Hungerndes Tier mit Körperverletzung vergleichbar?

vom 21.03.2017, 08:14 Uhr

In einem anderen Beitrag ging es um Futtertbeutel Training und da liest man immer wieder, dass man den Hund vor dem Training hungern lassen sollte. Damit er eben auch Appetit hat und es mit dem Futterbeutel schneller klappt. Ich muss sagen, dass ich mich damit doch schwer tue und es bei meinem Hund nur einen Tag ausgehalten habe und ihm dann doch wieder etwas zu fressen gegeben habe. Man kann so ein Training ja auch durchaus beginnen, ohne das das Tier vorher hungern musste.

Nun kommt es ja auch immer mal wieder vor, dass man sein Tier durch eine Operation oder ähnliches dann ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr füttern darf. Ich denke, dass das alles vertretbar ist, weil man dem Tier ja helfen möchte und es eben dafür nötig ist. Meist dürfen sie dann ja auch einen Tag nach der Operation wieder etwas zu fressen bekommen.

Nun meint eine Bekannte aber, dass doch schon mit Körperverletzung gleichzusetzen wäre, wenn man ein Tier hungern lassen würde. Sie tut sich auch sehr schwer damit, wenn man eines ihrer Tiere durch eine bevorstehende Narkose nichts mehr fressen darf. Ich kann verstehen, wenn man dies im Zusammenhang mit Tiere erwähnt, die eben selten etwas zu fressen bekommen, da sie schlecht Gehalten werden oder eben auf der Straße leben und ähnliches. Aber bei einem gut gehaltenen Haustier, dass regelmäßig etwas zu fressen bekommt, scheint mir das doch irgendwie übertrieben.

Meint ihr, dass man ein hungerndes Tier mit Körperverletzung vergleichen kann? Ist das nicht etwas übertrieben? Meint ihr nicht auch, dass dies eben auf den Fall ankommt und von den Lebensumständen des Tieres abhängig ist?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Wenn es aus medizinischer Sicht - eben wegen einer bevorstehenden Narkose oder eine Ernährungsumstellung wegen Unverträglichkeiten oder ähnlichem - nötig ist, ist es alles andere als Körperverletzung. Dann tut man dem Tier damit ja letztlich und auf lange Sicht gesehen etwas Gutes. Das geht eben manchmal mit gewissen Einschnitten einher, die beide akzeptieren müssen.

Natürlich versteht das Tier die Zusammenhänge nicht, schaut vielleicht traurig oder leidig und bettelt stundenlang nach Futter. Aber da muss man dann eben durch. Nicht, dass es mir in dem Moment nicht leid tun würde, aber es muss eben sein.

Von Körperverletzung würde ich nur sprechen, wenn der Körper des Tieres eben am Ende tatsächlich Schaden nimmt. Wenn man das Tier hungern lässt, ohne dass dann am Ende etwas Gutes dabei rauskommt. Ansonsten könnte man jedem Chirurgen vorwerfen, dass er seine Patienten verletzt, wenn er sie aufschneidet, um ihnen entzündete Blinddärme oder Tumore rauszuoperieren. Aber er näht sie eben wieder zu und danach geht es ihnen besser als vorher, auch wenn sie vielleicht eine Narbe davontragen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ein Tier hungern zu lassen, bedeutet ein Tier leiden zu lassen. Das ist wohl unstrittig, denn es kann sich nicht selbst aus der Situation befreien. Und dann ist Hunger eben nicht ansatzweise natürlich. Ohne vernünftigen Grund darf niemand einem Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, sagt das Tierschutzgesetz.

Dass eine anstehende Operation, massiver Durchfall mit Erbrechen, eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung und ähnliche medizinische Dinge ein vernünftiger Grund sind, einem Tier Nahrung vorzuenthalten, dürfte so weit auch klar sein.

Bei der Erziehung kann man trefflich darüber streiten. Wer den Hund nicht tagelang ohne Futter lässt, wird keine Probleme bekommen. Aber ich habe ein ganz anderes Problem damit! Und das ist ganz klar die Frage: Was soll der Scheiß?

Da wird von gewaltfreier Hundeerziehung gefaselt und dann einem vom Menschen abhängigen Tier das Futter entzogen. Wo ist das bitte gewaltfrei? Nur weil man nicht schlägt, tritt oder zum Stromhalsband greift? Das ist nun keinen Deut besser als ein massiver Leinenruck am Erziehungshalsband, es ist eher schlechter. Denn den Leinenruck kann der Hund vermeiden. Das macht tatsächlich weniger Stress als ohne Futter und ohne Aussicht auf Veränderung abwarten zu müssen.

Was jetzt kommt, ist kein Plädoyer für Gewalt in der Hundeerziehung. Es dient lediglich zur Erklärung. Studien zeigen deutlich, dass punktgenau gesetzte und durchaus schmerzhafte Strafen einem Hund wenig Stress machen. Denn er lernt schnell den Zusammenhang und kann die Strafe durch korrektes Verhalten vermeiden.

Als einfacher Vergleich. Niemand hat Angst vor einer heißen Herdplatte, auch wenn er sich bereits heftig verbrannt hat. Die Platte springt einen nicht an und überfällt einen auch nicht hinterrücks. Wenn man gewissen Regeln einhält, passiert gar nichts.

Können Hunde Reaktionen so genau einschätzen, können sie selbst mit harter Erziehung von Anno Tobak gut und stressfrei leben. Können sie dagegen nicht einschätzen, wann ihnen was passiert, dann haben sie Stress und es tut ihnen überhaupt nicht gut.

Dieses Wissen sollte man mitnehmen, wenn man seinen Hund modern erzieht. Denn dumm in der Schleppleine zu hängen, das stresst den Hund ebenso wie ein unerwarteter Schlag. Das können wir uns nicht vorstellen, es ist aber so.

Gewaltfrei und harmlos ist das Hungern also nicht. Die andere Sache ist, was will man damit erreichen? Warum muss der Hund leiden, weil der Mensch eine Eselsbrücke braucht? Warum kann ich nicht das ausnutzen, was der Hund sowieso möchte, wenn ich ihn ausbilde? Warum muss ich über Hungern einen Bedarf schaffen?

Natürlich arbeite ich mit meinen jungen Hunden, wenn wir noch Futter nutzen, mit einem hungrigen Hund. Ein vollgefressenes Exemplar möchte schlafen und hat wenig Interesse an Futter. Aber dazu nutze ich ganz einfach den Moment vor seiner nächsten Mahlzeit. Da ich junge Hunde viermal täglich füttere, kann von Hunger kaum die Rede sein. Die haben dann eher Appetit und sind ausgeschlafen und voller Tatendrang.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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