, die so sind. Selbstsicherheit bekommt man aber durchaus, wenn man die Situation mal übt. Immerhin sitzt man da als junger Mensch ja recht unvorbereitet, kaum etwas über so ein Gespräch wissend. Wenn man das vorher zusammen mal übt, kann es ja nur besser werden.
Letztendlich muss er selber aber etwas tun und wenn er das nicht kann oder nicht einsieht, kann man es sich auch nicht erzwingen und jeder muss da auch den für sich passenden Weg finden und manche schaffen es nie aus dieser Schüchternheit heraus. Nicht in jedem Beruf muss man auch aus sich herauskommen, es gibt durchaus Arbeiten, die man auch erledigen kann, wenn man schüchtern ist. Vielleicht sollte er sich dann solche Sachen suchen, bei denen man keinen Kundenkontakt hat und für sich arbeiten kann.
Ich kenne das auch von mir und bei mir war es in Vorstellungsgesprächen anfangs auch so, dass ich nicht viel geredet habe und das hat mich natürlich nicht eben von meiner besten Seite gezeigt. Nach meiner Erfahrung wird das besser, wenn man erst einige Vorstellungsgespräche gemacht hat. Wenn man natürlich extrem schüchtern ist, wie es bei dem Sohn deiner Bekannten zu sein scheint, ist das vermutlich noch schwieriger.
Bei mir war es einfach so, dass ich eine Art Routine bekam, nachdem ich einige Vorstellungsgespräche hinter mich gebracht hatte. Dann wusste ich die Fragen, die gestellt werden und konnte mich ein wenig darauf einstellen und so wurde ich auch weniger schüchtern mit der Zeit. Aber wenn das nicht funktioniert und der junge Mann schon im privaten Umfeld den Mund nicht aufmacht, dann muss er wohl noch mehr an sich arbeiten, damit das etwas wird.
Deswegen finde ich Bewerbungsgespräche auch inhärent unfair. Du kannst dumm sein wie Bohnenstroh, aber wenn du gut labern kannst, wickelst du die Leute um den Finger. Ich habe nur ein Minimum an Personalverantwortung, aber ich würde gerade den nicht übercharismatischen Labertaschen eher eine Chance geben als Mr. oder Miss Zahnpastalächeln.
So einen Typen haben wir uns neulich erst angelacht, weil die Stelle dringend besetzt werden musste, aber sich sonst kein Bewerber gefunden hat (lange Geschichte). Der Bursche ist wirklich doof, aber konventionell attraktiv, gut gekleidet, souveräner Blickkontakt und gute Artikulation. Also weit mehr als die halbe Miete, wenn es um Jobs geht.
Es kommt natürlich auch auf den Aufgabenbereich an, aber es existieren durchaus auch Berufsfelder und Arbeitsbereiche für die ruhigen Typen, und es wäre hilfreich, wenn die Personalverantwortlichen auch die Frage auf dem Zettel hätten, ob es wirklich so schlimm ist, dass die Person sich nicht super verkaufen kann, wenn ihr Job sowieso weitab vom Kundenkontakt stattfindet und vor allem Präzision, Ausdauer, eine ruhige Hand oder logisches Denken erfordert. Auch in dieser Hinsicht bin ich froh darum, dass sich der Arbeitsmarkt allmählich Richtung "arbeitnehmerfreundlich" wandelt.
Ich bin auch grundsätzlich ein sehr ruhiger, schüchterner Menschen. Vorstellungsgespräche sind also auch für mich nichts was ich mit Leichtigkeit bewältige. Innerhalb weniger Minuten soll man möglichst das Schlauste von sich geben, was einem einfällt. Man soll voller Motivation und Begeisterung nur so sprühen und sich als idealsten Bewerber überhaupt darstellen. Auf jede Frage soll man spontan antworten und möglichst so, dass man gar nicht anders kann, als genau mich einzustellen.
Ich bin ein Mensch, der auch mal gerne etwas länger überlegt, bevor er etwas von sich gibt. Ich bin einfach kein Mensch mit großer Spontanität, dem die ideale, perfekte Antwort sofort auf den Lippen liegt. Ich bewerbe mich in der Regel aber ja auch nicht als Journalistin, Moderatorin, Stand up- Comedian oder für andere Berufe, in denen Schlagfertigkeit ein großes Thema ist. Ich arbeite gerne im Backoffice, sprich ich habe noch nicht mal Kundenkontakt.
Oft ist die eigene Schüchternheit dann auch noch gepaart mit einer gewissen Nervosität oder sogar Versagensangst - gerade wenn man selbst eine Stelle unbedingt haben möchte. Diese Faktoren erleichtern ein Gespräch natürlich noch viel weniger, vor allem wenn man dann auch noch mehr als einem Gesprächspartner, gar einem ganzen Gremium gegenüber sitzt. Meine besten Vorstellungsgespräche waren deshalb jene, in denen ich mir eh keine so großen Chancen auf den Job zugerechnet habe und somit einfach hingegangen bin um Erfahrungen zu sammeln. Überraschenderweise habe ich zum Beispiel bei meinem letzten Vorstellungsgespräch den Job tatsächlich bekommen, obwohl ich es vorher mit keiner Erwartungshaltung hingegangen bin.
In einem Bewerbungstraining, welches ich von Seiten des Arbeitsamtes angeboten bekommen habe, wurde mir mal gesagt, man soll sich auch den Druck etwas nehmen. Bei manchen Personalern sind die Antworten auf viele Fragen gar nicht so entscheidend, sie setzen vielmehr auf gewisse Sympathiepunkte, auf die jeder Bewerber achten kann und die auch schüchterne Menschen antrainieren können. Was Arbeitgeber nicht mögen sind fehlender Blickkontakt, kein Lächeln, Herumgezappel, schlaffe Körperhaltung, schlaffer Händedruck, verschränkte Arme und generell ein zu unruhiges Verhalten.
Gewisse Fragen werden im Vorstellungsgespräch immer gestellt, z.B. die Bitte sich vorzustellen und die Frage nach der Motivation, warum man sich genau für diese Stelle interessiert. Außerdem kann man sich auch auf bestimmte Fragen wie z.B. die "Stärken/Schwächen"-Frage schon vorher Gedanken machen. Außerdem macht es auch Sinn, sich ein paar eigene Fragen zu überlegen, die man am Ende des Gesprächs stellen kann. Wenn man sich schon selbst ein ungefähres "Antwortengerüst" baut, dann geht man schon viel selbstsicherer in das Gespräch.
Inzwischen bin ich bei Vorstellungsgesprächen schon viel entspannter und lockerer geworden als früher. In meinem letzten Gespräch gab es z.B. eine Frage, da wusste ich im ersten Moment tatsächlich keine Antwort. Da habe ich dann einfach gesagt, dass ich jetzt so spontan gar nicht weiß, was ich sagen soll, da müsste ich mir erst mal Gedanken darüber machen. Meine Offenheit kam anscheinend so gut an, dass ich wie gesagt tatsächlich eingestellt wurde. Da war aber auch von Anfang an eine Sympathie mit den Menschen mir gegenüber da, da hatte ich keine Bedenken offen reden zu können, das war nicht immer so.
Grundsätzlich denke ich auch, Übung macht den Meister. Je mehr Vorstellungsgespräche man hinter sich hat, desto mehr Sicherheit bekommt man auch darin, deshalb sollte man auch alle Einladungen mitnehmen, die man so bekommen kann. Und sollte es mal nicht klappen, dann sollte man das Ganze einfach als Erfahrungswert verbuchen.
Ich kenne auch Menschen, die im Vorstellungsgespräch so schüchtern sind, dass sie kaum etwas sagen können. Doch es ist wichtig zu wissen, dass man lernen kann, offener zu sein und selbstbewusster aufzutreten.
Eine Möglichkeit, um seine Schüchternheit zu überwinden, ist, sich auf das Vorstellungsgespräch vorzubereiten. Das bedeutet, sich über das Unternehmen und die ausgeschriebene Stelle zu informieren und sich mögliche Fragen und Antworten zu überlegen. So fühlt man sich besser vorbereitet und hat weniger Angst vor unerwarteten Fragen.
Außerdem kann es hilfreich sein, Gespräche mit Freunden und Familie zu üben. So kann man lernen, wie man auf Fragen reagiert und wie man selbstbewusst auftritt. Auch Entspannungsübungen oder Atemtechniken können helfen, die Nervosität zu reduzieren.
Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass das Überwinden von Schüchternheit ein Prozess ist und Zeit braucht. Es kann also sein, dass es nicht von heute auf morgen funktioniert. Aber es lohnt sich, sich der Herausforderung zu stellen, da es für die Zukunft sehr wichtig ist, selbstbewusst und offen aufzutreten.
Und ja, ich denke, dass ein Mensch gesprächiger werden kann, wenn er sich darauf konzentriert und Übungen macht. Auch wenn man im engsten Umfeld Probleme damit hat, ein Wort rauszubringen, kann man lernen, offener zu sein und sich besser auszudrücken. Es erfordert allerdings Zeit, Geduld und Übung.
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