Hausbesuche nicht als Sprechstundenzeit zählen?

vom 29.05.2018, 07:24 Uhr

Ich hatte bisher immer angenommen, dass die Hausbesuche zur Sprechstundenzeit dazu gerechnet würden, auch wenn der Arzt eben bei den Patienten ist und nicht in seiner Praxis. Nun habe ich aber gelesen, dass dies eben nicht der Fall ist und das der Deutsche Hausärzteverband sich daher eingeschaltet hat.

Wie ist das bei euch? Seht ihr die Hausbesuche als Bestandteil der Sprechstundenzeit an? Oder meint ihr, dass es nur als Sprechstundenzeit zählen sollte, wenn der Arzt in seiner Praxis Patienten betreut? Wie seht ihr das ganze und wo zieht ihr die Grenze?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Wie kommst du darauf, dass Hausbesuche Sprechzeit sein sollten? Dann müssten auch ambulante Operationen, zeitaufwendige Untersuchungen und Behandlungen oder Visiten bei Belegpatienten Sprechzeit sein, der der Arzt ist schließlich für seinen Patienten da.

Sprechzeiten sind ganz klar festgelegte Zeiten, in denen Patienten ihren Arzt aufsuchen und mit Untersuchung und Behandlung rechnen können. Das sollte eigentlich das Sprachverständnis selbst erklären. Ein Hausbesuch kann keine Sprechzeit sein, denn dann ist der Arzt für seine Patienten nicht zu sprechen. Das ist doch gar nicht diskussionswürdig.

Das Problem liegt doch ganz woanders. Niedergelassene Ärzte dürfen jederzeit Privatpatienten behandeln. Kassenpatienten dürfen die zu Lasten der Krankenkassen nur behandeln, wenn sie eine Kassenzulassung haben. Und damit dann nicht Kassenpatienten leer ausgehen, weil Privatpatienten mehr Geld bringen, sind Kassenärzte verpflichtet, mindestens 20 Stunden pro Woche durch Sprechstunden den Kassenpatienten zur Verfügung zu stehen. Für Privatpatienten muss ein Arzt gar keine Sprechstunden anbieten. Da darf er auch nur nach Vereinbarung tätig werden, wenn er das möchte.

Das Problem ist eben, dass Praxen nicht vergleichbar sind. Ein Hausarzt in einem ärmeren Stadtviertel hat meist fast keine Privatpatienten. Da seine Patienten in der Regel in der Nähe wohnen, bietet er meist bereits jetzt mehr als 20 Stunden Sprechzeit und macht fast nie Hausbesuche.

Ein Hausarzt auf dem Land hat meist eine ähnliche Patientenstruktur. Aber die Patienten wohnen nicht nebenan. Trotzdem ist er verpflichtet, 20 Stunden pro Woche als Sprechzeit abzuhalten. Da ist es dann aber eher leer. Dafür kommen unzählige Hausbesuche dazu, weil die Patienten den weiten Weg nicht schaffen.

Das bringt gleich mehrere Probleme. Erstens nimmt die Arbeitszeit unnötig zu. Zweitens gelten Hausbesuche zwar beim Hausarzt zur Grundversorgung, aber wenn er mehr davon macht, als angemessen und in anderen Praxen üblich, dann bekommt er nicht nur kein Geld, er wird auch in Regress genommen. Das gilt auch für viele andere Leistungen.

Hausbesuche sind jetzt schon schlecht bezahlt und werden oft gar nicht vergütet. Wenn nun die Sprechzeiten verlängert werden, sind die Auswirkungen teilweise dramatisch. Während Hausärzte in Ballungszentren oft nichts ändern müssen, arbeitet mancher Landarzt dann fünf Stunden mehr, ohne einen Cent dafür zu sehen. Dazu kommen die Mehrkosten und die Tatsache, dass Hausärzte im Schnitt sowieso schon über 50 Stunden pro Woche arbeiten. Sinnvollerweise sollte man festlegen, wie viele Arbeitsstunden auf Kassenpatienten entfallen müssen und dem Arzt überlassen, was davon Sprechzeiten und Besuchszeiten sind.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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