Im Passiv reden, wenn man unsicher ist, ob man Duzen darf

Meistens weiß man ja, ob man eine Person siezen oder duzen darf beziehungsweise soll. Trotzdem bin ich hin und wieder in Situationen, in denen ich mir dann doch nicht so sicher bin. Beispielsweise kommt das öfters mal in meinem Unternehmen vor. Da sind so viele Menschen aus so vielen unterschiedlichen Bereichen, dass ich mich manchmal beim besten Willen nicht daran erinnern kann, ob diese Person mit schon einmal das Du angeboten hat oder nicht.

Außerdem habe ich die Situation auch immer wieder bei den Eltern meines Freundes. Die kenne ich nun immerhin schon seit vier Jahren und trotzdem haben sie mir bisher nicht das Du angeboten. Dabei waren wir schon zusammen im Urlaub und vieles mehr. Ich glaube, manchmal ist ihnen gar nicht so recht bewusst, dass ich sie immer noch Sieze und weil ich mir dabei manchmal etwas doof vorkomme, versuche ich dann der Situation zu entkommen, indem ich einfach im Passiv rede. Im Unternehmen mache ich das genauso.

Ich formuliere die Sätze dann einfach so um, dass ich gar nicht mehr „Du“ oder „Sie“ in dem Satz benutzen muss, sondern alles im Passiv sage. Zum Beispiel frage ich dann „Was wurde bisher gemacht?“ anstatt „Was hast du/Was haben Sie bisher gemacht?“. Manchmal ist das einfach, bei anderen Sätzen ist es aber auch schwierig und manchmal bin ich zu langsam um einen alternativen Satz im Passiv zu bilden und dann entscheide ich mich spontan eben doch für „Sie“ oder „Du“.

Wie handhabt ihr das, wenn ihr euch nicht sicher seid, ob ihr eine Person lieber duzen oder siezen sollt? Redet ihr dann einfach auch im Passiv oder kommt das bei euch vielleicht sowieso nie vor, weil ihr immer wisst, wen ihr siezen und wen duzen solltet?

Oh doch, das kommt bei mir vor. Gerade bei den Eltern von Freunden kenne ich das eigentlich gar nicht anders. Meine Mutter lässt sich nämlich nicht von meinen Freunden oder denen meiner Geschwister siezen. Sie bietet das Du recht schnell und vor allem direkt an. Daher finde ich es auch irgendwie komisch, wenn mir die Eltern von Freunden es nach Jahren noch nicht angeboten haben.

Bei meiner Schwiegermutter ist es das gleiche. Wir kennen uns jetzt seit 10 Jahren. Aber erst als ich ihr mein Beileid ausgedrückt habe, als ihre Mutter im Krankenhaus lag, habe ich sie ganz direkt gesiezt, weil es in der Situation einfach nicht anders ging. Beim nächsten Treffen hat sie mir dann regelrecht entrüstet verboten, sie weiterhin zu siezen. Irgendwie war es für sie wohl eine Selbstverständlichkeit, dass ich sie duze, obwohl sie es mir nie angeboten hat.

Gemerkt hat sie es aber erst sehr spät, weil ich direkte Anreden dann auch sehr geschickt meide. Dann heißt es eben nicht "Gib mir bitte mal die Butter.", sondern "Dürfte ich bitte die Butter haben." Wenn man nicht allzu viel kommuniziert, ist das schon ganz gut machbar. Also ich wurde darin mit der Zeit wirklich sehr geschickt. Übung macht den Meister.

Im Zweifel würde ich aber immer Siezen. Wenn eigentlich das Du gewünscht wird, wird es einem dann eben noch einmal angeboten. Man wird höchstens ein wenig belächelt. Duzt man allerdings jemanden, den man eigentlich siezen sollte, ist das Fettnäpfchen ungleich größer. Dann erhält man im besten Fall nur einen seltsamen Gesichtsausdruck, den man dann alleine interpretieren kann. Gerade im beruflichen Bereich kann es aber auch wirklich unangenehm werden. Daher würde ich da immer auf Nummer sicher gehen.