Hitzefrei für Arbeitnehmer realistisch?

Angesichts der derzeit anhaltenden Hitze fordern die Grünen ein schnelles Handeln der Bundeskanzlerin ein, welches für Arbeitnehmer/innen bei Hitzetagen einen gesetzlichen Anspruch auf Hitzefrei oder einen Homeoffice-Platz vorsieht. Klingt ja auf eine Art ganz gut, aber sind solche Forderungen überhaupt realistisch und durchsetzbar? Was haltet ihr denn von einem Hitzefrei für Arbeitnehmer und was würde denn eurer Meinung nach dafür und was dagegen sprechen?

Na ja, dagegen würde sprechen, dass man viele Arbeitsplätze nicht ohne weiteres stilllegen kann, ohne erhebliche (finanzielle oder sonstige) Schäden in Kauf zu nehmen. Dafür würde sprechen, dass bei großer Hitze im Büro kaum noch echte Produktivität herrscht, und die Leute in erster Linie versuchen, den Tag irgendwie herum zu bekommen. Bei uns herrschen derzeit 31 Grad im Büro, und alle drücken sich nur noch um die aufgestellten Ventilatoren herum, ohne noch allzu viel echte Arbeit zu verrichten.

Für mich ist das total realistisch, aber nicht weil ich einen Arbeitgeber habe, der mir zusätzliche Freizeit schenkt, sondern weil ich mir die Arbeitszeit relativ frei einteilen kann. An den extrem heißen Tagen - und davon haben wir im Südwesten ja inzwischen regelmäßig welche - fange ich früher an zu arbeiten, mache dann erst mal eine lange Pause und arbeite Abends wieder wenn es etwas kühler ist.

Das funktioniert sicher nicht für jeden, aber mir macht es nichts aus wenn ich Abends noch mal zwei Stunden an dem Schreibtisch sitzen muss. Dafür war ich heute Mittag schon schwimmen und habe gemütlich mit zwei Kollegen zu Mittag gegessen und jetzt mache ich es mir gleich mit meinem Buch im Pool gemütlich.

Man muss sich so etwas gut überlegen. Echtes Hitzefrei wie in der Schule ist absolut unrealistisch. Es wird doch kaum einen Arbeitgeber geben, der einen einfach 2 Stunden früher nach Hause schickt und trotzdem den vollen Lohn bezahlt. Und genauso werden wohl die meisten Arbeitnehmer nicht auf ihren Lohn verzichten wollen, wenn sie weniger arbeiten.

Allenfalls dürften daher Lösungen wie bei Cloudy realistisch sein. Die Arbeitszeit in die erträglichen Stunden verlagern. Aber das würde natürlich den Arbeitstag in die Länge ziehen und ist eher etwas für Menschen ohne Kinder. Wenn ich mir überlege, dass ich genauso früh wie immer anfange, dann um 12:00 nach Hause gehe und um 18:00 noch einmal für drei oder vier Stunden zur Arbeit fahre, hat meine Familie gar nichts gewonnen.

Auch gibt es ja Arbeiten, die kann man nicht einfach so verlagern. Es gibt ja genug Dienstleistungen, die müssen tagsüber erbracht werden oder verlangen durchgängige Arbeit. Von daher macht das eigentlich wohl nur für viele Büroarbeiter wirklich Sinn. Aber da wäre mir persönlich eine Klimaanlage lieber und dafür kann ich trotzdem am Nachmittag Feierabend machen. Aber ohne Kinder und wenn man den Tag nur für sich hat, hat natürlich auch so eine verlängerte Mittagspause im Freibad etwas für sich.

Die Frage ist aber natürlich, was man eigentlich mit den Leuten machen will, die so richtig unter der Hitze leiden. Die ganzen Straßenarbeiter zum Beispiel. Denen kann man ja so richtig die Arbeit nicht erleichtern und im Winter können die ja auch nicht so richtig gut arbeiten.

Also für die Leute, die das können und wollen, mag das eine gute Lösung sein. Aber ich glaube unter dem Strich profitieren davon jetzt nicht so viele, wie man glauben mag.

Wirklich realistisch und durchsetzbar finde ich es nicht. Sicher kann man einen Bürojob vielleicht so legen, dass man vor allem in den Stunden des Tages arbeitet, in denen es noch angenehmer ist. Aber selbst das geht nicht immer, weil ja auch mal Kundengespräche geführt werden müssen und diese ja auch nicht immer dann können, wenn man selber Zeit hat.

Und vom Arbeitgeber zu verlangen, dass die Arbeitnehmer kürzer arbeiten, aber den vollen Lohn erhalten, das stelle ich mir auch nicht leicht vor. Bei mir in der Gegend gibt es einen Bäcker, der das macht und die Bäckereien schon um 16:00 Uhr an den heißen Tagen schließt. Das ist ja super, aber eben auch nicht immer machbar.