Hochdeutsch lernen wie jede andere Sprache auch?

vom 03.10.2015, 22:23 Uhr

Wer in einem anderem Teil als im Norden von Deutschland aufgewachsen ist, wird sich häufig auch einen Akzent angewöhnt haben. Später im Berufsleben kann es aber nötig sein das man einwandfreies Hochdeutsch sprechen können muss. Aber wie lernt man eine Sprache die man eigentlich schon spricht? Erlernt man sie wie eine normale Sprache, quasi ganz von vorne?

» RavenThunder » Beiträge: 1315 » Talkpoints: 11,03 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Für manch einen, der aus Gegenden kommt, in denen die alltäglich gebrauchte Sprache wenig mit Hochdeutsch zu tun hat, kann ich mir das schon vorstellen. Für einige Menschen ist Hochdeutsch tatsächlich wie eine fremde Sprache.

Wie das bei diesen Menschen entstanden ist, kann ich natürlich nicht beurteilen. Ich selbst stamme aus dem Rheinland, bin in meinem Umfeld nicht Hochdeutsch groß geworden. Allerdings hat mich Hochdeutsch immer begleitet, da es in der Schule von den Lehrern einwandfrei gesprochen und von den Schülern auch so verlangt wurde.

Infolgedessen hört man meinen Akzent nur dann, wenn ich das will oder manchmal, wenn ich fluche. :D Meine ursprüngliche "Sprache" spreche ich eigentlich nur noch mit wenigen Leuten.

Obwohl ich beides spreche, kommt mir Hochdeutsch aber nicht vor, wie eine der anderen Nicht-Muttersprachen, die ich spreche. Aus Erfahrung weiß ich, dass es für manchen Süddeutschen aber so ist. Da nach Aussagen von Bekannten auch die Lehrer an den Schulen kein Hochdeutsch sprechen, vermute ich da die Quelle des Problems.

Ob sich Hochdeutsch dann wie eine andere Sprache lernen lässt, hängt vermutlich von der Arbeitsbereitschaft und der Sprachbegabung desjenigen ab, der das tun will oder muss.

» tok_tumi » Beiträge: 837 » Talkpoints: 1,20 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich konnte es ehrlich gesagt noch nie verstehen, dass manche Dialektsprecher angeblich gar kein Hochdeutsch können. Ich meine, man schaut in der Regel auch Fernsehen und nicht nur Regionalprogramme und im Normalfall lesen Eltern und später die Erzieherinnen im Kindergarten den Kindern auch Geschichten vor, die nicht im Dialekt sondern natürlich Hochdeutsch geschrieben sind. Auch wäre es recht seltsam, wenn man in der Schule keine hochdeutschen Texte lesen würde.

Ich habe in meinen ersten Lebensjahren wahrscheinlich nur schwäbisch gesprochen, da ich von meiner Mutter und meiner Oma nichts anderes zu hören bekommen habe. Meinen Vater habe ich damals selten gesehen. Trotzdem hatte ich nie ein Problem damit, auf Hochdeutsch "umzuschalten", da ich es eben nebenbei auch gelernt habe, ohne es anfangs wirklich zu sprechen.

Ich kann mir einfach gar nicht vorstellen, dass es heutzutage noch möglich ist, aufzuwachsen ohne dabei soweit mit Hochdeutsch in Berührung zu kommen, dass man es ganz automatisch lernt. Vor 100 Jahren in Bayern war das sicherlich was anderes. :lol:

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



RavenThunder hat geschrieben:Erlernt man sie wie eine normale Sprache, quasi ganz von vorne?

Auch wenn man Dialekt spricht, bleibt es ja erst einmal Deutsch. Von daher stellt sich ja die Frage so eigentlich gar nicht. Es ist doch bestimmt ein Riesenunterschied ob ein Plattdeutsch sprechender Norddeutscher sich jetzt bemüht etwas Hochdeutsch zu sprechen als wenn er jetzt Chinesisch lernen müsste. Das wäre ja völlig verschiedene Ausgangsvoraussetzungen, die aber nicht gegeben sind.

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» info-hotline » Beiträge: 192 » Talkpoints: 123,70 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich selbst stamme nun wirklich aus der hinterletzten oberbayerischen Tiefebene, wo noch bis vor wenigen Jahrzehnten quasi in jedem Dorf ein etwas anderer Dialekt gesprochen wurde, weil schlicht und ergreifend kaum jemand jemals aus seinem Heimat-Kaff herausgekommen ist. Aber heutzutage im 21. Jahrhundert können selbst hier im Hinterland die allermeisten Menschen recht überzeugend Hochdeutsch sprechen. Lesen und Schreiben ist natürlich überhaupt kein Problem, da man ja in der Schule immer Hochdeutsch lernt.

Was natürlich auch bei Leuten, die die offizielle Normsprache recht gut sprechen, bleibt, ist ein hörbarer Akzent, der die Herkunft der Person verrät, wie beispielsweise eine bestimmte Art, das "R" zu rollen oder ähnliches. Allerdings sehe ich absolut keinen Grund dafür, auch solche Kleinigkeiten in der Aussprache zu Gunsten eines absolut neutralen Hochdeutsch auszumerzen, damit man sich auch ja anhört wie in der Tagesschau. Gerade in Bayern ist man ja oft recht stolz auf seine Herkunft und lässt das auch in der Sprache zumindest leicht anklingen.

Ich selber finde es sogar ganz sympatisch, wenn sich die Aussprache eines Menschen nicht gar so steril und einstudiert anhört. Selbst bei Schauspielern geht es mir manchmal auf die Nerven, wenn sie es mit ihrem Bühnendeutsch übertreiben, und diese Berufsgruppe verdient ja ihr Geld mit einer normgerechten Aussprache.

Ich kann mir also nicht vorstellen, dass es auch heute noch alteingesessene Deutsche gibt, für die das "Hochdeutsche" einer Fremdsprache gleichkommt. Auch die hartnäckigsten Dialektsprecher können schließlich in der Regel Zeitung lesen und die Tagesschau verfolgen. Und ein gewisser regionaler Akzent in der Aussprache stört ja schließlich niemanden.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Nur weil man entsprechende Texte liest, lernt man nicht automatisch hochdeutsch zu sprechen. Der Vortrag des Zauberlehrlings durch meine ostpreußische Urgroßmutter ist in unserer Familie bis heute legendär. Und ich kann auch jeden normal geschriebenen Text in "Pott" vorlesen. Dann entsprechen Wortwahl und Grammatik zwar den Regeln, die Aussprache ist allerdings alles andere als hochdeutsch.

Auch ist die Vorstellung, dass jemand, der nur Platt spricht, einfach so hochdeutsch sprechen könnte, ist ziemlich gewagt. Die Vokabeln und die Grammatik passen doch überhaupt nicht. Dieser Dialekt ist doch eher niederländisch und englisch geprägt. Ein Niederländer wird den Menschen sehr gut verstehen, ein Bayer wird echte Probleme haben, überhaupt etwas zu entschlüsseln.

Wie groß die Unterschiede sind, zeigt doch schon der Apfelsinenäquator. Im Norden spricht man von der Apfelsine, also dem Apfel aus China. Das Wort wurde aus den Niederlanden übernommen. Im Süden sind es Orangen. Ein Wort, das aus dem arabischen Raum über Spanien nach Deutschland kam.

Man muss immer bedenken, dass Deutschland erst seit relativ kurzer Zeit eine gemeinsame Sprache hat. Man hat ewig auf Fremdsprachen zurückgegriffen, wenn man sich überregional verständigen wollte, weil man die einzelnen Dialekte nicht verstanden hat, wenn man sich ein wenig aus der Heimat entfernte.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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