Humor bei medizinischen ernsten Themen unpassend?

vom 08.03.2016, 07:21 Uhr

In diesemThread schrieb ich ja schon von einem Dermatologen mit einer besonders schwarzen Art von Humor. Auf diese Weise hat er sehr eindrücklich gesundheitlich bedenkliche Hautveränderungen thematisiert, die teilweise auch durch die Schuld des Betroffenen selbst zu Stande gekommen waren.

Aber wie angebracht ist Humor eigentlich bei ernsten medizinischen Themen? Bei einem Patienten, von dem er berichtete, musste aufgrund fortschreitender Entzündungen am Fuß der Unterschenkel amputiert werden. Ist es angebracht, hier noch humorvoll zu sprechen? Würde euch derartiger Humor stören oder ist euch das egal?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das ist für mich eine Frage, die nur situationsbedingt und sehr schwierig zu beantworten ist. In der Nähe eines Patienten, der gerade von einem schweren Schicksalsschlag getroffen wurde, würde ich natürlich niemals humorvoll über seine Erkrankung sprechen. Mit einem Patienten, der bereits dabei ist, seinen Schicksalsschlag „zu verdauen“, kann man schon mal versuchen, vorsichtig Humor mit anklingen zu lassen, um ihn aufzuheitern.

Wenn Menschen bereits voll und ganz mit ihrer Einschränkung oder mit ihrem Schicksalsschlag vertraut sind, entwickeln sie oft genug selbst einen sehr schwarzen Humor, der vielen Außenstehenden nicht zugänglich ist. Derzeit erleben wir beispielsweise innerhalb der Familie die Reaktion der Außenwelt auf eine medizinische „Panne“, die zur Folge hatte, dass einem Familienmitglied ein künstlicher Darmausgang angelegt werden musste.

Im direkten Umfeld des Familienmitglieds hat man sich mit diesem künstlichen Darmausgang allerdings längst arrangiert und ihm sogar einen Namen gegeben. Die Betroffene ist der Meinung, es sei auch in ihrer direkten Umwelt wesentlich einfacher, dass „Ding“ mit einem Namen zu benennen, als mit der korrekten Bezeichnung, nämlich Stoma. Die meisten Menschen schrecken davor zurück und halten so etwas für das Ende der Welt.

Sie selbst, ihr Partner und ihre Kinder machen allerdings durchaus mal Witze, wenn das Stoma zu ungewöhnlichen Situationen führt. Diese Witze mögen vielleicht von dem einen oder anderen als unangebracht empfunden werden, sind in meinen Augen aber nichts anderes als der Ausdruck von Lebensfreude, die man nämlich trotz eines solchen Ereignisses empfinden kann.

Nichtsdestotrotz wäre ich natürlich, wie bereits gesagt, bei einem Patienten, der einen Schicksalsschlag gerade erst erlitten hat, wesentlich vorsichtiger damit, mit allzu viel Humor gewürzten Sprachgebrauch zu praktizieren.

» tok_tumi » Beiträge: 837 » Talkpoints: 1,20 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Meiner Erfahrung nach sind viele Leute, die in medizinischen Bereichen arbeiten, oft ziemlich abgebrüht und finden Dinge und Ereignisse lustig, die bei ihren Mitmenschen eher Widerwillen, Mitleid oder nacktes Entsetzen auslösen. Gut, solche Leute muss es auch geben. Mir wäre es auch lieber, wenn die Person, die meinen offenen Oberschenkelbruch reparieren muss, nicht vor lauter Mitgefühl zittert, sondern mit Spaß und Freude am Job zur Knochensäge greift. Wenn man sich also mit anderen Fachleuten unter sich unterhält, ist es in meinen Augen eigentlich normal, dass man auch Humor und gute Laune nicht außen vor lässt.

Im direkten Umgang mit Patienten sieht es natürlich anders aus. Mich hat es schon bis aufs Blut genervt, wenn mein Ex-Frauenarzt während der Jahreshauptuntersuchung peinliche Witze gerissen hat. Ich wäre auch weder begeistert noch getröstet, wenn man mich etwa auf die lustige Form meines Nierentumors aufmerksam machen würde oder mir mitteilt, dass ich beim Aufwachen nach der Operation total witzig vor mich hin gebrabbelt und gesabbert habe.

Wieder ein anderer Sachverhalt zeigt sich, wenn die Betroffenen selber ihre Krankheiten, Behinderungen oder Gebrechen mit Humor nehmen. Ich kann mir vorstellen, dass einem in vielen Fällen gar nichts anderes übrig bleibt, wenn man sein Leben nicht schwer depressiv im Bett zubringen möchte. Aber auch hier würde ich mich nach den Betroffenen selbst richten und nicht etwa die Piraten-Witze auspacken, wenn jemand nur ein Bein hat oder was auch immer.

Generell finde ich also, dass man bei medizinischen Sachverhalten vorsichtig mit Humor umgehen sollte, aber gänzlich ausklammern muss man ihn auch nicht. Manchmal muss man bekanntlich lachen, damit man nicht losheult.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ohne eine Portion durchaus auch schwarzen Humors ist so ein Job doch gar nicht auszuhalten. Irgendeinen Schutzschild braucht man immer im medizinischen Bereich. Das gilt für Humanmediziner, Tiermediziner, Pflegekräfte und Bestatter.

» cooper75 » Beiträge: 13432 » Talkpoints: 519,92 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ich denke, dass ein guter Arzt das abschätzen muss, wann Humor ankommt und wann nicht. Ich bevorzuge Mediziner mit einem guten Humor und einen guten Witz auf den Lippen. Selbst bei schwierigen Situationen nimmt das doch noch mal ganz schön den Druck weg und lockert die Situation. Bisher hatte ich aber auch noch keine schlimme Diagnose. Diese muss man natürlich mit der passenden Ernsthaftigkeit vermitteln.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


In deinem anderen Thema geht es ja nun um einen Vortrag, der durch eine Priese Humor anscheinend unterhaltsamer wurde. Das sagt überhaupt nichts darüber aus, wie dieser Arzt mit seinen Patienten umgeht, es zeigt eher, dass er wahrscheinlich Übung im Halten von Vorträgen hat und weiß, wie man auch ernste Themen unterhaltsam verpacken kann und seine Zuhörer nicht in den Schlaf quatscht.

Meine Erfahrung mit Medizinern ist ja, dass die Mehrheit mit meinem schrägen Humor gut klar kommt und eifrig mit macht, während ein kleiner Teil es eher irritierend findet. Aber das ist wohl eh eher eine Frage des Charakters als des Berufes.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich bin der Meinung, dass grundsätzlich ein guter Arzt auch ein humorvoller Arzt ist. Natürlich muss man das Ganze immer in der richtigen Relation sehen. Ein Patient mit Diagnose "Tumor" möchte beim Erstgespräch eher keinen flotten Spruch über sein Leiden hören.

In der normalen Behandlung finde ich aber eine gute Portion Humor dem Heilungsprozess absolut zuträglich. Unlängst fragte ich meine Ärztin, ob ich denn einen seit Jahren vorhandenen Knubbel noch einmal kontrollieren lassen sollte. Sie antwortete mir fröhlich, dass das nicht nötig wäre, denn falls das was Ernsteres gewesen sei, wäre ich schon längst tot. :) Ich fand es lustig ...

» Lijoh » Beiträge: 61 » Talkpoints: 34,34 »



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