Hilfsbereitschaft ohne Langeweile gar nicht möglich?

vom 15.05.2017, 05:36 Uhr

Ich habe neulich eine sehr provokante These gehört, die durchaus diskussionswürdig ist in meinen Augen. So ist ein Bekannter von mir der Ansicht, dass es gar keine echten hilfsbereiten Menschen geben würde. Denn Menschen, die sich hilfsbereit zeigen würden, wären nicht hilfsbereit aus Nächstenliebe, sondern eher, weil ihnen einfach langweilig ist. Er meint also, dass es Hilfsbereitschaft ohne Langeweile überhaupt nicht geben würde.

Ich bin nicht seiner Meinung ehrlich gesagt. Ich ertappe mich auch immer wieder dabei, wie ich gerne eine helfende Hand leihe, obwohl ich eigentlich zu tun habe. Gut, wenn ich absolut gar keinen zeitlichen Puffer habe, dann helfe ich auch nicht mehr, sondern bin egoistisch. Also wenn ich jetzt was weiß ich, in der Prüfungsphase wäre und viel zu lernen hätte oder der Abgabetermin einer Aufgabe sich nähern würde und ich Zeitdruck hätte. Da wäre ich auch nicht hilfsbereit, aber ansonsten helfe ich nie, weil mir langweilig ist. Das hat eher andere Gründe. Kann ein Mensch auch komplett ohne Langeweile hilfsbereit sein oder passt das gar nicht zusammen? Wie ist das bei euch?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich halte diese Aussage auch nicht für richtig. Vielleicht mag es bei manchen Menschen so sein, dass sie nur dann hilfsbereit sind, weil sie selber gerade nichts anderes zu tun haben und sie darum die Zeit haben, anderen Menschen zu helfen. Aber bei mir ist das nicht so und ich würde mich schon als hilfsbereiten Menschen bezeichnen.

Wenn ich natürlich gerade im dicksten Stress stecke, dann muss ich sagen, dass ich dann auch schaue, dass ich mein Chaos beseitigt bekomme und dass ich dann nicht noch anderen Menschen meine Hilfe anbiete. Aber auch wenn ich zu tun habe, biete ich anderen Menschen durchaus meine Hilfe an und versuche dann auch mein Möglichstes, meine Arbeit und eben die Hilfe für andere Menschen unter einen Hut zu bekommen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Ich würde eher sagen, dass Hilfsbereitschaft durchaus davon abhängt, ob man persönlich gerade Ressourcen übrig hat, sei es Zeit, Geld oder Energie. Mit Langeweile hat dies in meinen Augen nicht viel zu tun. Es gibt eben Leute, die der Meinung sind, dass Hilfsbereitschaft entweder erst dann "zählt", wenn man persönliche Opfer und Unannehmlichkeiten auf sich nimmt, und auch Zeitgenossen, die finden, dass die meisten Leute sowieso nur deswegen hilfsbereit sind, weil es ihr Ego streichelt und sie sich dann als gute Menschen fühlen können.

Ich selber bin hier nicht so streng, sondern halte es sogar für ganz natürlich, dass wir Menschen dann etwas lieber tun, wenn wir etwas zurückbekommen, und sei es nur ein Gefühl der Befriedigung. Nächstenliebe wird als Motivation sowieso überbewertet. Und für mich zählt Hilfsbereitschaft auch dann, wenn man sich selber dafür nicht aufopfert, sondern eher von seinem Überschuss an Zeit oder Geld etwas abgibt. Aber wenn die Ressourcen nicht übrig sind, mache ich niemandem einen Vorwurf, wenn die Umwelt auch mal selber klar kommen muss.

Für mich bedeutet Hilfsbereitschaft zudem auch, dass nicht immer nur große Gesten und ein Riesenaufwand im Spiel sind. Man ist auch hilfsbereit, wenn man jemandem die Tür aufhält, und nicht erst dann, wenn man mit dem THW einen Auslandseinsatz macht. Wenn ich es also nicht gerade tierisch eilig habe und total im Stress bin, bin ich natürlich auch eher bereit, jemandem die Tasche die Treppe hoch zu tragen, als wenn ich riskiere, den Zug zu verpassen. Mit der fetten Moralkeule würde ich hier dennoch nicht gleich ausholen. Schließlich hat meine Umwelt auch kein Recht auf meine Hilfsbereitschaft, sondern muss auch mal ohne mich auskommen.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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